Brandrede von VW-Chef Thomas Schäfer

„Das ist der letzte Weckruf“

13.07.2023
Lesedauer: 3 Minuten
Foto: VW / Patrick Lang

VW hadert gewaltig mit der eingebrochenen E-Auto-Nachfrage. Markenchef Thomas Schäfer konfrontiert das Management in einer Brandrede.

„Der Dachstuhl brennt“ – so zitiert das Manager Magazin VW-Markenchef Thomas Schäfer, der seine Führungskräfte in einer Video-Schalte mit dem dramatischen Nachfrage-Rückgang bei Elektroautos konfrontiert hat. Ein sofortiger Ausgabenstopp ist die kurzfristige Konsequenz, um zumindest in die Nähe der Umsatz-Ziele zu kommen. Ohne das Lizenzgeschäft in China und die Aftersales-Sparte bliebe nichts mehr vom Gewinn übrig, so heißt es.

Der Elektro-Boom scheint vorbei zu sein – statt Wartezeiten von mehr als 12 Monaten stehen die Stromer jetzt auf Halde und warten verzweifelt auf Abnehmer. Das betrifft nicht nur VW, sondern den ganzen Konzern und nicht zuletzt auch die Konkurrenz. Die Nachfrage nach dem E-Porsche Taycan habe sich halbiert, bei Seat stünden jede Menge Cupra Born zur sofortigen Verfügung. Ein Vertriebspartner erklärte gegenüber dem Manager Magazin, dass bei den Händlern zuletzt ungefragt Lkw-Ladungen voller ID-Modelle angeliefert wurden. Man wisse nicht, wohin damit.

Mehrere Ursachen

Die aktuelle Krise speist sich aus mehreren Faktoren. Der Teilemangel im Bereich der Halbleiter und Kabelbäume, ausgelöst durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine, führten zu einer drastischen Verknappung der Kapazitäten. Viele Hersteller, so auch VW, stellten sich frühzeitig durch die Einstellung von Zeitarbeitskräften und die Umverteilung verfügbarer Ressourcen auf eine wieder anziehende E-Auto-Produktion ein.

Gleichzeitig führten in mehreren Ländern Kürzungen und Wegfälle staatlicher Subventionen zu einem Rückgang der Nachfrage. Das Resultat: mehr gebaute E-Autos als zahlungsbereite Kunden. Holprige Markteinführungen bei den ID-Modellen und Qualitätsprobleme tun ihr Übriges zur ernüchternden Statistik.

Gingen im Vorjahr noch etwa 75.000 Bestellungen für den ID.4 ein, sind es im laufenden Jahr nicht einmal 20.000. Etwas besser steht es um Audi Q4 E-Tron und Skoda Enyaq IV. Der Kernmarke hilft das nur bedingt – dort müssen die Kosten schnell gesenkt werden. Befristete Verträge laufen entsprechend Gefahr, nicht verlängert zu werden, eine Reduktion von Drei- auf Zweischichtbetrieb im Werk Zwickau steht ebenfalls zur Debatte. Die Verbraucher könnten von der Entwicklung am Ende sogar profitieren – denn irgendjemand muss die Autos ja kaufen. Es ist also an den Herstellern, entsprechend attraktive Angebote zu formulieren. Ob es das geplante Einstiegsmodell ID.2all richten kann? Bilden Sie sich selbst ein Urteil in unserer Fotoshow oben im Artikel.

Fazit

Bei Volkswagen herrscht schlechte Stimmung – die Nachfrage nach Elektroautos bricht weg, die Lager dagegen sind voll. Mit Kostensenkungen will man nun einer etwaigen finanziellen Schieflage vorbeugen. Um das Schnüren attraktiver Angebote für die Verbraucher wird der Hersteller vermutlich trotzdem nicht herumkommen. Das Problem hat Wolfburg dabei keineswegs exklusiv – es zieht sich durch weite Teile der Fahrzeug-Branche.

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