Es ist das zweite deutliche Minus in Folge: Die Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ aus der EU und USA ist mehr als doppelt so stark gefallen als prognostiziert. Anders sieht es beim Handel mit China aus.
Die deutschen Exporte sind im Juni mehr als doppelt so stark gefallen wie erwartet. Die Ausfuhren schrumpften um 3,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 127,7 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das ist der stärkste Einbruch seit Ende 2023. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 1,5 Prozent gerechnet.
Es ist bereits das zweite deutliche Minus in Folge: Im Mai war es bereits um 3,1 Prozent nach unten gegangen. Die Importe stiegen diesmal um 0,3 Prozent auf 107,3 Milliarden Euro. Hier war ein Plus von 2,8 Prozent erwartet worden.
Auch im gesamten ersten Halbjahr fällt die Exportbilanz negativ aus: Die Ausfuhren schrumpften um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 798,8 Milliarden Euro. „Die Exporte folgen den schwachen Auftragseingängen der jüngeren Vergangenheit“, sagte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). „Das dürfte sich in den kommenden Monaten im Trend fortsetzen.“
Die Nachfrage nach Waren „Made in Germany“ sank im Juni gleich bei vielen wichtigen Handelspartnern. Die Lieferungen in die USA brachen um 7,7 Prozent zum Vormonat auf 12,9 Milliarden Euro ein, die in die EU sanken um 3,4 Prozent auf 69,7 Milliarden Euro. Das China-Geschäft wuchs dagegen um 3,4 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro.
Ein kräftiger Aufschwung ist bislang nicht in Sicht: Die deutsche Industrie hat zwar im Juni wieder mehr Auslandsaufträge erhalten. Allerdings fiel der Zuwachs mit 0,4 Prozent bescheiden aus. Zudem hat sich die Stimmung in der deutschen Exportindustrie zu Beginn der zweiten Jahreshälfte eingetrübt.
Das vom Münchner Ifo-Institut ermittelte Barometer für die Exportwartungen sank im Juli auf minus 1,7 Punkte, von minus 1,3 Punkten im Juni. „Der Exportwirtschaft fehlt es gegenwärtig an Dynamik“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe dazu. Es gebe wenige Anzeichen für eine substanzielle Besserung.
Anders sieht es in der Produktion aus. Das produzierende Gewerbe ist im Juni leicht gestiegen. Sie legte preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,4 Prozent im Vormonatsvergleich zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich lag die Industrieproduktion von April bis Juni aber um 1,3 Prozent niedriger als im ersten Quartal dieses Jahres. Im Mai war sie überraschend stark gesunken – das Statistikamt revidierte den Wert nun auf minus 3,1 Prozent nach unten.
Produktion in der Nahrungsmittelindustrie gesunken
Die gute Entwicklung der Produktion im produzierenden Gewerbe im Juni ist vor allem auf einen Anstieg um 7,5 Prozent in der Autoindustrie zurückzuführen, wie das Statistikamt ausführte. Hier war die Produktion im Mai noch um 9,9 Prozent zurückgegangen. Auch im Bereich Herstellung von elektrischen Ausrüstungen legte die Produktion überdurchschnittlich um 5,2 Prozent zu. In der Nahrungsmittelindustrie dagegen sank die Produktion, und zwar um 5,3 Prozent.
In den energieintensiven Industriezweigen wuchs die Produktion im Juni um 1,4 Prozent, und auch im Dreimonatsvergleich legte sie zu: Sie lag im zweiten Quartal um 1,3 Prozent höher als im ersten Quartal.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte: „Auch wenn die Produktionsdaten zuletzt wieder besser ausgefallen sind, deuten die eingetrübten Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe auf eine weiterhin verhaltene Industriekonjunktur hin.“ Eine breite konjunkturelle Belebung sei damit, auch angesichts der nach wie vor geringen Auftragseingänge aus dem Ausland, vorerst nicht zu erwarten.
Die Aufträge für Deutschlands Industrieunternehmen waren laut am Dienstag vorgelegten Zahlen im Juni erstmals seit sechs Monaten gestiegen. Die Bestellungen aus dem Inland legten dabei deutlich um rund neun Prozent zu, die aus dem Ausland aber nur um 0,4 Prozent.
Reuters/AFP/jm