Die Ära von Benjamin Netanjahu (71) ist vorerst zu Ende, Israel hat einen neuen Premierminister: Naftali Bennett (49)!
Am Sonntagabend stimmte eine knappe Mehrheit der Abgeordneten im israelischen Parlament für die neue Regierung unter der Führung von Bennett. 60 von 120 Knesset-Mitgliedern votierten für das Acht-Parteien-Bündnis aus rechten, linken, liberalen und einer muslimisch-konservativen Partei, 59 dagegen.
Kurz darauf wurde der frühere Elite-Soldat und Startup-Unternehmer Bennett als neuer Premierminister des jüdischen Staates vereidigt.
Erstmals seit der Gründung Israels im Jahr 1948 ist nun auch eine arabisch-muslimische Partei an der Regierungskoalition beteiligt. Die von Mansour Abbas abgeführte Raam-Partei unterzeichnete den Koalitionsvertrag und brachte dem Bündnis die entscheidenden Stimmen.
Die Abstimmung besiegelte auch das vorläufige Ende der Amtszeit des dienstältesten israelischen Regierungschefs Netanjahu, der das Land seit 2009 in wechselnden Koalitionen regierte. Die ersten zwei Jahre soll der rechtskonservative Bennett die Regierung anführen, dann übernimmt der liberale Yair Lapid (57).
Diese beiden Männer schmiedeten das Bündnis aus acht Parteien, das sich gegen Netanjahu durchsetzte. Eine politische Operation, der von zwei Männern angeführt wurde, die persönlich und politisch fast nichts verbindet – und die in Israel dennoch gemeinsam Geschichte schreiben konnten.
Naftali Bennet ist Chef der rechts-konservativen „Yamina“-Partei, religiöser Jude, vierfacher Vater, Einwanderer-Kind (Eltern aus den USA), Selfmade-Millionär (verkaufte mehrere Startups), Gegner einer Zwei-Staaten-Lösung und ehemaliger Elite-Soldat in der Spezialeinheit „Sayeret Matkal“, die für hochriskante Operationen hinter feindlichen Linien eingesetzt wird.
2006 bis 2008 war Bennett Büroleiter des damaligen Oppositionsführers Netanjahu, verhalf ihm 2009 zum Wahlsieg und diente unter ihm als Verteidigungs- und Bildungsminister. Als Bennett zu populär wurde, ließ Netanjahu ihn fallen. Nun dürfte sich das bitter rächen.


Yair Lapid ist Chef der links-liberalen „Yesh Atid“-Partei, Sohn des früheren Justizministers Josef Lapid, Befürworter einer Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern und in militärischen Dingen wenig erfahren. Seinen Militärdienst verrichtete Lapid größtenteils bei der Armee-Zeitung. Später machte Lapid, der wegen seines Aussehens als „israelischer George Clooney“ bezeichnet wird, als Journalist, Schriftsteller (Thriller und Kinderbücher) und Schauspieler Karriere.
2012 wechselte Lapid in die Politik, gründete eine Partei und wurde 2013 Finanzminister unter Netanjahu. Eine Partnerschaft, die bereits 2014 in die Brüche ging und seither zu einer erbitterten politischen Feindschaft wurde.
Seit Jahren arbeitet Lapid an seinem Ziel, Netanjahu aus dem Amt zu treiben und selbst Premierminister zu werden. Ganz gleich, wie lang der Umweg ist. Denn: Obwohl Lapids „Yesh Atid“-Partei mit 14% die mit Abstand stärkste politische Kraft der Anti-Netanjahu-Koalition stellt, überlässt Lapid zunächst Bennett den Vortritt.
Netanjahu hatte bereits vor der Abstimmung angekündigt, nicht aus Aufgeben zu denken. Er werde als „starke und klare Stimme“ der Opposition auftreten und versuchen, wieder schnellstmöglich ins Amt des Premierministers zurückzukehren.