Ein Facebook-Interview aus Murnau sorgt für massiven Ärger. Wolfram Popp, Führungskraft der Unfallklinik, kritisiert darin die Impfpolitik. Nun drohen dem Leiter der Intensivstation Konsequenzen.
Murnau – Die vierte Corona-Welle hat die Republik fest im Griff. Fast 5000 Menschen lagen zuletzt mit Covid auf der Intensivstation. Eine Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft besagt: Bundesweit müssen bereits drei Viertel aller Krankenhäuser planbare Operationen verschieben. Mehr als die Hälfte der Corona-Intensivpatienten muss beatmet werden. Viele Kliniken sind am Limit.
Auch falls Impfpflicht kommt: Leiter von Intensivstation stellt klar – „Werde mich nicht impfen lassen“
Vor diesem Hintergrund möchte man annehmen, dass Führungskräfte von Intensivstationen geimpft sind. Das ist offenkundig nicht überall der Fall. Wolfram Popp, Leiter der Intensivstation 123 an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau, erklärte dieser Tage in einem Interview, dass er sich nicht impfen lasse.
Er fürchte das Risiko, Nebenwirkungen und Schäden davonzutragen. Von einer Impfpflicht für bestimmte Berufe hält Popp gar nichts. Unter denjenigen, die die Immunisierung ablehnen, gebe es einige, die sagten: „Auch wenn eine Impfpflicht kommt, werde ich mich nicht impfen lassen.“ Diese Personen würden dann „aus dem Krankenhaus rausgedrängt“. Menschen, die sich die Spritze nicht geben lassen, haben seiner Meinung nach mit einer „strukturellen Diskriminierung in der Öffentlichkeit“ zu leben.
Corona-Interview im Murnauer Zentrum: „Zeichen gegen geplante Impfpflicht setzen“
Das Interview mit Popp führte der Musiker Toni Bartl im Rahmen einer Zusammenkunft in der Murnauer Fußgängerzone. Er veröffentlichte es auf seiner Facebook-Seite. Am späten Montagnachmittag hatten sich in der Marktgemeinde rund 100 Menschen versammelt.
Angemeldet war die Demo nicht. „Wir wollten ein Zeichen gegen die geplante Impfpflicht für klinische Einrichtungen setzen“, erklärte die Vertreterin einer Gruppe von UKM-Pflegekräften tags drauf.
Der AfD-Kreisverband hatte für die Aktion geworben. Die Pflegekräfte distanzierten sich von der Partei. Popp stand Bartl jedenfalls knapp eine Viertelstunde Rede und Antwort. Der Musiker setzt sich kritisch mit dem Thema Impfen und der Corona-Politik auseinander, hat aber auch schon Beiträge veröffentlicht, in denen er Verschwörungsgeraune von sich gab.
Nach Corona-Impfkritik in Facebook-Interview: Klinik geht auf Distanz – „Funktion missbraucht“
Popps Auftritt bleibt nicht ohne Folgen. Die Krankenhausleitung der Unfallklinik „distanziert sich ausdrücklich von den Äußerungen und dem Verhalten eines Beschäftigten“, heißt es in einer Stellungnahme. „Dieser hat am 6. Dezember 2021 im Rahmen einer Protestaktion gegen die Impfpflicht in seiner Funktion als Führungskraft der Klinik den Nutzen der Corona-Schutzimpfungen in Frage gestellt.
Dabei hat er seine Funktion missbraucht, um seine privaten Ansichten öffentlich und unautorisiert im Klinikkontext zu verbreiten.“ Der Vorfall werde derzeit intern aufgearbeitet, es würden „entsprechende Konsequenzen geprüft“. Popp war am Mittwoch nicht erreichbar, eine E-Mail blieb unbeantwortet.
Eine, die sich das besagte Video angesehen hat, ist Patricia Fichtl. Die Seeshaupterin fragt: „Seit wann ist es nicht mehr möglich, seine Meinung zu äußern? Herr Popp hat sich nicht ketzerisch geäußert und auch nicht den Nutzen der Impfung in Frage gestellt. Er hat lediglich gesagt, dass nicht jeder dieselbe Wahrscheinlichkeit hat, schwer an Corona zu erkranken und deshalb eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung vorhanden sein sollte.“
Dass das Treffen nicht angemeldet wurde, findet Murnaus Polizeichef Joachim Loy ärgerlich. „Solche Versammlungen müssen angezeigt werden.“ Die Verantwortlichen sollten im Vorfeld „Ross und Reiter nennen“.