Im Materialkrieg in der Ukraine ist Aggressor Russland derzeit im Vorteil. Laut einem CNN-Bericht übertrifft Moskaus Produktion von Artilleriegranaten die des Westens deutlich. Russland habe „alles, was es hat, ins Spiel gebracht“, sagt ein NATO-Vertreter dem Sender.
Russland produziert einem Medienbericht zufolge etwa dreimal mehr Artilleriegeschosse als die USA und Europa zusammen. Wie der Sender CNN unter Berufung auf vertrauliche Schätzungen der NATO meldet, produziert die russische Rüstungsindustrie ungefähr 250.000 Granaten pro Monat, etwa drei Millionen pro Jahr. Demnach sind die USA und Europa nur in der Lage, jährlich etwa 1,2 Millionen Artilleriegeschosse zu produzieren und an die Ukraine zu liefern.
Russland feuert laut dem Bericht derzeit etwa 10.000 Granaten pro Tag ab, die Ukraine hingegen nur 2000. An einigen Stellen entlang Front sei das Verhältnis für die Ukrainer sogar noch ungünstiger. „Wir befinden uns jetzt in einem Produktionskrieg“, sagte ein hochrangiger NATO-Vertreter gegenüber CNN. „Das Schicksal der Ukraine hängt davon ab, wie beide Seiten ausgerüstet sind, um diesen Krieg zu führen.“ Das wichtigste Thema derzeit sei die Munition.
„Kriegsmaschinerie läuft auf Hochtouren“
„Es sind die Artilleriegranaten, denn hier hat Russland einen erheblichen Produktionsvorteil und einen erheblichen Vorteil auf dem Schlachtfeld“, so der NATO-Vertreter weiter. Seinen Angaben zufolge betreibe Russland Artilleriefabriken „rund um die Uhr“ in rotierenden 12-Stunden-Schichten. Zudem habe der Iran im vergangenen Jahr mindestens 300.000 Artilleriegranaten geliefert und auch aus Nordkorea habe Moskau mindestens 6700 Munitionscontainer mit Millionen Granaten erhalten. Russland habe „alles, was es hat, ins Spiel gebracht“, so der NATO-Offizielle. „Ihre Kriegsmaschinerie läuft auf Hochtouren“.
Wie CNN schreibt, reiche Russlands Aufrüstung aber noch immer nicht aus, um den Bedarf an der Front zu decken. Und auch Moskaus Produktionskapazitäten würden an ihre Grenzen stoßen. Demnach gehen westliche Beamte davon aus, dass die russischen Fabriken wahrscheinlich irgendwann im kommenden Jahr ihren Produktionshöhepunkt erreichen.
„Der Westen fängt gerade erst an“
Russlands schnelles Hochfahren der Munitionsproduktion hänge laut Experten wahrscheinlich auch mit dem autokratischen System im Land zusammen. Allerdings sei nach ihrer Sicht der Westen in der Lage, diesen Vorsprung aufzuholen und am Ende auch Ausrüstung von höherer Qualität zu produzieren. „Wenn man die Wirtschaft tatsächlich kontrollieren kann, kann man wahrscheinlich etwas schneller vorankommen als andere Länder da draußen“, sagte US-Generalleutnant Steven Basham mit Blick auf Russland gegenüber CNN. Aber der Westen werde „mehr Durchhaltevermögen“ haben. „Der Westen fängt gerade erst an, die Infrastruktur aufzubauen, um die benötigte Munitionskapazität hinzuzufügen“, so Basham.
Westliche Geheimdienstler glauben CNN zufolge nicht, dass Russland oder die Ukraine in nächster Zeit größere Gebietsgewinne erzielen werden. Ohne ein Aufstocken der Munitionslieferungen an Kiew würde sich das Kräftemessen aber langfristig zugunsten Moskaus verschieben. „Es läuft nicht gut, aber es kommt darauf an“, sagte eine der Quellen mit Blick auf die blockierten Hilfen Washingtons durch die US-Republikaner. „Wenn die Hilfe wieder anläuft und schnell kommt, ist noch nicht alles verloren“.
Quelle: ntv.de, jpe