BILD-Interview

„Das Problem ist die deutsche Regierung. Sie hört nicht auf die Menschen“

18.07.2024
Lesedauer: 6 Minuten
Richard Grenell im Interview mit BILD-Vize Paul Ronzheimer am Rande des Republikaner-Parteitags in Milwaukee Foto: Daniel van Moll

Paul Ronzheimer im Gespräch mit Ex-US-Botschafter Richard Grenell, der gute Chancen hat, US-Außenminister zu werden – falls Trump die Wahl gewinnt

Viele deutsche Politiker erinnern sich noch gut an ihn – und könnten bald wieder mit ihm zu tun haben: Richard Grenell (57) war US-Botschafter in Berlin unter Donald Trump (78), gilt als dessen enger Vertrauter und könnte bei einem Wahlsieg Außenminister werden.

Was würde eine zweite Trump-Amtszeit für Deutschland bedeuten?

▶︎ BILD traf Grenell beim Republikaner-Parteitag in Milwaukee (Wisconsin). Das sagte er über …

… die Frage, ob sich Deutschland auf ihn als Chefdiplomat Amerikas freuen würde: „Es ist mir egal, ob man sich freut. Mit geht’s nur um Amerika.“

… über Trumps Vize-Kandidat JD Vance: „Ich glaube, wir sind Freunde, und wir haben recht. Ja, wir sind Populisten, aber diese Bezeichnung ärgert uns nicht. Weil das Gegenteil davon ein linker Elitist ist.“

… über Kanzler Scholz: „Ja, er ist ein linker Elitist.“ Dennoch betont Grenell: „Ich mag Olaf Scholz, ich habe meine begrenzte Zeit mit ihm wirklich sehr genossen. Ich fand ihn sehr schlau.“

… über Scholz‘ Lob für das Buch von Vance, das ihn zu Tränen rührte: „Politiker machen politische Dinge und sie sprechen mit doppelter Zunge. Sie sagen Dinge wie: ‚Ich liebe dieses Buch‘. Und plötzlich ist der Autor des Buches Republikaner, und dann heißt es: ‚Das gefällt mir nicht.‘ Das ist albern. Das sehen wir alle. Wir alle sehen die Doppelmoral darin. Er denkt, er kommt damit durch. Aber das wird er nicht.“

Hintergrund: Scholz erzählte einst, dass er von dem Bestseller-Buch von J.D. Vance „Hillbilly Elegy“ zu Tränen gerührt gewesen sei. Später bezeichnete er es als „Tragik“, dass Vance sich von einem Trump-Gegner zu dessen Befürworter entwickelt habe. Über das Buch-Thema könne er „heute mit dem Autor wohl nicht mehr diskutieren, fürchte ich“.

„Als Trump da war, war Europa nicht im Krieg“

… über Ricarda Langs Warnung, eine Trump-Regierung mit Vance wäre schlecht für Europa: „Europa ist im Krieg. Als Trump da war, war Europa nicht im Krieg.“

… die Bundesregierung und was sie anders machen muss: „Regierungen, die sich um ihre Bevölkerung kümmern, sind die erfolgreichen. Deutschland muss Germany First anstellen.“

Hat gute Chancen, im Falle eines Trump-Wahlsiegs nächster US-Außenminister zu werden: Richard Grenell. Er hält seit Jahren treu zu Trump, gehört zu seinem engen Umfeld
Foto: GIORGOS MOUTAFIS

… Donald Trump: „Ziemlich einfacher Typ, fantastisch darin, eine Idee hin- und herzudiskutieren, bis ein guter Deal rauskommt.“ Tipp an Scholz: Er sollte Trump anrufen.

… US-Präsident Joe Biden: „Ich glaube, er wird von den Eliten von der Bühne gedrängt, die die Demokratie aushöhlen. (…) Wollen Sie mir erzählen, dass Joe Biden im Juli 2024 plötzlich an Demenz erkrankt ist? Das haben wir alle im letzten Jahr gesehen. Sie haben ihn gewählt, und sie wussten genau, wer er ist.“ ABER: Die Demokraten-Wähler, so Grenell, wollten Biden gar nicht austauschen.

… Kreml-Diktator Wladimir Putin: „Biden hat in drei Jahren nicht mit ihm gesprochen. Ich glaube, mit Leuten zu sprechen, ist eine Taktik. Nicht das Ziel, nicht die Lösung – aber es bringt uns dahin.“

„Deutschland kann Trumps Lieblingsland werden“

… die Nato-Forderung nach Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels: „Was machst du, wenn ein Verbündeter sagt, er werde sich nicht an die Regel halten? Wenn dein Kind sagt, es werde für sein Taschengeld nichts machen?“

… was Regierungschefs ihm angeblich sagen: „Die Nato war mit Trump viel stärker.“

… Deutschland: „Ich liebe Deutsche. Ich habe so viele deutsche Freunde.“ Aber: „Das Problem ist die deutsche Regierung. Ich denke, die deutsche Regierung hört nicht auf die Menschen.“

Grenell glaubt, „dass Deutschland das Potenzial hat, Donald Trumps Lieblingsland zu werden“. Die Bundesrepublik sei „ein sehr mächtiges Land“. Er empfiehlt der Regierung, Deutschland so zu führen, „dass sie sich um die Menschen kümmert und Entscheidungen für Deutschland trifft und nicht versucht, sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen“.

Grenell bei seiner Rede auf dem Parteitag
Foto: EPA

… Trumps Ukraine-Friedensplan: „100 Prozent sicher“, dass er realistisch ist. „Ich meine, schauen Sie, Donald Trump hat Friedensabkommen zwischen Arabern und den Israelis erreicht. In Donald Trumps Amtszeit gab es keine Kriege in Europa.“

… Vance’ Spruch, die Ukraine sei ihm egal: „Hat er nie gesagt.“ … und weicht aus: „Schauen Sie auf Putin: Er sagte, er wolle lieber Biden als Präsident, weil er vorhersehbar ist. Darin hat er recht, Biden ist vorhersehbar.“

… Europas Verantwortung für den Ukraine-Krieg: „Er ist in Ihrem Hinterhof. Wenn es einen Krieg in Mexiko gäbe, würden wir die meiste, wenn nicht die ganze Arbeit machen. Und wir würden sicher nicht die Deutschen um Hilfe bitten, wenn es einen Krieg in Mexiko gäbe.“

„Die deutsche Regierung hat nicht auf Trump gehört. Dafür hätte ich gerne eine Entschuldigung“

… seine Zeit in Berlin: „Die deutsche Regierung war unglaublich schrecklich gegenüber Donald Trumps Politik.“ Er meint vor allem: Deutschland war für die Putin-Pipeline Nord Stream 2 und für den Atom-Deal mit dem Iran – tat sich mit dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato aber schwer. Damit lag Berlin mit Washington im Dauerstreit, Grenell wurde in Deutschland hart kritisiert.

Jetzt sieht er sich im Recht: „Nun könnte ich argumentieren, dass Nord Stream 2 einer der Gründe war, warum wir den Krieg in der Ukraine haben. Die deutsche Regierung hat nicht auf Donald Trump gehört. Dafür hätte ich gerne eine Entschuldigung …“

Donald Trump und sein Vize-Kandidat Vance auf dem Republikaner-Parteitag
Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Ebenso bei der Nato- und Iran-Politik: „All die fiesen Schlagzeilen zum Zwei-Prozent-Ziel und dazu, dass wir deutschen Unternehmen sagten, dass sie keine Geschäfte mit dem Iran machen sollen. Aber wenn man den Iran unter Druck setzt, dann hat er kein Geld, um die Hisbollah und die Hamas zu unterstützen und einen Krieg in Israel zu beginnen.“

Grenells Fazit über Deutschland nach der ersten Trump-Amtszeit: „Ich höre nicht, wie diese Politiker sich entschuldigen, aber ich höre, wie sie leise ihre Position ändern. Sie stimmen jetzt Donald Trump zu. Aber sie werden nicht sagen, dass sie falsch lagen.“

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