Die Polizei in Köln meldet 20 Tote durch die Überflutungen, im Landkreis Ahrweiler ist die Zahl der Opfer auf 28 gestiegen. Bis zu 70 Menschen werden noch in eingestürzten oder beschädigten Häusern vermisst.
Im Westen Deutschlands sind nach Dauerregen und Überflutungen mindestens 59 Menschen ums Leben gekommen. Im Raum Köln starben nach Polizeiangaben 20 Menschen, 15 davon in Euskirchen. 28 Menschen starben nach ersten Erkenntnissen im Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz, darunter neun Bewohner einer Sozialeinrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Die Fluten seien schneller gekommen, als die Menschen hätten in Sicherheit gebracht werden können.
Polizei und Behörden hatten die Zahl der Toten im Tagesverlauf immer weiter nach oben korrigiert, zuletzt am späten Donnerstagabend. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) fügte hinzu, dass noch 50 bis 70 Menschen in der Katastrophenregion Ahrweiler vermisst würden. Unklar sei zurzeit, ob es sich dabei um Menschen handle, die vielleicht in Urlaub seien, oder ob sie im Unwetter bei Bekannten untergekommen oder in einer schwierigen Situation seien.
Aus Nordrhein-Westfalen wurden ohne nähere Angabe vier weitere Todesfälle gemeldet.
Bei einem Besuch im Katastrophengebiet im Landkreis Ahrweiler hat sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) besorgt über das Schicksal der 50 bis 70 noch vermissten Menschen gezeigt. „Wir beten dafür, dass diese Menschen auch gefunden werden und zwar möglichst unverletzt.“
Immer noch gebe es Menschen, die auf Bäumen oder Dächern sitzend ausharrten, sagte die Regierungschefin. Bei der Fahrt nach Bad Neuenahr-Ahrweiler habe sie in einem unter Wasser stehenden Wohngebiet die Rettung eines Mannes durch die freiwillige Feuerwehr miterlebt, der sich gestern Abend über das Gerüst eines Rohbaus in Sicherheit gebracht habe.
Besonders betroffen ist der Ort Schuld bei Adenau. Dort stürzten in der Nacht sechs Häuser ein. Im Landkreis Ahrweiler wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Nach Angaben der Polizei waren mehrere Orte wegen Hochwassers von der Außenwelt abgeschnitten. Menschen seien auf die Dächer ihrer Häuser geflüchtet und warteten dort auf die Rettungskräfte.
Landrat Jürgen Pföhler rief die Menschen auf, möglichst zu Hause bleiben und „sich gegebenenfalls in höher gelegene Stockwerke“ zu begeben. „Die Lage ist sehr ernst“, sagte er. Es bestehe Lebensgefahr. Auf dem Campingplatz „Stahlhütte“ in Dorsel und weiteren Anlagen entlang der Ahr mussten Personen von den Dächern ihrer Campingwagen gerettet werden.




Quelle: dpa/Christoph Reichwein
Im Eifel-Kreis Bitburg-Prüm sind wegen der Hochwasserlage mehrere Menschen in ihren Häusern von den Wassermassen eingeschlossen worden – Meldungen über Tote, Verletzte oder Vermisste gibt es jedoch bislang nicht. Ein Kreissprecher berichtete auch von mindestens einem eingestürzten Haus.
Die Polizei hat für Angehörige, die Menschen vermissen, eine Hotline unter der Nummer 0800-6565651 eingerichtet. Die Nummer 110 bittet sie nur in Notfällen anzurufen.
Hochwasser in Euskirchen, Hagen und Solingen
Auch in Nordrhein-Westfalen bleibt die Lage nach dem Dauerregen im Westen Deutschlands angespannt. Am Donnerstagnachmittag berichtete die Kölner Polizei von 20 Toten in der Region. Neben zwei in Köln gefundenen Toten seien bislang aus Euskirchen 15 und aus Rheinbach drei Tote gemeldet worden, teilte die Polizei mit.


Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte sich am Donnerstagvormittag in der besonders stark vom Hochwasser betroffenen Stadt Altena ein Bild von der Lage und sagte dafür einen geplanten Besuch bei der CSU-Klausur im bayerischen Seeon ab.
In Hagen hatte das Hochwasser der Volme die Situation am Mittwochabend erneut verschärft. Etwa 440 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk waren allein dort unterwegs.
In Solingen retteten die Einsatzkräfte rund 130 Personen aus akuter Not vor dem Hochwasser, wie ein Feuerwehrsprecher am Donnerstag sagte. „Wir haben die Menschen über Drehleitern, Boote, Bojen herausgeholt. Es war alles improvisiert.“ In zwei Situationen hätten sich Einsatzkräfte zudem auf Tanklöschfahrzeugen in Sicherheit bringen müssen. Mehrere Häuser sowie ein Tierheim sind evakuiert worden.


Quelle: dpa/Gianni Gattus
Im Kreis Euskirchen drohte in der Nacht zum Donnerstag der Damm der Steinbachtalsperre zu brechen. Kritisch war die Lage zeitweise auch an der Bevertalsperre und der Wupper-Talsperre. Dort konnte das Wasser aber kontrolliert abfließen, wie die Feuerwehr mitteilte.
„Die Kommunikation ist weitgehend ausgefallen, in vielen Teilen des Kreises sind Internet und Telefonverbindungen eingeschränkt“, heißt es im Situationsbericht des Landkreises. Auch die Notfallnummer 112 sei nicht erreichbar. Sehr kritisch sei die Lage in Schleiden, Gemünd und Oberhausen. „Es finden Menschenrettungen statt. Teilweise besteht kein Zugang.“
In Solingen stürzte nach Polizeiangaben ein 82-Jähriger und geriet mit dem Kopf unter Wasser. Der Rentner sei später im Krankenhaus gestorben. Im Kreis Unna starb ein 77-Jähriger ebenfalls im unter Wasser stehenden Keller seines Wohnhauses.
In Köln wurden zwei Menschen tot in ihren mit Wasser vollgelaufenen Kellern entdeckt. Die Feuerwehr habe die Leiche der 72-Jährigen sowie die des 54-Jährigen am späten Mittwochabend bei Einsätzen gefunden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.
Rettungskräfte haben in einem überfluteten Keller eines Hauses in Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen am Donnerstag zwei leblose Personen gefunden. Die Wiederbelebungsversuche blieben nach Mitteilung der Polizei erfolglos. Nach ersten Ermittlungen handelte es sich um zwei Bewohner des Hauses im Alter von 74 und 78 Jahren. Sie starben noch am Einsatzort. Die genaue Todesursache ist noch Teil der Ermittlungen, wie die Polizei mitteilte.
Zwei Feuerwehrmänner sterben im Sauerland
Im Sauerland starben bei Rettungseinsätzen zwei Feuerwehrleute. Ein 46-Jähriger Feuerwehrmann war am Mittwochnachmittag in Altena nach der Rettung eines Mannes aus einem überfluteten Stadtteil ins Wasser gestürzt und abgetrieben. Knapp zwei Stunden später kollabierte ein 52 Jahre alter Feuerwehrmann bei einem Einsatz im Bereich des Kraftwerks Werdohl-Elverlingsen. Er sei am Mittwochabend trotz Reanimations- und Hilfsmaßnahmen gestorben, teilte die Polizei mit. Ersten Erkenntnissen nach handelte es sich bei dem Unglück um einen gesundheitlichen Notfall.
Vielerorts mussten Menschen vor den Fluten in Sicherheit gebracht werden. Es gab auch großflächige Stromausfälle. Eine Sprecherin des Netzbetreibers Westnetz berichtete am Donnerstagmorgen, rund 190.000 Haushalte seien ohne Strom, weil Umspannwerke und andere Anlagen überflutet seien und abgeschaltet werden mussten. Betroffen seien vor allem das Bergische Land und die Eifel.
Auch der Bahnverkehr ist durch die Überflutungen und den Dauerregen massiv beeinträchtigt. Die Bahn rief dazu auf, Fahrten von und nach Nordrhein-Westfalen nach Möglichkeit zu verschieben. Aufgrund von Streckensperrungen fahren zahlreiche S-Bahn- und Regionallinien nicht oder nur eingeschränkt, wie die Deutsche Bahn am Donnerstag mitteilte. Auch auf den Autobahnen gibt es erhebliche Wetter-Folgen.
Das Tief „Bernd“ bestimmt mit feuchtwarmen Luftmassen das Wetter in Deutschland. Dem DWD zufolge bleibt es in den nächsten Tagen wechselhaft mit Schauern und Gewittern, teils mit heftigem Starkregen.
dpa/AFP/sebe/wolf/jmi