Trotz des Verbots von „Querdenker“-Versammlungen ist die Polizei in Dresden und Stuttgart im Einsatz. Personengruppen werden kontrolliert und des Platzes verwiesen – in Stuttgart wurden laut Polizei mehrere nicht genehmigte Aufzüge gestoppt.
Mit einem Großaufgebot hat die Polizei am Samstag in Dresden das Verbot einer geplanten Demonstration der „Querdenken“-Bewegung durchgesetzt. Die Einsatzkräfte der Dresdner Polizei wurden dabei von der sächsischen Bereitschaftspolizei, Einsatzkräften aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt sowie der Bundespolizei unterstützt.
Wie die sächsische Polizei im Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte, wurden dabei immer wieder Personengruppen kontrolliert und teilweise des Platzes verwiesen. Hubschrauber und Wasserwerfer waren vor Ort.
So seien etwa 50 Personen an der Augustusbrücke im Stadtzentrum aufgehalten und von der Polizei auf die Einhaltung der geltenden Corona-Regeln angesprochen worden. Auch auf der Brühlschen Terrasse wurden Identitäten festgestellt, Platzverweise ausgesprochen und durchgesetzt, hieß es.
Auch am Bahnhof wurde kontrolliert, wie die Polizei auf Twitter berichtete: „Eine Gruppierung die wir der „Querdenker“-Szene zuordnen, die aus #Leipzig mit dem Zug anreiste, wurde jetzt von Einsatzkräften angesprochen. Sie werden noch im Hauptbahnhof #Dresden kontrolliert.“
Die Polizeidirektion #Dresden bereitet sich am Wochenende auf verschiedene Einsatzszenarien in der Stadt vor.
— Polizei Sachsen (@PolizeiSachsen) April 15, 2021
Hier die erste Polizeimeldung zum geplanten Einsatz: https://t.co/yizq637Y21#dd1704 pic.twitter.com/B4stjyPCpn
In der Nacht zum Samstag hatte das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen in einem Eilverfahren das Verbot der „Querdenken“-Veranstaltungen bestätigt. (SächsOVG, Beschl. v. 16. April 2021 – 6 B 186/21 -). Demnach ginge von den Versammlungen in infektionsschutzrechtlicher Hinsicht „eine konkrete und erhebliche Gefahr“ aus.
Eine weitere Gruppe, die am #Hauptbahnhof #Dresden anreiste, um an Versammlungen teilzunehmen, wird durch @bpol_bepo kontrolliert und auf der Rückreise begleitet. #dd1704 pic.twitter.com/xRfDvFGitG
— Bundespolizei Mitteldeutschland (@bpol_pir) April 17, 2021
Im März war in Dresden eine „Querdenken“-Demonstration zum Teil aus dem Ruder gelaufen. Mehrere Polizisten wurden verletzt.
Polizei in Stuttgart mit Drohnen und Reitern im Einsatz
In Stuttgart haben sich zahlreiche „Querdenker“ und weitere Gegner der Corona-Politik trotz Demo-Verboten versammelt. In der Innenstadt skandierten sie Parolen, trugen Trommeln und Fahnen, viele dafür aber keine Masken. Auch Abstände wurden nicht eingehalten. Die Polizei stoppte nach eigenen Angaben mehrere spontane, nicht genehmigte Aufzüge und Gruppenbildungen, nahm Personalien der Teilnehmer auf und erteilte Platzverweise.
Zwei geplante Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen hatte die Stadt verboten und dafür Rückendeckung von den Gerichten erhalten. Noch am Samstagvormittag hatte das Bundesverfassungsgericht zwei gegen die Verbote gerichtete Eilanträge der Organisatoren abgewiesen. Trotzdem hatte „Querdenken“ noch im Verlauf des Tages dazu aufgerufen, in die Stuttgarter Innenstadt zu kommen. Die Polizei war, auch wegen mehrerer angemeldeter Gegendemonstrationen, mit einem Großaufgebot im Einsatz.
Mit dem Verbot wollte die Stadt vor allem verhindern, dass sich noch einmal Szenen wie am Karsamstag abspielen, als bei einer Demonstration der „Querdenker“-Bewegung bis zu 15.000 Teilnehmer ohne Mund-Nasen-Schutz und ohne Abstand unterwegs waren. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hatte am Samstagvormittag seinen Appell erneuert, den Demonstrationen fernzubleiben, die von einer Initiative mit dem Namen „Es reicht uns“ und der Gruppe „Querdenken 7171“ angemeldet worden waren. Eine noch kurzfristig angemeldete Versammlung von Gegnern der Corona-Maßnahmen hatte die Stadt laut Polizei ebenfalls verboten.
Neben angemeldeten Kundgebungen, haben sich im Stadtgebiet Personen, die der Querdenker-Bewegung zuzuordnen sind, eingefunden. Bisherige Bilanz: 200 Maskenverstöße; 14 Personen erhielten einen Platzverweis und wurden angezeigt. Zur Pressemeldung ▶ https://t.co/GjZdbKrgqz #s1704
— Polizei Stuttgart (@PP_Stuttgart) April 17, 2021
Nopper hatte unter anderem argumentiert, angesichts der steigenden Infektionszahlen bedrohten die Proteste Leib und Leben der Demonstranten und weiterer Menschen. Auflagen allein reichten zudem wohl nicht aus, um das Risiko zu reduzieren.
Die Anmelder hatten eingewandt, von den Versammlungen gehe keine unmittelbare und erhebliche Gefahr aus. Die Stadt könne sich auch nicht auf die Sieben-Tage-Inzidenz berufen, da diese kein tauglicher Parameter sei, um die Gefahren einzuschätzen.
Die Polizei zeigte unter anderem auch mit Reitern, Drohnen und Wasserwerfern Präsenz. Einsatzkräfte waren über die gesamte City verteilt. Über der Stadt schwebte ein Hubschrauber. Am Marienplatz, wo eine größere Gegendemonstration stattfand, sprach sie nach Angaben des Sprechers etliche Platzverweise gegen Anhänger der „Querdenker“ aus, denen die Versammlung dort verboten worden war.
Zudem habe es diverse Anzeigen wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht gegeben, hieß es. Auch setzte die Polizei nach eigenen Angaben einen Kleinlaster fest, der trotz des Verbots Demo-Ausrüstung anliefern wollte. Gegen zwei Personen, die trotz Verbots eine Versammlung hätten abhalten wollen, seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.
Auf der Hirschstraße hat sich ein nicht genehmigter Aufzug mutmaßlicher Querdenker formiert, der von uns gestoppt wurde. Wir haben die Personen per Lautsprecher über das Verbot aufgeklärt und stellen nun Personalien fest. #s1704
— Polizei Stuttgart (@PP_Stuttgart) April 17, 2021
Nach Angaben eines Sprechers griff die Polizei zudem mehrfach ein, um Gegendemonstranten davon abzuhalten, sich auf „Querdenker“-Gruppen zuzubewegen.
Am Freitagabend war die Polizei nach eigenen Angaben bei einer Versammlung unter dem Motto „Gegen Ausgangssperren – Für echte Pandemiebekämpfung statt Symbolpolitik“ eingeschritten, nachdem sich dort ein nicht erlaubter Demo-Zug in Bewegung gesetzt hatte. Einzelne Menschen hätten sich „unfriedlich“ verhalten, als die überwiegend der linken Szene zuzuordnenden Teilnehmer gestoppt werden sollten, hieß es.
Laut Polizei setzten die Beamten Pfefferspray ein, später hätten Einsatzkräfte eine 50-köpfige Gruppe gestoppt, Personalien festgestellt und Spraydosen und Pyrotechnik sichergestellt. Bei dem Versuch, eine Polizeikette zu durchbrechen, sei ein Demo-Teilnehmer gestürzt und habe sich eine Platzwunde zugezogen.
Die Veranstalter warfen der Polizei vor, grundlos und übertrieben hart gegen die Demo vorgegangen zu sein, und sprachen von mehreren Verletzten. Ein Sprecher der Stadt betonte, es sei zwar eine Kundgebung angemeldet gewesen, nicht aber ein Aufzug. Diesen habe die Polizei aufgelöst, weil sich kein Leiter zu erkennen gegeben habe und Pyrotechnik gezündet worden sei.
Illegale Versammlung in Kempten aufgelöst
Nach dem Demo-Verbot in Kempten haben Gegner der Corona-Politik am Samstag versucht, dennoch eine Versammlung in der Innenstadt des Ortes im Allgäu abzuhalten. Mehrere Hundert Menschen hatten sich nach Angaben eines Polizeisprechers auf einem Platz eingefunden, der ursprünglich einer der Demo-Orte sein sollte. Die illegale Versammlung sei aufgelöst worden, erläuterte der Sprecher. Die Polizei räumte demnach den Platz.
Weil an gleicher Stelle ein Wochenmarkt stattgefunden habe, sei mit der Räumung nach Ende des Marktes begonnen worden. Die Polizei brachte mehrere Verstöße gegen die Corona-Auflagen zur Anzeige – unter anderem wegen fehlender Mund-Nase-Masken sowie falscher Atteste.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hatte am Freitagabend das Verbot der Stadt Kempten von zwei „Querdenker“-Demonstrationen bestätigt. Auch eine Demo aus der linken Szene wurde untersagt.
Das Verwaltungsgericht in Augsburg hatte zuvor 200 Teilnehmer statt der von den „Querdenkern“ angemeldeten 8000 genehmigt. Dagegen war die Stadt Kempten erneut vorgegangen, sodass der BayVGH entscheiden musste.
In München gab es am Samstag mehrere erlaubte Demos gegen die Corona-Maßnahmen, darunter einen Auto-Korso im Innenstadtbereich. Die Polizei meldete zunächst keine Probleme.
Gegner der Corona-Regeln in Wiesbaden gestoppt
Die Polizei in Wiesbaden stoppte mehrere Hundert Menschen aus dem Umfeld einer „Querdenken“-Demonstration auf dem Weg in die Innenstadt. Wie ein Sprecher der Polizei sagte, hätten die Demonstranten damit am Samstagnachmittag gegen geltende Auflagen verstoßen. Daher hätten die Einsatzkräfte die Teilnehmer auf dem Kaiser-Friedrich-Ring kontrolliert und unter anderem Personalien aufgenommen.
Zuvor waren mehrere Kundgebungen in der Landeshauptstadt abgehalten worden, die sich gegen die Corona-Regeln von Bund und Ländern richteten. Daran seien mehrere Hundert Personen beteiligt gewesen, wie es von der Polizei hieß. Auch Gegendemonstranten seien nach Wiesbaden gekommen. Wie der Polizeisprecher weiterhin sagte, war die Demonstration der „Querdenker“ vom Veranstalter zwar am Nachmittag beendet worden, doch hätten sich etwa 300 Menschen von den Reisinger-Anlagen aus auf den Weg in die Innenstadt gemacht. Daraufhin habe die Polizei eingreifen müssen. Die Atmosphäre sei indes zunächst friedlich geblieben, hieß es.
Einen Demonstrationszug zum Landtag hatte die Stadt den Gegnern der Corona-Vorgaben zuvor verboten. Im Vorfeld hatte die Stadt Wiesbaden in Absprache mit der Polizei eine Höchstteilnehmerzahl von insgesamt 2000 Teilnehmern für das gesamte Wiesbadener Stadtgebiet per Allgemeinverfügung erlassen. Außerdem waren alle Aufzüge im Innenstadtgebiet untersagt.
epd/wolf/dpa