Nikkei-Absturz, Bitcoin-Crash

„Wall Street Journal“ spricht vom „globalen Ausverkauf“

05.08.2024
Lesedauer: 4 Minuten
An den Börsen weltweit liegen die Nerven der Anleger zum Wochenauftakt blank. Der Kursrutsch vom Freitag setzte sich am Montag nahtlos fort. Marktanalyst Jochen Stanzl spricht von einer Rezessionsangst an der Börse, doch die Datenlage sehe anders aus. Quelle: WELT TV / Dietmar Deffner

Angst vor einer Rezession in den USA, Korrektur bei Tech-Aktien, heftige Verluste beim Bitcoin: An den Börsen ist die jüngste Rekordlaune jäh beendet. Und die Verluste dürften vorerst weitergehen.

An den Börsen weltweit liegen die Nerven der Anleger zum Wochenauftakt blank. Der Kursrutsch vom Freitag setzte sich am Montag nahtlos fort. Das renommierte „Wall Street Journal“ sprach von einem „globalen Ausverkauf“. Zu Handelsstart gab der Dow Jones um mehr als 1000 Punkte nach.

Besonders heftig traf es am Montagmorgen die japanische Börse. Der Nikkei-Index gab um 4451 Punkte nach und schloss bei 31.458 Punkten. Ein Minus von 12,8 Prozent und der stärkste Tagesverlust seit dem „schwarzen Montag“ im Oktober 1987, als das Minus bei 14,9 Prozent lag. Bereits am Freitag hatte der Nikkei 5,8 Prozent verloren.

Weil der Tokioter Leitindex vom im Juli erreichten Rekordhoch nun mehr als 20 Prozent eingebüßt hat, sprechen Börsianer von einem Bärenmarkt. Das heißt, am Aktienmarkt herrscht Pessimismus, er ist geprägt von sinkenden Kursen. Der zuletzt deutliche Anstieg der Landeswährung Yen belastet die Aktienkurse der exportabhängigen japanischen Unternehmen stark. Anders als in Europa und den USA sind in Japan Zinssenkungen kein Thema. Eher könnte die japanische Notenbank die Zinsen erhöhen.

Auch der Dax verliert

Im Vergleich zu dem Schock an den japanischen Börsen sind die europäischen Märkte bislang mit einem blauen Auge davongekommen. Der deutsche Leitindex Dax verlor zwischenzeitlich um die drei Prozent, tendierte in Richtung der 17.000-Punkte-Marke. Ähnlich hoch waren die Einbußen für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50.

In den USA deuten die Futures auf den Technologiewerte-Index Nasdaq 100 am Montag abermals hohe Abschläge von um die vier Prozent an. Wie sehr in New York die Verunsicherung um sich greift, lässt sich am Angstbarometer VIX erkennen. Dieses misst die Schwankungsintensität an den Aktienbörsen und erreichte am Montag ein Hoch seit Mitte 2020.

Furcht vor einer Rezession in den USA

Ein unerwartet schwacher US-Arbeitsmarktbericht hatte vor dem Wochenende die Furcht vor einer Rezession in den USA und in der Folge einem deutlicheren Abkühlen der Weltwirtschaft befeuert sowie die Börsen auf Talfahrt geschickt.

Marktteilnehmer halten es für möglich, dass die US-Notenbank Fed den Zeitpunkt für rechtzeitige Zinssenkungen verpasst hat und die Zinsen zu spät senken könnte. Schlechte Konjunkturnachrichten – vor einiger Zeit noch positiv gewertet, weil sie Hoffnungen auf Zinssenkungen machten – werden nun auch als schlechte Nachrichten wahrgenommen, weil sie Rezessionssorgen schüren. Geopolitisch bleibt die Lage mit einem möglichen Angriff des Iran auf Israel sehr angespannt.

Zu den schwachen Daten vom US-Jobmarkt kamen jüngst größtenteils enttäuschende Quartalszahlen aus dem heiß gelaufenen US-Technologiesektor hinzu. Der Hype um das Trendthema Künstliche Intelligenz (KI) könnte zu weit gegangen sein, heißt es aus dem Handel. An den asiatischen Börsen litten am Montag die Technologiewerte unter einem Bericht, dem zufolge der Chip-Produzent Nvidia den Start neuer KI-Chips wegen sogenannter Designmängel verschiebt. Nvidia war zuletzt als großer Profiteur des Boom-Themas Künstliche Intelligenz das Zugpferd der allgemeinen Börsen-Rally.

„Die Anleger werden gerade mit zwei unangenehmen Tatsachen konfrontiert“, schrieb Analyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. „Zum einen kommt das Wachstum im Bereich Künstliche Intelligenz mit enormen Kosten daher, was die Margen schmälert und hohe Aktienbewertungen plötzlich als übertrieben erscheinen lässt. Und zum anderen entfalten die restriktive Geldpolitik von Europäischer Zentralbank und Federal Reserve nun ihre Wirkung.“

Die internationalen Aktienmärkte müssten nun die Gefahr einer Rezession einpreisen, erläuterte Marktexperte Daniel Saurenz vom Investmentportal Feingold Research den Ausverkauf. „Dax, Nasdaq und Nikkei notierten vor wenigen Wochen noch auf Rekordlevels und die Japaner machen vor, wie schnell eine Party enden kann.“

Bitcoin auf tiefstem Stand seit Februar

Dass die Anleger zu Wochenbeginn dies- und jenseits des Atlantiks riskante Anlagen meiden, zeigt sich auch beim Blick auf die als hochspekulativ angesehenen Kryptowährungen. So verlor der Bitcoin weiter kräftig an Boden. Der Kurs der ältesten und bekanntesten Kryptowährung sackte auf der Handelsplattform Bitstamp auf unter 50.000 US-Dollar ab und erreichte den tiefsten Stand seit Februar. Neben dem Bitcoin standen auch andere Kryptowährungen stark unter Verkaufsdruck.

Von der großen Verunsicherung an den Finanzmärkten profitierten derweil als sicher geltenden Währungen wie eben der japanische Yen und der Schweizer Franken. So fiel der Dollar bis auf 0,8448 Schweizer Franken. Dies ist der tiefste Stand seit Januar. Auch die als sicher geltenden Staatsanleihen etwa aus Deutschland waren weiter gefragt. Die Futures für 10-jährige deutsche und US-Anleihen zogen an, die Renditen sanken.

Die Krisenwährung Gold verharrte am Montag bei rund 2422 US-Dollar je Feinunze (rund 31,1 Gramm). Mitte Juli hatte der Goldpreis bei 2483 Dollar ein Rekordhoch erreicht.

AP/Reuters/dpa/luz

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