Panzerfäuste, Aufklärungsdrohnen, Mörser: Die Ukraine will weitere Waffen in Deutschland kaufen. Die Liste umfasst rund 200 Rüstungsgüter im Wert von 300 Millionen Euro.
Umso länger der Krieg in der Ukraine dauert, umso größer wird der Bedarf des Landes an Waffen. Nach Haubitzen aus alten NVA-Beständen, von der Schulter abschießbaren Flugabwehrraketen und Panzerfäusten will die Ukraine jetzt weitere Rüstungsgüter aus Deutschland haben.
Die sollen aber nicht aus – teilweise alten – Bundeswehrbeständen kommen. Es geht um hochmoderne Systeme, die das Land direkt von den Waffenherstellern beziehen will.
Waffen und Gerät für rund 300 Millionen Euro
Der Bundesregierung liegt eine Liste mit Rüstungsgütern im Wert von etwa 300 Millionen Euro vor, die kurzfristig an die Ukraine geliefert werden könnten. Insgesamt rund 200 Produkte.
Genannt werden unter anderem 2.650 Panzerfäuste vom Typ RGW90 HH „Matador“ im Wert von etwa 13 Millionen Euro, 18 Aufklärungsdrohnen, Mörser, Maschinenkanonen, 3.000 Nachtsichtgeräte-Sätze, tausende Schutzwesten und Helme.
Die RGW90 HH „Matador“
Die RGW90 ist eine moderne Panzerabwehrwaffe, die von einem einzelnen Soldaten bedient und von der Schulter verschossen werden kann. Das Akronym „Matador“ erklärt dabei, was diese Art Waffen kann: Man-portable Anti-Tank, Anti-DOoR – eine von einer Person verwendbare Waffe, mit der Panzer bekämpft und (auch sehr stabile) Türen aufgesprengt werden können. Die Anspielung auf spanische Stierkämpfer ist dabei – leicht erkennbar – eher gewollt als zufällig entstanden.
Das Waffensystem wiegt knapp acht Kilogramm und ist damit eine der leichtesten Panzerabwehrwaffen in dieser Klasse, verfügt über einen Hohlladungsgefechtskopf und hat eine Reichweite von 500 Metern. Aus der gleichen Entwicklung stammt auch das bei der Bundeswehr eingeführte „Wirkmittel 90“. Das wiegt im Unterschied zum „Matador“ mit Feuerleitvisier elf Kilogramm, verfügt über einen programmierbaren Gefechtskopf, mit dem es gegen gepanzerte Fahrzeuge und Mauern eingesetzt werden kann. Der Hersteller Dynamit Nobel Defence gibt die maximale Reichweite des „Wirkmittel 90“ mit 1.200 Metern an.
Ob und wann die Ukraine diese Waffen in Deutschland kaufen kann, hängt vom Votum des Bundessicherheitsrates ab. Der müsste diesem Rüstungsgeschäft zustimmen. Das hatte das Gremium bei den Waffensystemen getan, die Deutschland bereits an die Ukraine geliefert hat. Ein Überblick:
Die „Panzerfaust 3“
Die „Panzerfaust 3“ ist eine Panzerabwehrwaffe aus deutscher Produktion, die Soldaten mit der jeweils passenden Munition gegen Panzer oder Bunker einsetzen können. Sie wiegt 13 Kilogramm und wird von der Schulter des Schützen abgefeuert.
Fahrende Ziele wie zum Beispiel Panzer können bis auf eine Entfernung von 300 Metern erfolgreich bekämpft werden. Stehende Ziele treffen die Panzerfaustschützen auch aus 400 Metern Distanz. Je nach Munition durchdringt das Geschoss der „Panzerfaust 3“ Panzerstahl bis zu einer Stärke von 70 Zentimetern oder Stahlbetonwände bis zu einer Dicke von 24 Zentimetern.
Quelle: dpa
Die ukrainische Armee soll nach ZDF-Informationen 2.000 weitere Panzerfäuste aus deutschen Beständen erhalten. Bislang waren 1.000 Stück aus deutschen Beständen und weitere 400 Panzerfäuste aus den Niederlanden geplant.
Die „Panzerfaust 3“ ist als Panzerabwehrwaffe für die Ukraine gut geeignet, weil für sie keine aufwändige Ausbildung nötig ist und weil die Soldaten sie auch aus geschlossenen Räumen heraus verschießen können. Damit ist sie eine wichtige Waffe, um in Städten gegen Panzer oder gepanzerte Transportfahrzeuge zu kämpfen.
122mm-Haubitze „D-30“
Die „D-30“ ist kein modernes Waffensystem: Entwickelt in der 2. Hälfte der 1950er Jahre in der Sowjetunion, gehörte die mittlere Feldhaubitze zur Artilleriebewaffnung der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Jedes Geschütz wiegt mit mehr als drei Tonnen ungefähr so viel wie ein voll beladener Kleintransporter.
Quelle: epa
Solche Haubitzen sind zum Beschuss von Panzern, Fahrzeugen oder Truppen auf größere Entfernung geeignet, denn sie haben eine Reichweite von ca. 15 Kilometern die mit spezieller Munition auf bis zu 22 Kilometer erweitert werden kann.
Obwohl die Haubitze „D-30“ kein modernes Präzisionsgeschütz ist, kann sie den Streitkräften der Ukraine gute Dienste leisten: Unkompliziert in der Handhabung und einfach von normalen Militärlastwagen zu ziehen, kann sie ohne großen Aufwand gegen heranrückende Kräfte eingesetzt werden.
Die „Fliegerfaust 2 Stinger“
Die Flugabwehrwaffe „Stinger“ ist eine US-amerikanische Entwicklung aus den 1980er Jahren, die seit 1992 auch bei der Bundeswehr eingesetzt wird. Die „Stinger“ kann von der Schulter von Soldaten verschossen oder auf Fahrzeugen oder an Hubschraubern montiert werden. Das System wiegt knapp 16 Kilogramm und die kleine Flugabwehrrakete, die es verschießt, hat eine Reichweite von bis zu sechs Kilometern.
Quelle: dpa
Die „Stinger“ ist eine sogenannte Fire-and-Forget-Waffe. Das bedeutet, dass sie ein Ziel, das sie einmal erfasst hat, selbstständig verfolgt. Der Schütze muss während der maximal 17 Sekunden dauernden Flugzeit nicht eingreifen. Die „Stinger“ ist eine effektive Waffe gegen Flugzeuge und Hubschrauber, die in Höhen bis zu 3.000 Metern fliegen.
Die Ukraine erhält 500 „Fliegerfaust 2 Stinger“ aus Beständen der Bundeswehr. Da die Ukraine über keine funktionierende Luftwaffe verfügt, sind Flugabwehrwaffen für die Verteidigung gegen angreifende Flugzeuge oder Hubscharuber für die Streitkräfte des Landes von besonderer Bedeutung.
Flugabwehrwaffe „Strela“
Die Flugabwehrwaffe „Strela“ (russisch „Pfeil“) ist ebenfalls eine Flugabwehrrakete, die von der Schulter eines Soldaten verschossen wird. Sie wurde Mitte der 1970er Jahre in der Sowjetunion entwickelt und kam im Zuge der Deutschen Einheit über die NVA in die Bestände der Bundeswehr.
Quelle: dpa
Der Flugkörper ist mit einem Infrarot-Suchkopf bestückt, der die Rakete auf die heißen Triebwerke eines Flugzeuges oder Hubschraubers lenkt. Soldaten können mit der „Strela“ Ziele bekämpfen, die bis zu 2.300 Meter hoch fliegen. Die größte horizontale Reichweite beträgt nach Angaben der Bundeswehr 4.200 Meter. Die Ukraine soll 2.700 Stück aus Deutschland erhalten.
Dieser Text wird ereignisbezogen aktualisiert.
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