Hamburger Verwaltungsgericht

Verfassungsschutz muss Aussagen über AfD-Mitarbeiter löschen

24.08.2021
Lesedauer: 4 Minuten
Anhänger der rechtsradikalen "Identitären Bewegung" - Quelle: dpa

In einem Eilverfahren hatte sich die Hamburger AfD gegen zwei Aussagen im aktuellen Verfassungsschutzbericht gewehrt. Zum einen ging es um die Zahl der „Flügel“-Anhänger, zum anderen um die Verbindung zweier AfD-Mitarbeiter zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat am Montag einem Eilantrag der Bürgerschaftsfraktion der AfD stattgegeben. Die Fraktion hatte sich dagegen gewandt, dass zwei ihrer Mitarbeiter im Verfassungsschutzbericht für das vergangene Jahr als Angehörige der als rechtextrem eingestuften „Identitären Bewegung“ bezeichnet wurden.

Die Richter urteilten, dass die entsprechenden Aussagen nicht ausreichend belegt werden konnten, und verpflichteten die Stadt, die entsprechenden Äußerungen zu löschen.

Im Verfassungsschutzbericht 2020 heißt es zum Hamburger Landesverband der AfD, dass etwa 40 Personen dem „Flügel“, einer im März 2020 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Bewegung, zuzurechnen seien.

Zudem sollen nach Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz im Jahr 2020 zwei Angehörige der Identitäten Bewegung als Mitarbeiter der AfD-Bürgerschaftsfraktion tätig gewesen sein.

Gegen diese beiden Aussagen habe der Landesverband und die Bürgerschaftsfraktion der AfD Klage erhoben, erklärte Max Plog, der Sprecher des Oberverwaltungsgerichts, „und mit Blick auf die in den kommenden Monaten bevorstehenden Wahlen zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht“.

Ein erstes Eilverfahren, in dem es um die Zahl der Flügel-Anhänger gegangen sei, sei bereits durch einen gerichtlichen Vergleich beendet worden, heißt es vom Verwaltungsgericht. Der Hamburger Verfassungsschutz habe sich verpflichtet, die entsprechenden Textpassagen mit einer Fußnote beziehungsweise einer Erklärung zu versehen und diesen Vergleich öffentlich zu kommunizieren.

Am Montag nun entschieden die Verwaltungsrichter über den zweiten Eilantrag. Sie verpflichteten die Freie und Hansestadt Hamburg einstweilig, „die Berichterstattung über zwei (angeblich) bei ihr beschäftigte Angehörige der Identitären Bewegung zu löschen und nicht erneut zu verbreiten“, hieß es in einer Mitteilung.

Die Richter verpflichteten die Stadt zudem, durch eine Pressemitteilung bekannt zu geben, „dass ihr die Berichterstattung in diesem Umfang untersagt worden sei, weil diese Berichterstattung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sei“, sagte der Sprecher.

Als Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, „dass das Landesamt für Verfassungsschutz zwar über Angehörige der Identitären Bewegung in Hamburg habe berichten dürfen und auch eine Berichterstattung über Verbindungen von Angehörigen der Identitären Bewegung zu in Hamburg aktiven politischen Parteien grundsätzlich zulässig sein dürfte“.

Die Richter hätten sich aber in dem Rechtsschutzverfahren nicht davon überzeugen können, dass die im Verfassungsschutzbericht 2020 aufgestellten Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen, hieß es.

Stadt zu Pressemitteilung verpflichtet

So habe zwar einer der beiden betroffenen Mitarbeiter der AfD-Bürgerschaftsfraktion an zwei Aktionen der Identitären Bewegung teilgenommen, so die Richter, und zwar in den Jahren 2017 und 2018. Die Annahme, dass er deshalb zur Identitären Bewegung zugehöre, lasse sich aber „kaum rechtfertigen“. Auf jeden Fall ließe sie „jedenfalls keinen Rückschluss auf eine fortbestehende Zugehörigkeit dieser Person im Jahr 2020 zu“.

Die AfD-Bürgerschaftsfraktion habe jetzt einen Anspruch darauf, dass die Stadt in einer Pressemitteilung mitteile, „dass ihr die weitere Verbreitung dieser Angabe gerichtlich einstweilen untersagt worden sei“, sagte Plog.

Ob die Angaben wirklich rechtswidrig seien, müsste abschließend in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren geprüft werden, hieß es. Noch ist unklar, ob es dazu kommt.

Das Landesamt für den Verfassungsschutz veröffentlichte nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein Statement. Darin hieß es, Gegenstand des Eilverfahrens seien Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht 2020 gewesen, „nicht aber die fachliche Tätigkeit des Landesamtes, „insbesondere das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für die Beobachtung des ‚Flügel‘ und der ‚Identitären Bewegung‘.“

Bezüglich des Streits über die Zahl der Flügel-Anhänger in der Hamburger AfD werde der Verfassungsschutz künftig folgende Fußnote einfügen: „Die AfD bestreitet diese Größenordnung und hat aus diesem Grund gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.“

Das Landesamt betonte, dass der Vergleich auf Anregung des Gerichtes geschlossen worden sei, „weil das Gericht aufgrund der aus Geheimhaltungsgründen in wesentlichen Teilen geschwärzt übermittelten Akten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht hinreichend beurteilen kann, ob die Angabe in dem Verfassungsschutzbericht 2020 zutrifft, dass es in Hamburg im Jahr 2020 etwa 40 Flügel-Anhänger gegeben habe.“

Informationen über rechtsextremistische Bestrebungen

Der Inlandsgeheimdienst betonte, dass es den Flügel unverändert als erwiesen rechtsextremistisch einstufe und auch künftig als Beobachtungsobjekt bearbeite. Gleichzeitig hieß es, ungeachtet des Urteils, Aussagen zu zwei AfD-Mitarbeitern zu löschen, würden zu beiden Personen weiterhin Informationen über rechtsextremistische Bestrebungen vorliegen.

„Bei der ersten vom Gericht überprüften Person handelt es sich um Veranstaltungen und Aktionen der „Identitären Bewegung“ aus den Jahren 2017 und 2018 sowie eine Veranstaltung des Flügel im Jahr 2019“, hieß es. „Bei der zweiten Person handelt es sich unter anderem um Veranstaltungen und Aktionen der Identitären Bewegung aus den Jahren 2018 und 2019.“

dfe

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