Die deutschen Großhändler verlangten im März durchschnittlich 22,6 Prozent mehr für ihre Produkte. Bald werden das auch die Endkunden zu spüren bekommen.
Die deutschen Großhändler haben ihre Preise im März nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Rekordtempo angehoben. Die Preise stiegen um durchschnittlich 22,6 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Ein größeres Plus hat es seit Beginn der Berechnungen 1962 nicht gegeben.
Im Februar hatte es noch 16,6 Prozent betragen. Auch gestörte Lieferketten, etwa durch Coronaausbrüche in China, machen viele Waren teurer. Allein von Februar auf März zogen deshalb die Großhandelspreise um 6,9 Prozent an – auch das ist ein Rekordanstieg.
Die Entwicklung gilt als Indikator für zukünftige Inflationstendenzen, da der Großhandel das Scharnier zwischen Herstellern und Endkunden darstellt und höhere Kosten am Ende meist bei den Verbrauchern landen.
Der hohe Anstieg geht auf stark gestiegene Preise für viele Rohstoffe und Vorprodukte zurück. »Da die Erhebung zum Stichtag 5. März 2022 erfolgte, dürften in den Ergebnissen auch bereits erste Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine sichtbar sein«, so die Statistiker.
Mineralölerzeugnisse kosteten im Großhandel 70,2 Prozent mehr als im März 2021. Feste Brennstoffe (plus 61,9 Prozent) sowie Erze, Metalle und Metallhalbzeug (plus 55,8 Prozent) verteuerten sich ebenfalls sehr stark.
Erheblich höher waren auch die Preise im Großhandel mit Getreide, Rohtabak, Saatgut und Futtermitteln (plus 43 Prozent), mit Roh- und Schnittholz (plus 42,5 Prozent) sowie mit chemischen Erzeugnissen (plus 40,1 Prozent).
Für Milch, Milcherzeugnisse, Eier, Speiseöle und Nahrungsfette mussten 22,6 Prozent mehr bezahlt werden.
Déjà-vu beim Klopapier?
Der Großhandelsverband BGA befürchtet weiter steigende Preise, weil die Lager sich leeren könnten und der Nachschub nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in manchen Fällen nicht mehr funktioniere.
Neben der starken Abhängigkeit im Energiebereich könnten davon Aluminiumproduzenten und der Lebensmittelhandel betroffen sein.
Auch Zellstoffe könnten knapp werden, also etwa Toilettenpapier und Küchenrollen.
Knappheiten führten zwar nicht automatisch zu leeren Regalen, so der BGA. Oft könnten Produkte aber nur zu höheren Preisen und mit längeren Lieferzeiten anderweitig als aus der Ukraine oder Russland bezogen werden.
Im März 7,3 Prozent Inflation
Wenig überraschend bestätigte das Statistische Bundesamt auch die ersten Einschätzungen zur Inflation im März. Die Verbraucher zahlten für Waren und Dienstleistungen durchschnittlich 7,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.
»Damit erreichte die Inflation im März 2022 einen neuen Höchststand seit der Deutschen Vereinigung«, hieß es dazu. »Im früheren Bundesgebiet hatte es ähnlich hohe Inflationsraten zuletzt im Herbst 1981 gegeben, als infolge des Ersten Golfkriegs zwischen dem Irak und Iran die Mineralölpreise deutlich gestiegen waren.«
Damit ist die Inflation weit vom Wert zwei Prozent entfernt, den die Europäische Zentralbank (EZB) mittelfristig als ideal für die Konjunktur sieht.
Energie verteuerte sich im März um 39,5 Prozent zum Vorjahresmonat. Mit einem Anstieg von 144,0 Prozent haben sich die Preise für leichtes Heizöl mehr als verdoppelt. Auch Kraftstoffe (plus 47,4 Prozent) und Erdgas (plus 41,8 Prozent) verteuerten sich stark.
Für Nahrungsmittel mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher im Schnitt 6,2 Prozent mehr berappen als vor einem Jahr. Mehr bezahlen mussten sie vor allem für Speisefette und Speiseöle (plus 17,2 Prozent), wobei Sonnenblumenöl, Rapsöl und Ähnliches knapp ein Drittel mehr kosteten.
Für frisches Gemüse mussten 14,8 Prozent mehr bezahlt werden. Fahrzeuge verteuerten sich mit 8,2 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich, gebrauchte Pkw sogar um 23,9 Prozent.
Kein Ende der Preiserhöhungen in Sicht
Und der Preisanstieg verspricht weiterzugehen: Wegen höherer Kosten wollen so viele Unternehmen wie noch nie ihre Preise in den kommenden drei Monaten anheben, hat das Münchner Ifo-Institut ermittelt.
mamk/Reuters