Die Weltwirtschaft ächzt seit Monaten unter hohen Energiepreisen. Die Analysten der Citigroup rechnen damit, dass sich dieses Problem bald von selbst lösen könnte – im Rahmen einer weltweiten Rezession. Einig sind sich die Experten allerdings nicht.
Trotz des heftigen Einbruchs um rund 10 Dollar allein am Dienstag notieren die Ölpreise weiter auf hohem Niveau. Zu Jahresbeginn hatte der Preis für ein Fass der als Maßstab für den globalen Ölmarkt geltenden US-Sorte WTI noch um etwa ein Viertel niedriger gelegen, als die gut 100 Dollar heute. Vor wenigen Jahren hatte der Preis sogar lange etwa um die Hälfte des heutigen Niveaus gelegen, zeitweise sogar darunter. Und in diesen Bereich könnte der Ölpreis in absehbarer Zeit sogar wieder abstürzen – zumindest nach Ansicht der Analysten der Citigroup, wie Bloomberg berichtet.
Die Experten der US-Großbank prognostizieren in einer aktuellen Analyse, dass der WTI-Preis bis Ende dieses Jahres auf rund 65 Dollar einbrechen könnte und bis Ende 2023 sogar auf 45 Dollar. Der wichtigste Grund für diese Annahme ist die Aussicht auf eine weltweite Rezession, die den Ölverbrauch der großen Volkswirtschaften in den USA, China und Europa über viele Monate deutlich sinken lassen könnte.
Seit Monaten wird der Ölpreis von der Angst vor einer Knappheit auf dem Weltmarkt angetrieben. Durch die Sanktionen gegen Russland kann eines der wichtigsten Exportländer seinen Rohstoff nur noch eingeschränkt anbieten. Die Nachfrage nach nicht-russischem Öl ist dagegen hoch, und die Preise dafür sind in die Höhe geschossen. Die Citi-Analysten gehen jedoch davon aus, dass diese Nachfrage einbrechen wird. Historisch seien Ölpreise während globaler Rezessionen immer etwa auf die Höhe der Produktionskosten gefallen. Das heißt, die Zeit der hohen Extragewinne für Ölkonzerne und Förderländer wäre dann vorbei.
Das Szenario der Citi-Analysten setzt allerdings voraus, dass die Mitglieder des Öl-Kartells OPEC nicht mit signifikanten Kürzungen der Produktion reagieren. Sollte es zu entsprechenden Maßnahmen der OPEC und Russlands kommen, könnte sich der Preis auch ganz anders entwickeln. Davor warnten kürzlich die Analysten einer anderen US-Bank. Die Experten von JPMorgan sagen, dass neue westliche Sanktionen gegen Russland den Ölpreis nach oben katapultieren könnten.
Die Analysten befürchten, dass Russland im Gegenzug für einen möglichen durch die G7-Staaten verhängten Preisdeckel seine Exporte massiv einschränken könnte. Das Land verfüge über ausreichend finanzielle Reserven, um eine Zeit lang auf einen Großteil seiner Öleinnahmen verzichten zu können. Sollte Russland seine Ausfuhren um drei Millionen Fass pro Tag reduzieren, würde das der JPMorgan-Rechnung zufolge den Ölpreis auf 190 Dollar treiben. 2021 hatte Russlands mehr als acht Millionen Fass pro Tag exportiert. Sollte Russland diese Ausfuhren um fünf Millionen Fass pro Tag reduzieren, dürfte laut JPMorgan der Preis auf dem Weltmarkt auf 380 Dollar pro Fass steigen. Das wäre fast das Dreifache des bisherigen Allzeithochs.
Quelle: ntv.de, mbo