Negativzinsen

Noch mehr Banken bestrafen Sparer

02.04.2022
Lesedauer: 3 Minuten
Euro-Noten: Von Negativzinsen sind längst nicht mehr nur vermögende Kunden betroffen Foto: Patrick Pleul / dpa

Strafzahlungen auf private Guthaben treffen laut neuen Zahlen immer mehr Bankkunden. Dabei haben manche Institute ein Ende der Gebühren in Aussicht gestellt.

Nach Daten des Vergleichsportals Verivox verlangen inzwischen 449 von rund 1300 ausgewerteten Kreditinstituten Negativzinsen ab bestimmten Summen auf dem Tagesgeld- oder Girokonto. Ende 2021 waren es 423 und vor einem Jahr nur 281. Zugleich setzt sich den Angaben zufolge der Trend zu immer niedrigeren Freibeträgen fort, die von Negativzinsen ausgenommen sind. Verbraucherschützer kämpfen vor Gericht gegen das sogenannte Verwahrentgelt.

Das Verbraucherportal Biallo.de kommt sogar auf 572 Institute, die Negativzinsen auf private Guthaben verlangen, und stellt ebenfalls den Trend zu sinkenden Freibeträgen fest.

»Schon längst müssen nicht mehr nur besonders vermögende Bankkunden Negativzinsen zahlen, auch Klein- und Durchschnittssparer sind immer häufiger betroffen«, sagte Oliver Maier, Geschäftsführer von Verivox Finanzvergleich. Einige Kreditinstitute kassierten schon ab 5000 oder 10.000 Euro auf dem Tagesgeld-, Giro- oder Verrechnungskonto ein Verwahrentgelt. Mindestens 175 Kreditinstitute beschränkten den Freibetrag für das Gesamtguthaben auf 50.000 Euro oder weniger. Vor einem Jahr seien es erst 90 und zum Jahreswechsel 155 Geldhäuser gewesen.

Zuletzt hatten einige Banken ein Ende der Negativzinsen in Aussicht gestellt, sobald der Strafzins auf Bankeinlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wegfällt. So betonte beispielsweise die Deutsche Bank: »Wenn die EZB den Satz der Einlagenfazilität ändert, werden wir im Privatkundengeschäft das Entgelt kurzfristig entsprechend anpassen.« Sollte der Strafzins wegfallen oder über null Prozent liegen, entfalle das Verwahrentgelt im Privatkundengeschäft.

»Bislang ist das allerdings noch Zukunftsmusik«, sagte Maier. »Angesichts der jüngsten Entwicklungen weist der Trend momentan eher in die entgegengesetzte Richtung.«

Seit Juni 2014 müssen Geschäftsbanken im Euroraum Zinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parken. Aktuell liegt dieser Einlagenzins – im Fachjargon Einlagefazilität genannt – bei minus 0,5 Prozent. Seit einiger Zeit gewährt die Notenbank Freibeträge für bestimmte Summen, um die Institute zu entlasten. Die EZB treibt angesichts der hartnäckig hohen Inflation den Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik voran. Wann die Zinsen angehoben werden, lässt sie aber offen.

Ob Kreditinstitute Negativzinsen erheben dürfen, ist rechtlich umstritten. Die Verwahrentgelte treffen vor allem Neukunden. Will ein Geldhaus einen Negativzins von Bestandskunden verlangen, muss es diesen mit den Betroffenen individuell vereinbaren. Für Unmut sorgt, dass einige Kreditinstitute Kunden inzwischen kündigen, die dem Verwahrentgelt nicht zustimmen.

Erste Erfolge vor Gericht

Verbraucherschützer halten Negativzinsen auf private Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten generell für unzulässig. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat deshalb Klagen gegen verschiedene Kreditinstitute erhoben und sieht sich durch erste Urteile bestätigt. So entschied das Landgericht Düsseldorf, dass Geldhäuser für Einlagen auf Girokonten kein gesondertes Entgelt berechnen dürfen. Das Landgericht Berlin erklärte Verwahrentgelte für Tagesgeld- und Girokonten für unzulässig. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Verivox wertet die im Internet veröffentlichten Preisaushänge von etwa 1300 Banken und Sparkassen in Deutschland aus. Da nicht alle Institute ihre Negativzinsen frei zugänglich auf ihrer Website veröffentlichen, dürften mehr als die ermittelten 449 Institute Verwahrentgelte erheben. Nach jüngsten Daten der Deutschen Bundesbank gab es 2020 in Deutschland 1679 eigenständige Kreditinstitute. dab/dpa-AFX

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