Der französische Präsident will den Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschließen. Das sei „im Prinzip richtig“, sagt der frühere Diplomat Wolfgang Ischinger. Sonst sei es für den Gegner leichter, argumentiert der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz.
Der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hält eine Debatte um die Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine für angebracht. „Es ist natürlich in einer solchen Konfliktsituation, in der wir uns mit Russland befinden, im Prinzip richtig, nichts auszuschließen. Sobald man irgendwas ausschließt, macht man es natürlich im Prinzip für den Gegner leichter, sich auf das, was da vielleicht kommen könnte, einzurichten“, sagte der ehemalige Spitzendiplomat am Dienstagabend dem Nachrichtensender WELT.
Er finde es „ein bisschen kühn, aber nicht falsch“, dass der französische Präsident Emmanuel Macron sage: „Wenn das so weitergeht, ist es besser, wir schließen gar nichts aus.“ Ischinger betonte aber auch, es gebe auf der anderen Seite den richtigen Grundsatz, dass die Nato nicht militärisch in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine hineingezogen werden wolle.
Macron bezeichnete jüngst nach einer Ukraine-Hilfskonferenz den Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine durch sein Land als nicht ausgeschlossen. Bei dem Treffen mit mehr als 20 Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), habe es zwar keine Einigkeit dazu gegeben, aber im künftigen Kriegsverlauf könne nichts ausgeschlossen werden, sagte Macron am Montagabend in Paris. Scholz wies den Vorstoß Macrons für eine mögliche Entsendung von Bodentruppen aus Nato-Staaten in die Ukraine zurück.
Ischinger bezeichnete es als „zutiefst bedauerlich, dass ausgerechnet in dieser schwersten strategischen, militärischen, politischen Krise, in der sich Europa sicherheitspolitisch seit vielen Jahren befindet, der deutsch-französische Segen schief hängt“. Es sei die Pflicht aller Beteiligten, alles zu tun, um ein „gemeinsames Vorgehen in dieser schweren Krise zu erreichen.“
Ischinger sagte weiter: „Wenn sich Deutschland und Frankreich vor den Augen der Russen hier mit Kabbeleien und Uneinigkeit präsentieren, wo werden da wohl die Champagnerkorken knallen? Nicht in Washington und auch nicht in Italien, aber in Moskau.“
dpa/jm