"Die Partei" plakatiert in Wolfratshausen, Tölz und Miesbach

„Nazis töten“: Wahlplakat sorgt für Aufregung – das sagt die Staatsanwaltschaft

27.08.2021
Lesedauer: 3 Minuten
Auslöser einer kontroversen Diskussion: Wahlplakate, die die Satire-Partei „Die Partei“ in der Stadt Wolfratshausen, in Bad Tölz und Miesbach aufgehängt hat. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Ein Wahlplakat der Partei „Die Partei“ hat in Wolfratshausen eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Handelt es sich bei dem Slogan um einen Tötungsaufruf?

Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach – Zum Repertoire der 2004 in Frankfurt gegründeten Partei „Die Partei“, die sich selbst als satirische Spaßpartei deklariert und nach eigenen Angaben gut 56 000 Mitglieder zählt, gehört die gezielte Provokation. Jüngstes Beispiel: Wahlplakate mit dem Slogan „Nazis töten“, die in der Stadt Wolfratshausen sowie in der Stadt Bad Tölz und in Miesbach aufgehängt worden sind. Die Plakate haben eine kontroverse Diskussion in sozialen Netzwerken ausgelöst. Die Kernfrage: Stellen die zwei Worte einen Tötungsaufruf dar?

Wahlplakat von „Die Partei“ sorgt für Aufregung: Wahlleiterin verweist auf Strafverfolgungsbehörde

Ob die Wahlplakate strafrechtlich relevant sind, kann die Leitende Regierungsdirektorin Sabine Preisinger, im Landratsamt in Bad Tölz als Wahlleiterin verantwortlich für den einwandfreien Ablauf der Bundestagswahl im Wahlkreis 223 (Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach) nicht sagen. Grundsätzlich seien die Parteien selbst für die Inhalte ihrer Wahlwerbung verantwortlich. Bestehe der Verdacht, dass eine rote Linie überschritten ist, sei es Sache der Strafverfolgungsbehörden, sprich der Polizei sowie der Staatsanwaltschaft, dies zu überprüfen.

„Die Aussage entbehrt zwar nicht einer gewissen Zweideutigkeit, allerdings liegt unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs eine Deutung im Sinne einer straflosen Handlung nahe.“

Staatsanwaltschaft Deggendorf nach der rechtlichen Würdigung der Wahlplakate

Auf Nachfrage unserer Zeitung verweist Erster Hauptkommissar Andreas Czerweny, Leiter der Polizeiinspektion Wolfratshausen, auf eine aktuelle Entscheidung der Staatsanwaltschaft Deggendorf. Auch in Niederbayern hatte „Die Partei“ vor wenigen Tagen besagte Plakate aufgehängt – von einem Ermittlungsverfahren sah die Staatsanwaltschaft nach eingehender Prüfung der Aktion ab. Der Grund: „Eine Aufforderung zur Tötung von Nazis kann nicht festgestellt werden.“ Die Aussage „Nazis töten“ entbehrt laut Anklagevertretung zwar nicht „einer gewissen Zweideutigkeit“ – doch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs liege „eine Deutung im Sinne einer straflosen Äußerung nahe“.

Die Staatsanwaltschaft kommt zu dem Schluss, dass die Aussage „als Meinungsäußerung“ laut Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes gedeckt ist. Zugute gehalten wird „Der Partei“ in diesem Kontext zudem, „dass die Vereinigung in der Öffentlichkeit unter anderem als Satire-Partei wahrgenommen wird“. Ganz wichtig: Der Slogan „Nazis töten“ endet mit einem Punkt „und nicht wie andere Plakatbotschaften der Vereinigung mit einem eine Aufforderung ausdrückenden Ausrufezeichen“, betont die Staatsanwaltschaft nach der sogenannten rechtlichen Würdigung. „Im Vordergrund steht die Kritik an Personen, die nationalsozialistisches Gedankengut vertreten, deren Handeln überspitzt beurteilt wird.“

„Nazis töten.“: Feststellung ist laut „Die Partei“ unstrittig

Auch eine Beleidigung gemäß Paragraf 185 Strafgesetzbuch liegt laut Strafverfolgungsbehörde nicht vor. Das Recht auf Meinungsfreiheit sei für die freiheitlich-demokratische Ordnung „schlechthin konstituierend“ – und falle ergo höher ins Gewicht.

„Die Partei“ selbst, deren prominentestes Mitglied der ehemalige Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“ und heutige Europaparlamentarier Martin Sonneborn ist, antwortet mit denselben Argumenten auf Kritik an ihrer provokanten Wahlwerbung. „Nazis töten“ sei kein Mordaufruf, sondern eine Feststellung. Es sei unstrittig, dass Nazis im sogenannten Dritten Reich Millionen Menschen ermordet hätten und auch Neonazis Tötungsdelikte verübten – das belege nicht zuletzt die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 1. Juni 2019 durch den Rechtsextremisten Stephan Ernst.

Der Waakirchner Florian Merkl, Direktkandidat „Der Partei“ im Wahlkreis 223, reagierte bislang nicht auf eine schriftliche Anfrage unserer Redaktion. (cce)

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