Mit militärischen Sprachbildern greift Ungarns Premier die Europäische Union an. Die Russland-Sanktionen, die er selbst mitbeschlossen hat, bezeichnet Orban als Angriff auf sein Land. Eigentlich geht es in seiner Rede zum Nationalfeiertag allerdings um Stalins blutige Herrschaft im Jahr 1956.
Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident Viktor Orban hat die EU beschuldigt, mit den Russland-Sanktionen auf hinterhältige Weise gegen Ungarn zu „schießen“. Er prophezeite der Europäischen Union am Nachmittag bei einer Rede in der Stadt Zalaegerszeg anlässlich des Feiertags zum Gedenken an den Aufstand in Ungarn 1956 ein ähnliches Schicksal wie dem Ostblock, dessen Zerfall 1989 begann. „Wir sollten uns nicht um diejenigen kümmern, die irgendwo im Schatten von den Wachtürmen in Brüssel auf Ungarn schießen“, sagte Orban. „Sie werden dort enden, wo ihre Vorgänger geendet haben.“
Orban steht mit der EU im Konflikt wegen des Abbaus des Rechtsstaats in Ungarn. Unter anderem droht Ungarn der Entzug von Corona-Hilfen in Milliardenhöhe. Orban äußerte sich aus Anlass des Feiertags am 23. Oktober, an dem Ungarn an den antistalinistischen Aufstand von 1956 erinnert, der von Moskau blutig niedergeschlagen wurde. Der Westen habe sein Land gegen den Stalinismus im Stich gelassen. Daraus habe Ungarn gelernt, dass es sich stets selbst verteidigen müsse, sagte Orban weiter. „Wir halten durch, wenn es notwendig ist, und schlagen zurück, wenn es möglich ist“, sagte er.
„Brüsseler Sanktionen ruinieren uns“
In Budapest und anderen Teilen des Landes wurden Plakate mit dem Schriftzug „Die Brüsseler Sanktionen ruinieren uns“ aufgehängt. Die Regierung Orban hatte Mitte Oktober eine „nationale Konsultation“ zu den EU-Sanktionen gegen Russland gestartet, die vor allem auch die Energieimporte aus Russland betreffen. Orban kritisiert immer wieder die wegen Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine verhängten EU-Sanktionen, auch wenn er ihnen bei den Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs zugestimmt hat. Ungarn ist stark abhängig von russischem Öl und Gas. Die Regierung in Budapest achtete seit dem Beginn des Krieges darauf, gute Beziehungen zum Kreml aufrechtzuerhalten. Auch lehnte sie es ab, Militärhilfe für die Ukraine zu leisten.
Anders als in den vergangenen Jahren versammelten sich Orbans Anhänger in diesem Jahr am 23. Oktober nicht in Budapest. In der ungarischen Hauptstadt sollte eine Großkundgebung aus Protest gegen die schlechte Bezahlung der Lehrer stattfinden. Stattdessen redete Orban im westungarischen Zalaegerszeg, wo es einen Gedenkort im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen die Stalinisten gibt. Die Veranstaltung vor geladenen Gästen fand an einem streng von der Polizei abgeriegelten Ort statt. Anwohner durften ihre Wohnungen von Samstag bis Sonntagabend nur nach Vorweisen ihrer Personalausweise verlassen.
Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa