"Halving" der Kryptowährung

Was die Verknappung des Bitcoin bedeutet

19.04.2024
Lesedauer: 7 Minuten
Bildquelle: tagesschau.de

Am Wochenende könnte es zum nächsten sogenannten Halving beim Bitcoin kommen – einer künstlichen Verknappung. Ob es die Kurse der Kryptowährung tatsächlich beeinflusst, darüber wird gestritten. Worum geht es konkret?

Anlegerinnen und Anleger, die auf den Bitcoin setzen, fiebern derzeit einem weiteren sogenannten Halving entgegen. Für Kryptofans verknappt es die begehrte Ware und steigert damit ihren Wert. Kritiker bezeichnen es dagegen als simple technische Änderung, die von Spekulanten aufgebauscht wird, um den Kurs nach oben zu treiben.

Was ist das Halving überhaupt?

Bei der Programmierung der Kryptowährung haben der oder die Erfinder mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto die Zahl der digitalen Münzen auf maximal 21 Millionen begrenzt. Die Bitcoins sollen nicht auf einen Schlag ausgeschüttet werden – auch um eine Inflation zu verhindern. Aktuell sind etwa 19 Millionen davon im Umlauf. Die maximale Menge wird voraussichtlich im Jahr 2140 erreicht.

Die Bitcoin-Bestände werden nach und nach durch das Lösen von komplexen Rechenaufgaben verfügbar gemacht. Die Belohnung für die Herstellung – auch „Schürfen“ oder „Mining“ genannt – halbiert sich in bestimmten Abständen automatisch. Das ist das Halving.

Wie wird Bitcoin hergestellt?

Bitcoin wird meist in riesigen „Mining-Farmen“ in Ländern mit niedrigen Strompreisen hergestellt. Dort rechnen zahlreiche Computer rund um die Uhr, um die nächste Rechenaufgabe zu lösen. Das „Schürfen“ ist ein kostspieliges und energieintensives Unterfangen, das Ressourcen und Umwelt belastet. Aufgrund hoher Strompreise haben private „Miner“ mittlerweile kaum noch eine Chance gegen professionelle Farmbetreiber. Denn je mehr von ihnen sich auf die Suche nach neuen Blöcken machen, desto höher ist der Schwierigkeitsgrad der Rechenaufgabe, die sogenannte Hash-Rate.

Die Informationen einer Transaktion werden verschlüsselt in einer Datenbank im Bitcoin-Netzwerk aneinandergehängt. Weltweit bestätigen die „Miner“ die Korrektheit und speichern sie in einem Block der Kette. Für die Bereitstellung ihrer Rechenkapazität und die wechselseitigen Kontrollen erhalten die „Miner“, deren Hardware zuvor den neuesten Block gefunden hat, eine bestimmte Zahl an neu geschaffenen Bitcoins.

Die sogenannte Blocksubvention („Block Subsidy“) soll die Miner dazu bringen, das Netzwerk zu sichern. Gleichzeitig werden damit neue Bitcoins herausgegeben. Beim Halving erhalten „Schürfer“ nun also für dieselbe Arbeit nur noch die Hälfte an digitalen Münzen. Dies macht das „Schürfen“ finanziell unattraktiver und reduziert die Bitcoin-Produktion.

Wann kommt es zum Halving?

Zirka alle vier Jahre halbiert sich die Belohnung für das „Schürfen“. Zu Beginn des Bitcoin-Zeitalters 2009 betrug sie noch 50 Bitcoin pro neuem Block. Daraus wurden mit dem ersten Halving 2012 dann 25 Digitalmünzen. Zuletzt fand es schließlich im Mai 2020 statt – zum dritten Mal in der Geschichte. Bis dahin betrug die Belohnung noch 12,5 Bitcoin, seitdem sind es 6,25.

Generell gibt es für das Halving kein festes Datum, sondern eine bestimmte Anzahl geschürfter Bitcoin. Jedes Mal, wenn 210.000 neue Blöcke gefunden wurden, halbiert sich die Entlohnung. Experten tippen nun darauf, dass es an diesem Wochenende wieder so weit sein wird. Denn nach dem technischen Protokoll des Bitcoin wird morgen früh das vierte Halving umgesetzt.

Was hat das Ganze mit dem Bitcoin-Kurs zu tun?

Einige Marktteilnehmer sehen im Halving eine Verknappung des Angebots, das bei einer unveränderten Nachfrage den Wert in die Höhe treibt. „Durch die Kürzung der Belohnung für ‚Miner‘ auf 3,125 Bitcoin wird die Menge der Token, die in das System eingeführt werden, erneut halbiert“, erläutert Eric Demuth, Mitgründer und CEO der Krypto-Handelsplattform Bitpanda. „Nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage könnte dies zu einem Anstieg des Bitcoin-Preises führen, wenn die Nachfrage weiterhin die nun kleiner werdende Angebotsausweitung übersteigt.“

Andere Fachleute argumentieren dagegen, dass die Halvings absehbar und daher in den Kursen bereits enthalten sind. Außerdem könnte das Schürfen weniger rentabel werden, was auch den Preis beeinflussen könnte. „Anleger sollten es tunlichst vermeiden das Halving als Garantieschein für weiter steigende Kurse zu erachten“, meint Timo Emden von Emden Research.

Das Gesamt-Angebot an Bitcoin hängt vor allem an den Beständen der „Schürfer“. Allerdings gibt es kaum Daten darüber. Die Folgen des Halvings für die „Miner“ sind also unklar. „In der Tat könnte das Halving dazu führen, dass weniger effiziente oder kostspielige ‚Miner‘ aus dem Markt ausscheiden, vornehmlich solche, die auf veraltete oder weniger effiziente Prozesse und Hardware setzen – oder schlichtweg zu hohe Energiekosten haben“, sagt Demuth.

Seiner Einschätzung nach könnte aber auf der anderen Seite auch ein starker Preisanstieg folgen, was wiederum dazu führe, dass das „Mining“ für die meisten Marktteilnehmer rentabel bleibe. „Das ist jedoch alles sehr spekulativ. Was sicher ist: Die professionellen ‚Miner‘ konnten und haben sich seit langer Zeit auf das Halving vorbereitet und werden auch danach noch profitabel arbeiten können.“ Die „Mining“-Landschaft werde sich verändern, glaubt Demuth. „Allerdings denke ich nicht, dass das große Auswirkungen auf das Netzwerk haben wird.“

Wie war die Kursentwicklung bei früheren Halvings?

Kryptounternehmer Peter Grosskopf vom Berliner Fintech Unstoppable Finance verweist darauf, dass es in der Vergangenheit immer einen Anstieg vor und nach dem Halving gegeben habe. „Den Anstieg vor dem Halving konnten wir in den jüngsten Monaten bereits beobachten. Märkte sind Psychologie. Daher kann es sein, dass sich die Geschichte hier noch mal wiederholt. Aber ich bin kein Wahrsager und halte mich normalerweise mit Prognosen und Spekulation zurück.“

Tatsächlich gibt es eigentlich auch keine Beweise, dass es wirklich die Halvings waren, die den Bitcoin-Kurs in die Höhe getrieben haben. Beim bislang letzten Halving 2020 stieg der Preis in der Woche danach zwar um zwölf Prozent, und einige Monate darauf begann eine größere Rally. Als Gründe hierfür wurden jedoch überwiegend andere Gründe genannt – von der lockeren Geldpolitik der Notenbanken bis hin zu Kleinanlegern, die wegen der Pandemie-bedingten Einschränkungen ihr Geld in Bitcoins statt in Freizeitaktivitäten steckten.

Beim Halving von 2016 kam die Cyber-Devise in der Woche danach auf ein Plus von gerade einmal 1,3 Prozent. Einige Zeit später setzte ein Kursrutsch ein.

Wie geht es denn nun weiter?

Weil der Kryptomarkt kaum reguliert ist, lässt sich im Vergleich zu anderen Anlageklassen nur schwer nachvollziehen, wer kauft und warum. Allein seit Jahresbeginn hat der Bitcoin zeitweise rund 50 Prozent zugelegt und damit die Erinnerungen an den dramatischen Kursverfall nach November 2021 verblassen lassen – auch wenn der Angriff des Iran auf Israel sowie Gewinnmitnahmen das überhitzte Bitcoin-Geschäft in den vergangenen Tagen wieder stark abkühlten.

Als häufigster Grund für die Rally der vergangenen Wochen, die den Kurs auf über 60.000 Dollar steigen ließ, nennen Börsianer die US-Zulassung von Bitcoin-ETF sowie die Aussicht auf fallende Zinsen. In der hochspekulativen Welt des Kryptohandels können solche Erklärungen aber schnell ein Eigenleben führen und sich zu selbst erfüllenden Prophezeiungen entwickeln.

Bei vielen traditionellen Anlegerinnen und Anlegern herrscht daher trotz der aktuellen Rekordkurse keine Euphorie. Sie erwarten nicht, dass sich der Bitcoin-Kurs in Richtung 100.000 Dollar oder höher entwickeln könnte. Nach einer Umfrage der Deutschen Bank sind zumindest die Verbraucher in den USA über die Wertentwicklung des Bitcoins geteilter Meinung: Danach erwartet etwa ein Drittel, dass die Kryptowährung bis zum Ende des Jahres unter 20.000 Dollar fallen wird.

Nur jeder Zehnte der über 3.600 Befragten sieht den Bitcoin bis zum Jahresende über 75.000 Dollar. 40 Prozent denken, dass der Bitcoin in den kommenden Jahren florieren wird, während 38 Prozent sein Verschwinden erwarten. Wegen der großen Unsicherheiten sehen die deutschen Verbraucherzentralen im Bitcoin ohnehin keine geeignete Geldanlage für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie verweisen auf die Risiken: „Hier sind insbesondere die massiven Kursschwankungen bis hin zum Totalverlust und die fehlenden Sicherungssysteme zu nennen.“

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 19. April 2024 um 14:00 Uhr.

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