Der bayerische Verfassungsschutz beobachtet laut BR einen Münchener Polizisten im Ruhestand. Dieser zählt zu den „Querdenkern“ und ruft auf Veranstaltungen regelmäßig Polizisten zum Widerstand auf.
Es sind bayernweit nur wenige Akteure aus dem Umfeld der „Querdenken“-Bewegung, die das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet – Karl Hilz, Polizeihauptkommissar im Ruhestand, ist einer von ihnen. Dies bestätigte ein Behördensprecher dem Bayerischen Rundfunk.
Der bayerische Verfassungsschutz rechnet Hilz einem sogenannten „Sammel-Beobachtungsobjekt“ zu. Seit Mitte März beobachtet die Behörde Einzelpersonen aus dem Umfeld der Kritiker staatlicher Corona-Maßnahmen, bei denen sie „sicherheitsrelevante demokratiefeindliche Bestrebungen“ sieht, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der Sitzung des Innenausschusses am 17. März erklärte.
Der bayerische Verfassungsschutz begründet die Beobachtung auf BR-Nachfrage folgendermaßen: „Hilz versucht mit seinem Aktivismus eine systematische Störung der Funktionsfähigkeit des Staates herbeizuführen.“ Die Gefahr, die von der beobachteten Personengruppe ausgehe, bestehe in „politischer Agitation“, die „individuelle Radikalisierungsprozesse anstoßen beziehungsweise beschleunigen“ könne.
Polizist Hilz nennt Staat „totalitär“
Hilz betonte in der Vergangenheit offensiv seinen beruflichen Hintergrund als Polizeihauptkommissar. Er sprach auf Veranstaltungen unter anderem davon, dass „dieser Staat totalitär geführt“ werde, setzte das Infektionsschutzgesetz mit dem sogenannten „Ermächtigungsgesetz“ im Nationalsozialismus gleich, bezeichnete demokratisch gewählte Regierungen in Bund und Ländern als „nicht legitim“ und wähnte sich „mit dem Kriegsrecht belegt“. Gewählte Regierungsvertreter nannte er „Verbrecher“ und setzte sie unter anderem mit der Staatsführung der DDR gleich.
Hilz erklärte in seinen Reden immer wieder, friedlich zu sein. Auch dem Bayerischen Rundfunk sagt er, er sei „gegen jede Form von Gewalt“, wirke Radikalisierung entgegen und stehe für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein: „Ich tue nichts anderes, als die legitimen, demokratischen Spielregeln in unserem Staat aufzuzeigen“, so Hilz. Er bezeichnet die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation als totalitär und sieht seine Aufrufe zum Widerstand als legitim an.
Corona-Skeptiker in Reihen der Polizei
In den Sicherheitsbehörden sorgen einzelne Polizeibeamte, die sich für die „Querdenken“-Bewegung engagieren, seit Sommer 2020 für Unmut. In einigen Fällen suspendierten Polizeibehörden Beamte nach Auftritten bei entsprechenden Kundgebungen. Polizeibeamte hätten ein Recht auf freie Meinungsäußerung, wie das bayerische Innenministerium und Polizeibehörden betonen. Jedoch gelte für sie das Mäßigungsgebot. Als Beamte seien sie zu Zurückhaltung verpflichtet. Diese Regeln gelten auch für Hilz. Zwar befindet er sich im Ruhestand, ist jedoch weiterhin Beamter.
Auf BR-Anfrage schreibt das bayerische Innenministerium, man äußere sich nicht zu Einzelfällen. Eine Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz alleine hätte jedoch „keine Auswirkung auf den Beamtenstatus“. Vielmehr gelte es zu prüfen, ob ein „Verstoß gegen Dienstpflichten“ vorliege. Das gelte auch für Beamte im Ruhestand.
Für diese Prüfung ist das Polizeipräsidium München zuständig. Auch von dort heißt es auf BR-Anfrage, man gebe grundsätzlich keine Auskünfte zu Einzelfällen, erklärt jedoch: „Derzeit ist gegen den Ruhestandsbeamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das noch nicht abgeschlossen ist.“ Im Rahmen eines Disziplinarverfahrens könne einem Ruhestandsbeamten beispielsweise das Ruhestandsgehalt aberkannt werden. Zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz schreibt das Polizeipräsidium, diese Erkenntnis könne „dienstaufsichtlich zu würdigen sein“.
Gewerkschaft will „disziplinarrechtlichen Konsequenzen“
Der Sprecher der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern, Jürgen Köhnlein, sagt auf BR-Anfrage, Polizisten wie Karl Hilz erwiesen der gesamten Polizei „einen Bärendienst“. „Wir haben einen repräsentativen Beruf“, so Köhnlein, „wir müssen ganz fest auf der Grundlage der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen.“ Weiter sagt er: „Wer diesen Weg verlässt, der hat bei der Polizei nichts zu suchen.“
Köhnlein wünscht sich schnelle und juristisch tragfähige disziplinarrechtliche Konsequenzen, damit Hilz nicht mehr sagen könne, dass er pensionierter Polizeibeamter sei.