Ranking nach Kaufkraft

Deutschland fliegt aus den Top 20 der reichsten Länder der Welt

12.09.2024
Lesedauer: 5 Minuten
Good Old Times: Deutschland hatte bislang einen Platz in den Top 20 der wohlhabendsten Länder abonniert, rutscht nun aber heraus Foto: Martin Möller / Funke Foto Services / IMAGO

Deutschland ist nach wie vor eine der mächtigsten Volkswirtschaften. Doch blickt man auf das kaufkraftbereinigte Bruttoinlandsprodukt, rangiert die Bundesrepublik nicht mehr unter den 20 reichsten Staaten der Welt.

Multikrisen halten die Welt in Atem. Ukrainekrieg, Gazakrieg, der China-Taiwan-Konflikt und Angriffe im Suezkanal sorgen für Unsicherheit. Dazu lähmen Inflation und hohe Zinsen zum Teil weiterhin die Weltwirtschaft. Doch all diesen Krisen zum Trotz können einzelne Länder den Wohlstand ihrer Bevölkerung steigern, wie neue Daten aus dem World Economic Outlook  (WEO) des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeigen.

Zwar bleibt Luxemburg unangefochten an Position eins der wohlhabendsten Länder, doch die Aufholjagd anderer hat längst begonnen. Deutschland allerdings schafft es nicht mehr unter die Top 20, gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf – die Bundesrepublik sackt von Platz 19 auf Rang 21 ab.

Die stärksten Volkswirtschaften

Nach wie vor gehört Deutschland aber zu den stärksten Volkswirtschaften weltweit. Als erste Kennzahl für den Reichtum eines Landes wird in der Regel das Bruttoinlandsprodukt herangezogen, also die Summe aller Einkünfte, die im Inland erwirtschaftet werden. Die reichsten Länder sind demnach die USA und China, aktuell gefolgt von Deutschland und Japan.

Reichtum = Wohlstand für alle?

Das BIP reiche aber als Indikator für Wohlstand nicht aus, sagt Klaus-Jürgen Gern, Forscher am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, auch wenn es die weltweite Diskussion dominiere. Selbst wenn es pro Kopf berechnet wird, sagt der Wert nichts über die Verteilung des Wohlstands. „In einem Land mit sehr hohem BIP kann der Lebensstandard vieler Menschen trotzdem gering sein“, sagt der Mannheimer Volkswirtschaftsprofessor Tom Krebs.

Kaufkraft berücksichtigen

Um dem wahren Wohlstand näherzukommen, berücksichtigen Forscher deshalb zusätzlich die Kaufkraft, denn in verschiedenen Ländern kann man für den gleichen Geldwert unterschiedlich viel kaufen. Die Kaufkraftparität („purchasing power parity“; ppp) gibt an, wie viel eine bestimmte Menge von Waren und Dienstleistungen in unterschiedlichen Ländern kostet.

Das Ranking von manager magazin berücksichtigt dabei als Währung den internationalen Dollar aus dem Jahr 2017, der vom International Compares Program (ICP) erhoben wurde. Dahinter stecken die Weltbank, die OECD und weitere Organisationen. Der internationale Dollar ist zwar eine „künstliche“ Währung, kommt dem Wert eines US-Dollars aber nahe und soll vor allem für eine bessere Vergleichbarkeit sorgen.

Die reichsten Länder der Welt mit dem höchsten Lebensstandard

Ist das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf hoch, nimmt man an, dass auch der Wohlstand der breiten Bevölkerung höher ist. Ganz ausgleichen lassen sich letzte Unsicherheiten bei der Aussagekraft nicht, doch Ökonomen sind sich einig, dass sich mit dieser Art der Berechnung wirtschaftlicher Reichtum oder absolute Armut international vergleichbarer machen lässt.

Anders als in einem Ranking, das nur das BIP eines Landes berücksichtigt, tauchen im Ranking der 20 reichsten Länder der Welt nach kaufkraftbereinigtem BIP pro Kopf auch kleinere Länder mit geringerer Bevölkerungszahl auf den vorderen Plätzen auf. Sie verdanken ihre Spitzenpositionen häufig Finanzdienstleistungen oder besonderen Bodenschätzen. Der Reichtum beruht im letzteren Fall in der Regel auf der Ausbeutung insbesondere von Ölvorkommen, Diamanten oder seltenen Materialien, oft sind in diesen Ländern autoritäre Strukturen anzutreffen.

Krisen verschieben Ranking

War in den vergangenen Jahren spannend, wie sich die Coronapandemie auf das Ranking auswirkt, stellt sich nun die Frage, wie sehr der Ukrainekrieg und weitere Krisen den einzelnen Ländern zusetzen. Hohe Energiekosten, Inflation, Fluchtbewegungen, Getreide-, Transport- und Beschaffungskrise bis hin zur Zinswende – die Länder kämpfen mit vielen Herausforderungen.

So hatte die Coronapandemie beispielsweise zur Folge, dass die chinesische Sonderverwaltungszone Macau mit einem Mal den ersten Platz verlor und das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf jäh sank. Macau fiel wegen der strikten chinesischen Abschottungspolitik abrupt aus den Top 20. Doch nun ist es auf Aufholjagd und befindet sich schon wieder in den Top 10. Die Stadt landet den aktuellen Daten des World Economic Outlook  zufolge auf einem starken vierten Platz und verdrängt damit Katar auf den fünften Rang. Luxemburg und Irland können hingegen (noch) ihren ersten und zweiten Platz stabil halten.

Viele europäische Länder verlieren dagegen ein paar Plätze, bei den meisten ist die Kaufkraft etwas rückläufig. Deutschland rutscht dabei aus den Top 20 der reichsten Länder nach kaufkraftbereinigtem BIP pro Kopf und landet auf Platz 21. Anders sieht es bei San Marino, Island und Österreich aus, die sich verbessern können.

Für das Ranking wurden Daten des World Economic Outlook  (WEO) vom April 2024 herangezogen. Darin werden Kennzahlen für das Jahr 2023 aus 180 Ländern, Städten, Sonderzonen und besonderen Gebieten berücksichtigt, die dem IWF angehören. Für den WEO werden zweimal im Jahr sämtliche Wirtschaftsdaten pro Land aktualisiert. Nicht dabei sind unter anderem Länder wie Monaco, das Fürstentum Liechtenstein, Nordkorea und Kuba.

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