Nicht nur Strom, Öl und Gas, sondern auch Lebensmittel werden in Deutschland deutlich teurer. Laut ifo-Institut plant die große Mehrheit der Handelsunternehmen Preiserhöhungen. Dies könnte ein weiterer „maßgeblicher“ Inflationstreiber werden.
Die Inflation in Deutschland zieht weiter an: Lebensmittel werden in Deutschland voraussichtlich deutlich teurer. „Nach unseren Umfragen planen in den kommenden Monaten mehr als zwei Drittel der Nahrungsmittelhersteller weitere Preisanhebungen“, sagte der Konjunkturchef des Münchener Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser, der „Welt am Sonntag“. Das seien so viele wie nie zuvor im wiedervereinigten Deutschland. „Somit dürften die Nahrungsmittelpreise in diesem Jahr ein maßgeblicher Inflationstreiber werden.“
Die Wirtschaftsforscher hätten auch deswegen ihre Prognose für die Inflationsrate 2022 in Deutschland auf vier Prozent hochgestuft. Bei den Lebensmittelpreisen rechnet das Institut dem Bericht zufolge sogar mit einem Anstieg von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Hintergrund seien unter anderem stark steigende Kosten für die Erzeuger. Wie die Zeitung unter Berufung auf Berechnungen des Deutschen Bauernverbands (DBV) berichtete, führen allein die Preissprünge bei Düngemitteln und Treibstoffen dazu, dass die Produktionskosten im Ackerbau in einer Größenordnung von 20 bis 30 Prozent steigen. Längst nicht jeder Hof könne oder wolle da noch mitziehen.
Zu spüren bekämen das am Ende die Verbraucher. „Die Teuerung in den Supermärkten fängt jetzt erst an“, sagte der Partner bei der Beratungsgesellschaft EY und Agribusiness-Beauftragte Christian Janze der Zeitung. „Die Erzeugerpreise ziehen stark an, das hat am Ende dann auch Auswirkungen auf die Verbraucherpreise, vor allem nach der nächsten Ernte.“ Es stehe ein „Preisschock“ bevor.
Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen hat vor der für arme Menschen existenzbedrohend hohen Inflation gewarnt. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts müssten Verbraucherinnen und Verbraucher im laufenden Jahr für Lebensmittel sieben Prozent mehr bezahlen – was auch für Normalverdienende einen «Preisschock» bedeute, sagte der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz, Klaus-Dieter Gleitze, am Sonntag. Wer Hartz IV und Grundsicherung erhalte, dem stünden im Monat 155 Euro für Lebensmittel zur Verfügung – 5,10 Euro am Tag. «Das reicht seit langem hinten und vorne nicht.»
Die Lage bei den Tafeln, wo die Schlangen seit Jahren immer länger würden, spreche eine deutliche Sprache, sagte Gleitze. Die Erhöhung der Regelsätze ab Januar 2022 um drei Euro respektive 0,76 Prozent sei «weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein»: «In Geld umgerechnet haben Hartz-IV-Bezieherinnen bei einer Inflation von sieben Prozent für Ernährung pro Tag 30 Cent weniger für Lebensmittel zur Verfügung.» la/dpa