"Stoppt-Covid"-Studie

Lauterbach hält Gutachten unter Verschluss, das ihm herausragendes Pandemie-Management bescheinigte

09.02.2024
Lesedauer: 3 Minuten

Im vergangenen Sommer erschien die „StopptCovid“-Studie – ohne Ausschreibung, die bei einem solchen Papier notwendig wäre. Obwohl das Gutachten, das dem RKI und BMG ein positives Zeugnis ausstellt, inhaltliche Fehler aufweist, hält Gesundheitsminister Lauterbach die Arbeit weiterhin unter Verschluss.

Im vergangenen Sommer verbreitete Gesundheitsminister Karl Lauterbach stolz ein Gutachten auf Twitter, das attestierte, dass das deutsche Pandemie-Management angeblich hervorragend gewesen sei. Die Impfung habe mehr Leben gerettet, als sie insgesamt beeinträchtigte, hieß er darin. Daher seien auch die vom Gesundheitsministerium (BMG) in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut entworfenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wirkungsvoll gewesen. Nachdem schnell Kritik an der Studie öffentlich wurde, unter anderem weil das BMG und das RKI praktisch selbst die Verfasser des Papiers waren, kam es jetzt zum nächsten Skandal: Die Studie wurde ohne Ausschreibung veröffentlicht, inhaltliche Daten blieben geheim, das berichtet die Welt.

Auf Anfrage der Welt teilte das BMG mit, „das Forschungsvorhaben wurde im Wege einer Zuwendung bzw. Zuweisung vergeben“, das RKI also mit der Durchführung der „StopptCovid“-Studie beauftragt, welches für den Auftrag ganze 232.000 Euro erhielt. Obwohl für öffentliche Arbeiten im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsleistungen beim Überschreiten des Schwellenwerts von 140.000 Euro eine Ausschreibungspflicht gilt, nahm das BMG keine Ausschreibung vor; die Gesundheitsbehörde hält Daten zurück.

Dafür gibt es nur eine gültige Rechtfertigung: Ohne Ausschreibung könnte die Studie nur veröffentlicht werden, wenn man nachweisen kann, dass das RKI europaweit das einzig geeignete Institut zur Durchführung einer solchen Arbeit sei, deswegen also die Befangenheit und der offensichtliche Interessenkonflikt ignoriert werden könnten. Europaweit hätte es sicherlich Alternativen gegeben, doch so konnten RKI und BMG ihre weiße Weste behalten.

Studie weist inhaltliche Mängel auf

Die RKI-Autoren kommen in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Corona-Maßnahmen mit „einer deutlichen Reduktion“ der COVID-19 Ausbreitung in Deutschland assoziiert gewesen seien und demnach „wesentlich zur Bekämpfung der Pandemie“ beigetragen hätten (Apollo News berichtete). Guckt man sich jedoch die Studie näher an, gibt es – gelinde gesagt – so einige Gründe, an dieser Schlussfolgerung zu zweifeln.

Zum einen steht schon in der Zusammenfassung der Studie, dass sich der Effekt der Maßnahmen stets schon kurz vor Inkrafttreten der jeweiligen Verordnung zeigte. Damit wohl niemand auf falsche Ideen kommt, liefern die Wissenschaftler gleich eine Einordnung mit: „Die naheliegendste Erklärung dafür ist, dass Verhaltensanpassungen in der Bevölkerung bereits vor dem Inkrafttreten der Einschränkungen erfolgten.“ Dies weise laut dem RKI auf die „besondere Rolle“ der medialen Berichterstattung und der Ministerpräsidentenkonferenzen hin. 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte die Studie im Sommer zwar auf X beworben, hält die Arbeit als solche aber weiterhin zurück. Die „StopptCovid“-Studie ist bislang nur in Form eines zusammenfassenden Abschlussberichts veröffentlicht. Experten und Politiker bedauern dieses diffuse Vorgehen, fehle es doch in ganz Deutschland an Daten, die zur Aufarbeitung der Corona-Jahre genutzt werden könnten. Während beispielsweise in England kohärente Datensätze vorliegen, beschränkt sich das BMG auf die Forschung an „Long Covid“, das staatliche Paul-Ehrlich-Institut hat die Daten zu Impfnebenwirkungen immer noch nicht ausgewertet und das RKI hält die Füße still.

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