Die meisten Ökonomen sind sich immer noch sicher: Auf die Corona-Krise wird ein kräftiger Aufschwung folgen. Aber wann? Vorerst stagniert oder schrumpft die Wirtschaft. Auch in den hoffnungsvollen Prognosen für die kommenden Jahre stecken erhebliche Risiken.
Nun sind es wohl auch im kommenden Jahr eineinhalb Prozentpunkte weniger. Seit Monaten ist es bei den Konjunkturprognosen dasselbe Spiel: Der von den Ökonomen ursprünglich für dieses Jahr prognostizierte kräftige Wirtschaftsaufschwung verschiebt sich von Voraussage zu Voraussage weiter nach hinten und schrumpft immer mehr zusammen. Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle im Mai 2020 hatte das Münchener Ifo-Institut für das Folgejahr 2021 einmal ein Wachstum des deutschen BIP von sagenhaften 10,2 Prozent erwartet. Doch davon ist nicht viel geblieben.
Wenige Monate später erwies sich dieser Optimismus als unhaltbar, die Prognose wurde zunächst auf 6,4 Prozent gekürzt. Dann noch einmal und noch einmal auf zuletzt nur noch 2,5 Prozent Wachstum für die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr 2021. Dieselbe Entwicklung lässt sich in den Vorhersagen aller bekannten Wirtschaftsforschungsforschungsinstitute nachzeichnen. Die Gründe: Sowohl der Pandemieverlauf selbst mit der dritten und vierten Infektionswelle in Deutschland und entsprechenden Gegenmaßnahmen, war so von niemandem erwartet worden. Aber auch die indirekten Corona-Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, darunter vor allem Engpässe durch Störungen in den Lieferketten und explodierende Energiepreise, erwiesen sich als heftiger und länger anhaltend, als befürchtet.
Nun hat das Ifo-Institut in seiner aktuellen Konjunkturprognose erstmals auch die Wachstumserwartungen für das kommende Jahr heruntergeschraubt. Der Nach-Krisen-Aufschwung dürfte, den Ökonomen zufolge, wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 einsetzen. Im Winterhalbjahr 2021/2022 stagniert Deutschlands Wirtschaft. Andere Ökonomen befürchten sogar eine Rezession. Das bedeutet, dass die Wirtschaftsleistung im letzten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2022 zweimal hintereinander zurückgeht. „Ich erwarte mehr denn je, dass die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr schrumpfen wird“, sagte Commerzbank Chef-Ökonom Jörg Krämer Reuters, als Bund und Länder die Corona-Regeln unter anderem zuletzt noch einmal verschärften und damit vielen Branchen endgültig die Hoffnung auf einen versöhnlichen Jahresabschluss nahm.
Und danach? Die meisten Konjunkturforscher halten daran fest, dass der versprochene Aufschwung nur aufgeschoben, nicht aufgehoben ist. „Die zunächst erwartete kräftige Erholung für 2022 verschiebt sich weiter nach hinten“, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Das BIP werde 2023 voraussichtlich um 2,9 zulegen und damit fast doppelt so stark wie bisher prognostiziert.
Aber wie viel ist diese Prognose wert, angesichts der enttäuschenden Entwicklung der vergangenen Monate? Laut Wollmershäuser beruht die Erwartung eines anziehenden BIP-Wachstums für die kommenden Jahre auf der Annahme, dass „im Sommerhalbjahr 2022 [..] mit dem Abebben der Corona-Welle und dem allmählichen Ende der Lieferengpässe eine kräftige Erholung einsetzen“ werde. Genauso hatten sich die Ökonomen, das ursprünglich für dieses Jahr vorgestellt – bis neue Pandemiewellen kamen und sich die Lieferengpässe immer weiter verschärften. Das bedeutet, dass die Hoffnung und die Risiken für die Konjunktur auch in den kommenden Jahren dieselben bleiben.
Quelle: ntv.de