Plus 18 Prozent: Die Zahl der Asylanträge in der EU, der Schweiz und Norwegen ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Es waren zwar weniger als in den Jahren 2015 und 2016 – allerdings fallen die 4,4 Millionen Ukraine-Flüchtlinge nicht in die Statistik.
Die Zahl der Asylbewerber in Europa hat die Marke von einer Million im vergangenen Jahr deutlich überschritten. Die Asylagentur der Europäischen Union mit Sitz auf der Mittelmeerinsel Malta registrierte in den 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie in Norwegen und der Schweiz insgesamt 1,14 Millionen Anträge, wie aus dem am Mittwoch in Valletta veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies ein Plus von 18 Prozent.
Die meisten Antragssteller kamen nach Angaben der Asylagentur abermals aus dem Bürgerkriegsland Syrien, gefolgt von Afghanistan. Gegen Ende des Jahres, nach Beginn des neuen Gaza-Kriegs im Oktober, wollten zunehmend auch Palästinenser nach Europa. Mit Abstand wichtigstes Zielland blieb Deutschland, wo zwischen Januar und Dezember 2023 nach diesen Angaben 334.000 neue Anträge registriert wurden.
Im Jahr zuvor war die Gesamtzahl der Anträge mit 996.000 noch knapp unter der Millionenmarke geblieben. Hingegen wurden in den Jahren 2015 (1,4 Millionen) und 2016 (1,3 Millionen) noch deutlich mehr registriert. Nicht eingerechnet sind mehr als 4,4 Millionen Menschen aus der Ukraine, die infolge des russischen Angriffskriegs Zuflucht in der EU gesucht haben und temporären Schutz bekamen.
Die Zahlen für Deutschland unterscheiden sich geringfügig von Angaben des zuständigen Bundesamts in Nürnberg, das fürs Gesamtjahr etwa 329.000 Anträge gemeldet hatte. So oder so entfiel auf Deutschland aber annähernd ein Drittel aller Anträge – so viel wie in den beiden folgenden Ländern Frankreich (167.000) und Spanien (162.000) zusammen.
Zypern mit höchstem Anteil an Bewerbern
Großbritannien, das nicht mehr zur EU gehört, will seine Zahlen erst Ende der Woche bekannt geben. Pro Kopf gerechnet gingen die meisten Anträge in Zypern ein – ein Antrag auf 78 Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland war es einer auf 252.
Bei den Herkunftsländern lag Syrien (181.000) vorn, wo seit mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg herrscht. Im Vergleich zum Vorjahr kamen 38 Prozent mehr. Die Zahl der Anträge von Menschen aus Afghanistan (114.000), wo inzwischen wieder die radikal-islamistischen Taliban an der Macht sind, ging hingegen zurück. Knapp über der Marke von 100.000 lag auch noch die Türkei (101.000).
Übers Jahr hinweg wurden auch 11.600 Anträge von Palästinensern registriert – zwei Drittel mehr als im Jahr zuvor.
Im Vergleich zu früheren Jahren wurden von den EU-Staaten deutlich mehr Anträge bewilligt. Die sogenannte Anerkennungsquote lag demnach bei 43 Prozent, so hoch wie seit sieben Jahren nicht mehr.
Der Umgang mit Migranten, die nach Europa kommen wollen, gehört seit Jahrzehnten zu den großen Streitthemen der europäischen Politik. Bei Versuchen, das Mittelmeer zu überqueren, kommt es immer wieder zu tödlichen Katastrophen.
Im Dezember beschloss die EU eine weitreichende Reform ihres gemeinsamen Asylsystems mit erheblichen Verschärfungen für illegale Einwanderer. Künftig sollen Menschen, die kaum Chancen auf Anerkennung haben, beschleunigte Verfahren an den EU-Außengrenzen durchlaufen.
dpa/sos