Rheinland-Pfalz

„Die schießen“: Polizisten bei Verkehrskontrolle erschossen – sie trugen Uniform und Schutzwesten

31.01.2022
Lesedauer: 4 Minuten
Rheinland-Pfalz, Kusel: Polizeibeamte sperren die Zufahrt zum Tatort, wo zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden © Thomas Frey / DPA

Eine Zivilstreife kontrolliert am frühen Montagmorgen ein Auto in der Pfalz. Es fallen Schüsse. Zwei junge Polizisten sterben, die Täter fliehen. Die Bestürzung in ganz Deutschland ist groß.

Nach den tödlichen Schüssen auf zwei junge Polizisten in der Pfalz suchen die Ermittler mit Hochdruck in mehreren Bundesländern nach den flüchtigen Tätern. Die 24 Jahre alte Polizeianwärterin und der 29 Jahre alte Polizeibeamte konnten nach Angaben aus Sicherheitskreisen am frühen Montagmorgen noch einen Funkspruch absetzen mit den Worten: „Die schießen.“ Kurz zuvor hatten sie demnach ihre Kollegen informiert, dass sie totes Wild in einem Fahrzeug gefunden hätten.  Die Täter waren zunächst flüchtig. Politiker und Polizeivertreter in Rheinland-Pfalz und bundesweit reagierten schockiert.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: „Unabhängig davon, welches Motiv der Tat zugrunde liegt: Diese Tat erinnert an eine Hinrichtung, und sie zeigt, dass Polizistinnen und Polizisten jeden Tag ihr Leben für unsere Sicherheit riskieren.“

Hintergründe weitestgehend unklar

Die beiden Opfer seien zwar in einem zivilen Streifenwagen unterwegs gewesen, hätten aber Uniform und Sicherheitswesten getragen, berichtete eine Sprecherin der Polizei. Unklar blieb zunächst, warum sie das Auto auf der Kreisstraße 22 in Ulmet angehalten hatten. „Eine Kontrollstelle war nicht aufgebaut“, sagte ein Polizei-Sprecher. Nach dem, was zunächst über den Hergang bekannt wurde, waren die Beamten wohl schon näher an das Fahrzeug herangetreten und hatten mit der Kontrolle begonnen, als die Schüsse etwa um 4.20 Uhr fielen.

Als die Verstärkung daraufhin am Tatort eingetroffen sei, wurde die 24-jährige Polizistin tot und ihr 29 Jahre alter Kollege verletzt aufgefunden. Der Mann erlag später seinen Verletzungen. Die erschossene Polizistin war der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zufolge Studentin. Die 24 Jahre alte Polizeianwärterin habe noch an der Hochschule der Polizei studiert, teilte die GdP am Montag mit. Nähere Angaben zum Hintergrund des Geschehens und den Tätern könnten derzeit nicht gemacht werden, so ein Polizeisprecher zum stern, da die einzigen bisher bekannten Zeugen tot seien.

Erschossene Polizisten stammten aus dem Saarland

Wie oft geschossen wurde, stand nicht sofort fest. Dass die beiden mit Kopfschüssen getötet wurden, konnte die Polizei zunächst nicht bestätigen. Die Schutzwesten reichten aber von der Hüfte bis zum Hals. Die Polizei ging davon aus, dass eine Obduktion angeordnet wird. Die Zahl der Täter und ihr Auto waren zunächst unbekannt.

Die Opfer stammten laut dem Saarbrücker Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) beide aus dem Saarland. Er habe seinen Innenminister Klaus Bouillon (CDU) gebeten, „als Ausdruck der Trauer und Solidarität die Flaggen im Saarland auf Halbmast zu setzen“, teilte Hans am Montag auf Twitter mit.

Der Regierungschef zeigte sich laut einer Mitteilung seiner Staatskanzlei „zutiefst erschüttert“ und „absolut fassungslos“. Die saarländische Polizei unterstütze ihre Kollegen in Rheinland-Pfalz „mit allen Mitteln bei der Aufklärung dieses furchtbaren Verbrechens“. Hans betonte: „Ich bin in Gedanken bei den Angehörigen und wünsche den Familien, Freunden, Kolleginnen und Kollegen viel Kraft in diesen schweren Stunden.“

Am Tatort wurden am Montag Spuren gesichert. Eine Beschreibung des benutzten Fluchtfahrzeuges wurde zunächst nicht bekannt. Auch die Fluchtrichtung sei nicht klar, hieß es am frühen Nachmittag. „Es gehen ganz viele Hinweise aus der Bevölkerung ein“, sagte die Polizeisprecherin. Diese würden nach und nach ausgewertet. Ob darunter eine heiße Spur sei, könne sie noch nicht sagen.

Die Kreisstraße 22 war bei Mayweilerhof und Ulmet voll gesperrt. Die Polizei bat die Einwohner, im Landkreis Kusel keine Anhalter mitzunehmen. Mindestens ein Tatverdächtiger sei bewaffnet.

Zeugen, die etwas Verdächtiges wahrgenommen haben, werden gebeten, sich unter der Rufnummer 0631 3692620 mit der Polizei in Kaiserslautern in Verbindung zu setzen.

Gewerkschaft „tiefbestürzt“, Ministerpräsidentin Dreyer „schockiert“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich „tiefbestürzt über den gewaltsamen Tod einer Kollegin und eines Kollegen“ aus dem Polizeipräsidium Westpfalz geäußert. „Wir sind in Gedanken bei den Angehörigen der beiden Getöteten und auch bei allen Kolleginnen und Kollegen. Wir durchleben gerade den realen Alptraum aller Polizistinnen und Polizisten!“, sagte die Landesvorsitzende Sabrina Kunz am Montagmorgen in Mainz.

„Unser tiefes Beileid gilt den Angehörigen. Hoffentlich können die oder der Täter zeitnah festgenommen werden, damit mögliche Gefahren für die Bevölkerung abgewendet sind“, sagte Kunz. „Dieses skrupellose Vorgehen und die Tat machen mich fassungslos.“ Sie appellierte an die Bürger im Raum Kaiserslautern, am Montag auf Versammlungen gegen Corona zu verzichten, mit Rücksicht auf die schreckliche Tat und die Ermittlungen, für die viele Kräfte gebraucht würden.

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz haben sich „zutiefst schockiert“ gezeigt. „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen“, heißt es in einer Mitteilung der beiden SPD-Politiker in Mainz. „Die Tat ist entsetzlich. Es bestürzt uns sehr, dass zwei junge Menschen im Dienst ihr Leben verloren haben.“

Die Ministerpräsidentin hat aufgrund der Ereignisse als sichtbares Zeichen der Trauer im Einvernehmen mit dem Innenminister Trauerbeflaggung (halbmast) im Land angeordnet. Für alle Streifenwagen des Landes ist Trauerflor vorgesehen.

fs DPA

Das könnte Sie auch interessieren

Für Energiekonzern
01.12.2024
EU-Plan gescheitert
29.11.2024
ARD-Show "Die 100"
26.11.2024
Abstimmung über neue EU-Kommission
27.11.2024

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

elf + 17 =

Weitere Artikel aus der gleichen Rubrik

Abstimmung über neue EU-Kommission
27.11.2024

Neueste Kommentare

Trends

Alle Kategorien

Kategorien