Die Militärhilfe für die Ukraine soll Aufgabe der Nato werden – aus Sorge vor einem Wahlsieg Donald Trumps. Der Schritt könnte Russland verärgern.
Brüssel – Die Nato will in Zukunft offenbar die Koordinierung der Waffenlieferungen an die Ukraine in die eigene Hand nehmen. Möglicherweise, um die Hilfe von Kurswechseln in der US-amerikanischen Politik weniger abhängig zu machen – es wäre ein Kurswechsel historischen Ausmaßes.
Konkret heißt das: Die Nato will angeblich die Militärhilfen des Ramstein-Formats zukünftig zu ihrer eigenen Aufgabe machen. Das berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf westliche Regierungsverstreter und Diplomaten. Ein Grund dafür sei die Sorge vor einer möglichen Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus.
Angst vor Trump treibt die Nato um – er könnte das Bündnis zum Einsturz bringen
Bisher wird die militärische Unterstützung der Ukraine von der US-amerikanischen „Ramstein Air Base“ in Rheinland-Pfalz aus koordiniert. Vertreter von 50 Staaten treffen sich dort regelmäßig, um über die Hilfslieferungen zu beraten. Es gab jedoch auch schon Zusammenkünfte an anderen Orten, etwa im Vorfeld des NATO-Verteidigungsministertreffens in Brüssel oder virtuell per Videokonferenz.
Damit könnte jedoch Schluss sein, sollte Donald Trump siegreich aus den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 hervorgehen. Die republikanische Partei blockiert im Kongress schon jetzt neue Militärhilfen für die Ukraine – mit Donald Trump als Präsident könnten diese vollständig zum Erliegen kommen. Zudem besteht die Befürchtung, dass Trump bei einem Wahlsieg die US-Beteiligung an der Nato stark einschränken könnte. Bereits bei seiner letzten Amtszeit hatte er das, seiner Meinung nach „obsolete“, Bündnis fast zum Einsturz gebracht.
Hilfen für die Ukraine von der Nato – doch keine souveränen Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten?
Bislang hatte die Nato bisher stets betont, dass es sich den Hilfen für die Ukraine um souveräne Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten handele – wohl auch um Russland nicht zu erzürnen. Dennoch könnte sich der Schritt als sinnvoll erweisen.
Zudem hat sich die Einschätzung der Nato bezüglich der russischen Sichtweise auf die Militärhilfen für die Ukraine inzwischen geändert. Aus russischer Perspektive stehe ohnehin fest, dass die Allianz in den Konflikt involviert ist – schließlich liefern fast alle Nato-Länder inzwischen Waffen zur Verteidigung im Ukraine-Krieg. Daher hält man es laut Handelsblatt inzwischen für ratsam, das Ramstein-Format in die Nato-Strukturen zu integrieren, um sich auf den möglichen Machtwechsel in Washington vorzubereiten.
Bevor das Vorhaben umgesetzt werden kann, muss die Nato aber noch über den von US-Sicherheitsberater Jake Sullivan und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ausgearbeiteten Schritt beraten. Nach Informationen der Zeitung soll das in wenigen Tagen geschehen.
Nato-Generalsekretär Stoltenberg ist überzeugt – Bundesregierung zeigt sich skeptisch
Stoltenberg sei von der Maßnahme überzeugt und treibe diese intern seit längerem voran, auch wenn er nach außen hin versuche, die Sorge vor Trumps Rückkehr herunterzuspielen, hieß es weiter. „Ich glaube, dass die Vereinigten Staaten unabhängig vom Ausgang der Wahlen weiterhin ein fester Nato-Verbündeter sein werden, weil dies im Interesse der USA liegt“, sagte Stoltenberg kürzlich dem US-Sender CNN.
Die Bundesregierung stehe dem Schritt jedoch skeptisch gegenüber, berichtete das Handelsblatt. Es bestehe die Angst, mit einem solchen Vorhaben das Narrativ des Kremls zu bedienen, die Nato führe Krieg gegen Russland. Außerdem habe es aus Berlin geheißen, man könne im Ramstein-Format diejenigen Staaten besser einbinden, die keine Nato-Mitglieder sind. (tpn)