Besuch in Polen

„Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“, sagt Biden über Putin

26.03.2022
Lesedauer: 4 Minuten
Angesichts des Ukraine-Krieges und den Spannungen an der östlichen Nato-Grenze ist US-Präsident Joe Biden nach Polen gereist. Verfolgen Sie hier seine vom Weißen Haus als „historisch“ angekündigten Rede. Quelle: WELT

US-Präsident Joe Biden geht von einem langen Kampf zwischen Demokratie und Autokratie aus, der infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geführt werden muss. In einer Rede in Warschau betonte er, Wladimir Putin dürfe „nicht an der Macht bleiben“.

US-Präsident Joe Biden hat die Welt auf einen langen Konflikt zwischen Demokratie und Autokratie eingeschworen. Es gehe um eine „große Schlacht zwischen Demokratie und Autokratie, zwischen Freiheit und Unterdrückung, zwischen einer regelbasierten Ordnung und einer, die von brutaler Gewalt bestimmt wird“, sagte Biden am Samstagabend in einer Rede in Warschau. „Wir müssen dabei klar sehen: Diese Schlacht wird nicht in Tagen geschlagen werden oder in Monaten. Wir müssen uns für einen langen Kampf stählen.“

Man müsse erkennen, wie groß die Bedrohung sei, die von Russland ausgehe. Der Westen müsse bei seiner konsequenten Antwort bleiben. Nur auf diese Weise könne man Russland zu einer Kursänderung bewegen. „Wir zielen auf das Herz der russischen Wirtschaft ab“, sagte er über die Sanktionen gegen das Land. „Der Rubel ist nichts mehr wert im Verhältnis zum Dollar.“

Biden warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, über seine Absichten gelogen zu haben. Putin habe immer wieder betont, er wolle die Ukraine nicht angreifen. „Es kamen nur Lügen. Wie aus einem Automaten“, sagte Biden. Er betonte, dass die Verantwortung für den Krieg bei der Staatsführung liege: „Das russische Volk ist nicht unser Feind.“

Putin habe Russland ins 19. Jahrhundert zurückgestoßen. „Das ist nicht die Zukunft, die Russland verdient hat.“ Die Hoffnungen und Träume der Menschen auf der ganzen Welt seien bedroht. Der russische Präsident habe sich bei seinem Angriff verkalkuliert, die ukrainische Armee habe stärkeren Widerstand geleistet als erwartet. Die Nato und der Westen seien inzwischen „geeinter“ als je zuvor. Die Demokratie in der Welt erwache zu neuem Leben.

Weiter sagte Biden, Putin sollte nicht länger im Amt bleiben. „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“, so der US-Präsident, ohne den russischen Präsidenten an dieser Stelle explizit namentlich zu erwähnen. In seiner Rede nannte Biden Putin allerdings mehrfach namentlich, stellenweise bezeichnete er ihn auch schlicht als „Diktator“.

Biden hielt eine als historisch angekündigte Rede zum Abschluss seiner zweitägigen Polenreise. Bereits zuvor hatte er Polen die Bündnistreue der Nato zugesichert. „Wir betrachten Artikel 5 als eine heilige Verpflichtung, und darauf können Sie sich verlassen“, hatte Biden am Samstag bei einem Treffen mit Polens Präsident Andrzej Duda in Warschau gesagt. Er gehe davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin „damit gerechnet hat, die Nato spalten zu können, die Ostflanke vom Westen trennen zu können“, sagte Biden weiter. Dazu sei er aber nicht in der Lage gewesen.

Bei seinem Besuch in Polen hatte Biden dem Land auch für die Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine gedankt. „Wir erkennen an, dass Polen eine große Verantwortung übernimmt, die meiner Meinung nach nicht nur Polen betreffen sollte. Es sollte die Verantwortung der ganzen Welt, der ganzen Nato sein“, sagte der US-Präsident am Samstag. Die US-Regierung kündigte zuletzt an, bis zu 100.000 Ukrainer aufnehmen zu wollen. Knapp 2,27 Millionen Menschen aus der Ukraine sind bislang nach Polen eingereist.

Biden besuchte am Samstagnachmittag das Warschauer Nationalstadion, um sich einen Eindruck von dem Hilfseinsatz für Flüchtlinge zu verschaffen und selbst mit Ukrainern zu sprechen. Videos zeigten ihn im Gespräch mit Flüchtlingen. Dabei hielt er zum Beispiel ein Kind länger im Arm, einer Frau legte er tröstend seine Hände auf ihre Schultern. Er habe mit mehreren Kindern gesprochen, die ihn gebeten hätten, für ihre Väter, Großväter oder Brüder zu beten, die in der Ukraine kämpften, sagte Biden im Anschluss.

„Er ist ein Schlächter“, sagt Biden über Putin

Er habe hier „wundervolle Menschen“ getroffen, sagte Biden. Darunter seien auch zwei Flüchtlinge aus der umkämpften südostukrainischen Hefanstadt Mariupol gewesen. Als ihn ein Journalist daraufhin fragte, was er angesichts des Schicksals der Flüchtlinge von Putin halte, sagte Biden: „Er ist ein Schlächter.“ Biden hatte Putin zuvor bereits als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet.

Vor seinem Treffen mit Duda hatte sich Biden auch mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und Verteidigungsminister Olexij Resnikow beraten. Diese hatten sich in Warschau mit ihren jeweiligen US-Amtskollegen getroffen – Biden nahm etwa 40 Minuten an dem Treffen teil. Eine Teilnahme Bidens an Gesprächen auf Ministerebene ist ungewöhnlich und ließ darauf schließen, dass Biden damit eine Botschaft der Solidarität für die Ukraine senden wollte. Am Freitag war Biden ins südostpolnische Rzeszow gereist und hatte dort stationierte US-Truppen besucht. Die Stadt liegt nur rund 90 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.dpa/gub/wolf

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