Noch liegt die Bundesstatistik der Polizei für 2023 nicht vor. Doch erste Zahlen aus den Bundesländern zeigen: Das Leben in Deutschland wird immer gefährlicher.
Die Zahl der Straftaten stieg im vergangenen Jahr je nach Land um fünf bis elf Prozent. Hamburg meldet ein Plus von 10,9 Prozent, Brandenburg 9,4 Prozent, Hessen 7,8 Prozent und Rheinland-Pfalz 5,9 Prozent.
Sachsen-Anhalt meldet mit 8,6 Prozent sogar den höchsten Anstieg seit 2016, Niedersachsen (5,6 Prozent) die schlimmsten Zahlen seit 2017.
Jugendkriminalität
Besonders brisant: Die Zahl der Straftaten, die von Jüngeren (bis 21) verübt wurden, schießt nach oben. In Sachsen-Anhalt z. B. fallen 17 409 Straftaten in den Bereich Jugendkriminalität (+9,6 Prozent). 3986 Straftaten wurden von Kindern (unter 14 Jahren) begangen, fast 20 Prozent mehr als 2022.
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (53, CDU) erschüttert: „Es gilt, kriminellen Karrieren frühzeitig entgegenzuwirken. Jugendliche müssen viel früher an die Hand genommen und zu einem sozial adäquaten Verhalten bewegt werden.“
Gleiches Bild in Schleswig-Holstein: Hier erreicht die Anzahl der tatverdächtigen Kinder unter 14 Jahren mit 3722 Straftaten ein Zehnjahreshoch. Auch in Niedersachsen explodiert die Zahl jugendlicher Tatverdächtiger (unter 21) auf 68 874 (+9,7 Prozent). Sie fielen vor allem durch Körperverletzungen, Raub und Diebstahl auf.
Ausländerkriminalität
Legt ebenfalls deutlich zu. In Sachsen-Anhalt wurde jede zehnte Straftat von einem Zuwanderer begangenen. Die Straftaten von Ausländern haben sich hier mit 116 Prozent mehr als verdoppelt. Auch in Rheinland-Pfalz erhöhte sich diese Quote gegenüber 2022 von 33,8 auf 37,4 Prozent. In Schleswig-Holstein hatten 40 Prozent der 962 Messer-Tatverdächtigen keine deutsche Staatsangehörigkeit.
In Hessen gab es vergangenes Jahr 25 913 Delikte von Zuwanderern, 4828 mehr als im Vorjahr. Rechnet man Verstöße gegen das Asylgesetz dazu, stieg die Zahl der Delikte um 12 269 mehr Delikte auf 60 506.
In Niedersachsen beträgt das Plus 15,5 Prozent. Innenministerin Daniela Behrens (55, SPD) sieht die steigenden Flüchtlingszahlen als einen Grund für diese Entwicklung.
Messer-Angriffe
Allein in Niedersachsen kamen in 3048 Fällen (+8,7 Prozent) Stichwaffen zum Einsatz. 87 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich, fast jeder Dritte war 21 Jahre alt oder jünger. Innenministerin Daniela Behrens (SPD): „Die zunehmende Zahl ist besorgniserregend.“ Sie spricht sich für weitere Waffenverbotszonen in Städten aus.
Schleswig-Holstein meldet für das vergangene Jahr 148 Messerangriffe mehr als 2022. Neun Menschen wurden im Norden durch Messer getötet, 47 schwer und 285 leicht verletzt. Der Gewerkschafts-Chef der Polizei (GdP) in Schleswig-Holstein, Torsten Jäger.: „Wir müssen die Entstehung einer Messerkultur verhindern.“ Waffenverbotszonen seien dafür wirksame Gegenmaßnahmen.
Diebstähle
In Sachsen-Anhalt und in Brandenburg handelte es sich bei fast jeder dritten Straftat um Diebstähle. Brandenburgs Innenmnister Stübgen erklärt die Entwicklung u. a. bei Ladendiebstählen mit steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen.
Polizeipräsident Oliver Stepien (58): „Nach der kompletten Aufhebung von coronabedingten Einschränkungen sind die Menschen wieder mobil geworden und fanden sich in Alltagssituationen wieder, die mehr als früher auch durch wirtschaftliche Herausforderungen und soziale Unsicherheiten geprägt waren.“
Politisch motivierte Angriffe
Beispiel Hessen: Hier stiegen die politisch motivierte Taten von 2622 auf 3425. Antisemitische Straftaten haben sich sogar verdreifacht. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU): „Ich hätte es vor einem Jahr nicht für möglich gehalten, welchen Anfeindungen und Gefahren jüdisches Leben bei uns heute ausgesetzt ist.“ Auch Delikte mit rechtsextremem Hintergrund nahmen in Hessen stark zu – von 1101 auf 1511 Fälle.
Höhere Aufklärungsquote
Immerhin ergibt sich bei der Ermittlungsarbeit der Polizei ein positiver Trend. Die Aufklärungsquote steigt flächendeckend leicht – in Rheinland-Pfalz auf 64,5%, in Niedersachsen auf 62,5%, in Brandenburg auf 57,8%, in Sachsen-Anhalt auf 55,9 %, in Hessen auf 63,2% und in Hamburg mit 48,2 Prozent sogar auf den besten Wert seit 1997.