Autobauern drohen Milliardenstrafen – bringen die lange bekannten CO₂-Grenzen für Neuwagen-Flotten in der EU den E-Auto-Absatz zum Fliegen? Und was bedeutet das für Autokäufer?
2025 verschärfen sich die CO₂-Flottenziele der EU deutlich: Der Schwellenwert für den CO₂-Ausstoß der Neuwagen-Flotten der Autohersteller sinkt von derzeit 116 g/km auf nur noch 93,6 g/km. Überschreitet ein Autohersteller seinen (individuell leicht abweichenden) CO₂-Flottenwert, werden Strafzahlungen an die EU fällig. Und zwar 95 Euro pro Gramm Überschreitung multipliziert mit der Stückzahl an Fahrzeugen, die der Hersteller im betreffenden Jahr in der EU verkauft hat. Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß von Neuwagen in Deutschland lag im ersten Halbjahr 2024 bei gut 123 g/km – mit solchen Werten müssten die Hersteller 2025 tatsächlich mit Strafzahlungen in Milliardenhöhe rechnen.
Das Problem ist den Autobauern im Grundsatz schon seit 15 Jahren bekannt. Zitat aus der EU-Richtlinie 2019/631: „Flottengrenzwert bedeutet, der Durchschnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge soll diesen Wert nicht überschreiten. Nicht jedes einzelne neue Auto muss also diesen Flottengrenzwert einhalten. Diesen Regulierungsansatz gibt es in den USA seit 1978. In Europa gilt erstmals seit 2012 (vollumfänglich seit 2015) ein Flottengrenzwert für Pkw, nachdem eine Selbstverpflichtung der Autohersteller zur Minderung der CO₂-Emissionen Mitte der Nullerjahre gescheitert war“.
0 Gramm CO₂-Emissionen für E-Autos – unfair?
Der Weg zur Einhaltung der Limits ist klar: mehr E-Autos verkaufen. Denn die rechnet die EU mit null g CO₂ pro Kilometer ein, was den besten Hebel für die Senkung des Flottenverbrauchs bietet. Schon Verbrenner ab der Mittelklasse kommen kaum unter 140 g/km.
Zum Vergleich: Ein E-Auto braucht typischerweise etwa 20 Kilowattstunden (kWh) auf 100 Kilometer. 2023 emittierte die Erzeugung einer kWh Strom in Deutschland 380 Gramm CO₂, was zu Emissionen von etwa 76 g/km mit dem E-Auto führt – wenn dieses mit dem deutschen Strommix und nicht heimischen Solar- oder sonst wie grünen Strom geladen hat.
Die Emissionen von E-Autos deswegen generell auf null zu setzen, wirkt ungerecht. Es stellt aber auch in Rechnung, dass die Stromerzeugung perspektivisch ohnehin CO₂-neutral werden soll und demzufolge stetig CO₂-ärmer wird (2022 lag der Wert noch bei 429 g/kWh). Und ehrlicherweise liegen E-Autos selbst mit einem Kohlendioxid-Ausstoß, der die Stromerzeugung im Mix einrechnet, schon jetzt unter dem Flottenverbrauchs-Grenzwert für 2025.
Die Flottenverbrauchs-Regelung verlangt weniger E-Autos
Letztlich begünstigt die Null-Setzung nicht das E-Auto, sondern die Hersteller: Je größer der positive Effekt pro E-Auto auf den Flottenverbrauch, desto weniger Stromer müssen die Autobauer verkaufen. Das fällt ihnen ja auch schwer genug: Der E-Auto-Anteil an den Neuzulassungen ist speziell in Deutschland rückläufig. Die Kunden wollen die Stromer nicht, vor allem seit der Staat die Förderung vergangenes Jahr ziemlich abrupt eingestellt hat. Das legt die Ursache für Zurückhaltung nahe: E-Autos sind zu teuer. Vielleicht auch, weil die wenigsten Käufer das Sparpotenzial bei den Energiekosten einrechnen. Andererseits spielt der Kaufpreis auch später eine große Rolle: Der größte Kostenfaktor beim Auto ist dessen Wertverlust. Und der berechnet sich prozentual vom Neupreis.
Strafen zahlen oder E-Autos verschleudern – wohin mit dem Geld?
Autohersteller können sich nun überlegen, womit sie ihre Marge in Europa verringern: mit Strafzahlungen oder indem sie ihre E-Autos verbilligen. Das könnten sie immerhin abfedern, indem sie Verbrenner verteuern, was Preisparität zwischen den Antriebsarten beschleunigen könnte. So gesehen wird die Flottenverbrauchs-Regulatorik der EU wohl tatsächlich das Ziel „mehr E-Autos“ erreichen.
Was heißt das für Autokäufer? E-Autos dürften zumindest im Vergleich zu Verbrennern günstiger werden, und zwar spätestens ab 2025. Sprich: Wessen nächster Neuwagen noch mal ein Verbrenner werden soll (eher weniger ratsam), der sollte bald zuschlagen – VW hat Diesel und Benziner gerade um bis zu 4,2 Prozent verteuert. Wer sich hingegen ein neues E-Auto wünscht, wartet wohl besser bis etwa zum Jahreswechsel.
Fazit
Die Autohersteller haben große Schwierigkeiten mit den CO₂-Limits des EU-Flottenverbrauchs. Wegen der planmäßigen Senkung des Grenzwerts bleiben den Autobauern für 2025 nur mehr zwei Möglichkeiten: Entweder sie führen Milliarden an die EU ab, oder sie subventionieren Elektroautos sowie Plug-in-Hybride in ihrer Modellpalette, um deren Absatz zu fördern. Verwenden könnten sie dafür die Gewinne, die sie in den letzten Jahren vor allem mit dem Verkauf von Verbrennern gemacht haben. Auf staatliche Förderungen sollten sie sich dabei jedenfalls nicht verlassen und Autofahrer sollten sich diese auch nicht wünschen – denn bezahlen würde sie der Steuerzahler.
Für Autokäufer heißt das aller Wahrscheinlichkeit nach: Elektroautos werden billiger. Das ist grundsätzlich nichts Neues. Aber die Flottenverbrauchsregelung dürfte dafür sorgen, dass die Preise schneller schrumpfen.