Die OECD hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland erneut nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die Experten nur noch ein Plus von 0,2 Prozent. Zugleich machen sie Vorschläge, wie die Konjunktur wieder angekurbelt werden könnte.
Die deutsche Wirtschaft findet der OECD zufolge auch in diesem Jahr keinen Anschluss an den Aufschwung in anderen Industriestaaten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet in diesem Jahr nur mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 0,2 Prozent. Erst im kommenden Jahr soll es mit 1,1 Prozent wieder zu einem kräftigeren Plus reichen, wie die Organisation am Donnerstag mitteilte.
Zum Vergleich: In der OECD insgesamt – zu der mittlerweile gut drei Dutzend Länder gehören – soll es im laufenden Jahr ein Wachstum von 1,7 Prozent geben, das 2025 auf 1,8 Prozent steigen soll. Für die Euro-Zone werden mit 0,7 und 1,5 Prozent ebenfalls mehr erwartet als für Deutschland.
„Dies liegt daran, dass die Produktion in der energieintensiven Industrie, welche ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone, noch immer beeinträchtigt ist“, erklärte OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke die schwachen Aussichten.
Als weiteren Grund für das schwache Abschneiden nennt die Organisation die restriktive Fiskalpolitik. „Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Nutzung von Sondervermögen zur Finanzierung von Ausgaben stark eingeschränkt hat, führen zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben 2024“, sagte Grundke.
Zudem bleibe die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte hinsichtlich der Finanzierung von geplanten Subventionen und Infrastrukturprojekten hoch. „Dies dämpft die Investitionstätigkeit der Unternehmen und hält den Konsum der Haushalte trotz gestiegener Reallöhne zurück.“
Der Bundesregierung rät die OECD daher, die Finanzierung der geplanten Projekte im Klima- und Transformationsfond über 2024 hinaus zu klären, um Planungssicherheit zu schaffen. Durch die Streichung umweltschädlicher und anderer verzerrender Steuervergünstigungen – etwa Dienstwagenprivileg, Dieselsubvention sowie Erbschaftsteuerausnahmen – könne der fiskalische Spielraum erhöht werden.
Auch ein verbesserter Steuervollzug und eine schnellere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung könnten helfen. „Dies sollte mit einer Reform der Schuldenbremse verbunden werden, welche den Spielraum für Nettoinvestitionen erhöht“, sagte Grundke. Die in Paris ansässige OECD empfiehlt zudem einen Bürokratieabbau.
„Geringere Steuern und Sozialabgaben für untere und mittlere Einkommen sollten durch eine Streichung von verzerrenden und regressiven Steuervergünstigungen, einen effektiveren Steuervollzug und Ausgabensenkungen in anderen Bereichen finanziert werden“, sagte Grundke. Zudem arbeite die Hälfte aller Frauen Teilzeit in Stellen, für die sie überqualifiziert seien. Die Anreize für das Arbeitsangebot von Frauen im Steuer- und Sozialleistungssystem sollten verbessert werden – etwa durch die Reform des Ehegattensplitting.
Reuters/dpa/kami