Ohne Ankündigung gingen am Montagabend Tausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße, auch in Berlin und Brandenburg.
Tausende Menschen haben am Montagabend in Berlin und vielen weiteren deutschen Städten in mehreren Bundesländern gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Wie das Lagezentrum der Berliner Polizei am Dienstagmorgen mitteilte, wurden stadtweit zwölf unangemeldete Kundgebungen mit jeweils bis zu 350 Teilnehmern gezählt, unter anderem in den Bezirken Neukölln, Pankow, Prenzlauer Berg und Köpenick. Auch bundesweit meldete die Polizei Demonstrationen und Protestmärsche, etwa aus Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern. Der Protest richtete sich vor allem gegen die vermutlich kommende Impfpflicht. Auch gegen eine Spaltung der Gesellschaft durch die Einschränkungen wurde demonstriert. Der überwiegende Teil der Protestmärsche wurde nicht bei den Behörden angemeldet und gilt damit als nicht genehmigt.
In Brandenburg versammelten sich in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) knapp tausend Gegner der Corona-Maßnahmen. Nach Angaben der Polizei kam es zu keinen Störungen gekommen. In Eberswalde (Barnim) liefen nach Schätzungen des rbb etwa 1000 Protestierende bei einer angemeldeten Kundgebung durch die Innenstadt. Viele von ihnen trugen Kerzen und protestierten gegen Corona-Einschränkungen und Impfungen. In Fürstenwalde und Beeskow (Oder-Spree) gingen geschätzt jeweils bis zu 300 Protestierende auf die Straße. Es blieb zumeist friedlich, teilte die Polizei mit.
Brandenburgs Innenminister: Großteil der Proteste verläuft friedlich
Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) bestätigte dem rbb am Dienstag, er sehe eine Zunahme von spontanen Demonstrationen gegen die Corona-Politik im Land. Seit anderthalb Wochen habe man es mit einer Vielzahl solcher Veranstaltungen zu tun. Knapp die Hälfte davon sei nicht angemeldet. Das stelle die Polizei zwar vor besondere Herausforderungen. Bislang habe man aber alles im Griff, weil die meisten Proteste friedlich verliefen. Die Polizei dürfe unangemeldete Demonstrationen nicht einfach auflösen. Das sei nur erlaubt, wenn eine konkrete Gefahr davon ausgehe. Bei vielen Veranstaltungen versuchten „kleine Gruppen von Rechtsextremisten, zu radikalisieren und gewaltbereit zu agieren“. Diese würden dann ausgesondert. Stübgen: „Der Rest darf friedlich protestieren.“
In Mecklenburg-Vorpommern beteiligten sich nach offiziellen Angaben rund 7000 Menschen in mindestens zwölf Städten an den Protesten, allein in Rostock gingen rund 3000 Menschen auf die Straße. Auch in Mannheim in Baden-Württemberg zogen trotz Verbots nach Schätzungen der Polizei bis zu 2000 Menschen durch die Stadt. Rund 800 von ihnen gingen bis ins Stadtzentrum. Als die Polizei starke Kräfte zusammenzog, löste sich der Protestmarsch auf. In Magdeburg versammelten sich etwa 3500 Menschen, im nordrhein-westfälischen Gummersbach rund 500.
In Sachsen löste die Polizei am Abend in mehreren Orten verschiedene Protestmärsche auf. In Freiberg etwa kesselte die Polizei rund 100 Menschen in der Nähe eines Supermarktparkplatzes ein. Später mussten die Einsatzkräfte den Kessel aber wieder auflösen. Es sei aufgrund der Nähe zu den Geschäften „nicht festzustellen gewesen, wer Teilnehmer oder Kunde der Märkte war“, sagte ein Sprecher der Polizei. In Bautzen, Dresden und Pirna löste die Polizei mehrere Menschenansammlungen auf, nach offiziellen Angaben teils auch unter Einsatz einfacher körperliche Gewalt.
In Dresden zählte die Polizei in der Innenstadt rund 100 Protestierende. Im Bereich der Polizeidirektion Chemnitz gab es nach offiziellen Angaben zahlreiche weitere Protestaktionen, unter anderem in Zwönitz, Mittweida und Stollberg. Rund 1000 Polizistinnen und Polizisten waren dort im Einsatz. Unterstützt wurden die regionalen Beamten von Kräften aus Nordrhein-Westfalen, der Bundespolizei und der Bereitschaftspolizei. Sachsenweit wurden laut Polizei zahlreiche Ordnungswidrigkeitsverfahren und Strafanzeigen aufgenommen. Zudem wurden Platzverweise ausgesprochen und Bußgelder verhängt.
Thüringen: 500 Ordnungswidrigkeitsverfahren und 30 Strafanzeigen
In Sachsen-Anhalt fanden Proteste in Magdeburg, Halle, Querfurt und Naumburg statt. Hier gingen ebenfalls mehrere tausend Menschen auf die Straße. Allein in Magdeburg beteiligten sich 3500 Menschen an einer Aktion in der Innenstadt. Nach Aussage der Polizei verliefen die Demonstrationen störungsfrei. In Halberstadt beteiligten sich demnach 1500 Menschen an einer Demonstration, in Wittenberg mehr als 1300. In Halle waren laut Polizei etwa 750 Demonstranten unterwegs, in Naumburg etwa 650 Demonstranten, in Querfurt waren es 400. Weitere Demonstrationen wurden aus Schönebeck, Aschersleben, Zeitz, Weißenfels, Dessau und Stendal gemeldet.
In Thüringen haben am Montagabend an verschiedenen Orten insgesamt rund 6000 Menschen gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Der Polizei waren am Abend rund 26 Versammlungen unter anderem in Ilmenau, Apolda, Erfurt und Rudolstadt bekannt, wie ein Sprecher sagte. Größtenteils seien es nicht angemeldete Zusammenkünfte gewesen. Die Polizei leitete 500 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein und stellte 30 Strafanzeigen. Bei Angriffen gegen Polizeikräfte seien sieben Beamte verletzt worden.
In der Landeshauptstadt Erfurt versammelten sich laut einem Polizeisprecher in der Nacht zu Dienstag ebenfalls an mehreren Orten Hunderte Menschen, die sich dann zusammenschlossen. Sicherheitskräfte hätten die Aufzüge schließlich gestoppt. Hierbei sei es zu „Angriffen gegen die eingesetzten Polizeibeamten und Durchbruchversuchen“ gekommen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Mehrere Menschen auf beiden Seiten wurden verletzt. Zuletzt war es in Greiz in Thüringen zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen.
Bei solchen Demonstrationen liefen „normale Bürger und Familien neben Gruppen, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen“ seien, sagte die Vorsitzende der Thüringer Gewerkschaft der Polizei, Mandy Koch. Für sie sei es „unerträglich“, dass teils Kinder mit dabei seien. Sie selbst würde „mit meinem Kind nie in eine solche Situation gehen.“ Dann stehe an einer Polizeikette ein Vater mit einem Kind an der Hand und sage, er sei nur spazieren und wolle durch. Anschließend würden Diskussionen losgehen. Bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen im ostthüringischen Greiz waren am Wochenende nach offiziellen Angaben 14 Polizisten verletzt worden. Über die Zahl von Verletzten unter den Demonstranten wurden keine Angaben gemacht.