Schweden und Finnland wollen möglichst rasch in die Nato – doch die Türkei blockiert als Mitgliedsland deren Beitritt bislang. Bei einem Besuch in Ankara erhöht Generalsekretär Stoltenberg nun den Druck.
Um der Nato beitreten zu dürfen, sind Schweden und Finnland auf die Zustimmung aller Mitglieder des Bündnisses angewiesen. Bislang stellt sich die Türkei quer, trotz zahlreicher Appelle. Nun hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg diesen Forderungen bei einem Besuch in der Türkei Nachdruck verliehen.
Er sei überzeugt, »dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, den Beitritt von Finnland und Schweden zu ratifizieren«, sagte Stoltenberg nach Gesprächen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu in Ankara. Beide Anträge könnten »jetzt« ratifiziert werden.
Die Frage, ob beide Länder zeitgleich in die Nato aufgenommen werden, ist heikel. Bis vor Kurzem galt ein getrennter Beitritt als Tabu, Stoltenberg signalisierte jedoch erneut Offenheit. Entscheidend sei nicht, dass die Ratifizierung der Beitritte zeitgleich geschehe, sondern »so schnell wie möglich«.
Çavuşoğlu bekräftigte dagegen den türkischen Widerstand gegen den schwedischen Beitrittsantrag: »Wir könnten Finnlands Nato-Mitgliedschaftsprozess getrennt von Schweden evaluieren«, sagte er. Die Position seines Landes in der Frage der Mitgliedschaften sei »von Beginn an klar und eindeutig« gewesen.
Çavuşoğlu sagte, es sei »nicht realistisch«, besonders über Schweden zu sagen, dass das Land die Bedingungen erfüllt habe. Die Türkei erwarte weiter konkrete Schritte.
Ankara blockiert seit Monaten die Bemühungen Schwedens um Aufnahme in die Nato. Die türkische Regierung fordert von Stockholm eine härtere Gangart gegen kurdische Aktivisten, die sie als »Terroristen« betrachtet. Der Konflikt spitzte sich zuletzt zu, nachdem im Januar während der Kundgebung eines islamfeindlichen Politikers nahe der türkischen Botschaft in Stockholm ein Koran verbrannt worden war .
»Ich verstehe und teile den Schmerz, weil ich die Verbrennung des heiligen Buches für eine beschämende Tat halte«
Nato-Generalsekretär Stoltenberg
Stoltenberg zeigte in Ankara Verständnis für die Empörung über die Koranverbrennung. »Ich verstehe und teile den Schmerz, weil ich die Verbrennung des heiligen Buches für eine beschämende Tat halte«, sagte der Nato-Generalsekretär. Nicht alle beschämenden, unmoralischen oder provokativen Taten seien illegal, aber es sei wichtig, eine klare Position dazu zu haben. Er begrüße es, dass die schwedische Regierung die Koranverbrennung verurteilt habe und dass es gelungen sei, weitere Demonstrationen mit Koranverbrennungen zu verhindern.
Kurz zuvor hatte es bereits Empörung gegeben, nachdem Aktivisten in der schwedischen Hauptstadt eine dem türkischen Präsidenten Erdoğan ähnelnde Puppe an den Füßen aufgehängt hatten.
muk/dpa/AFP