Erderwärmung

In der Geschichte der Erde war es erstaunlich lang warm

25.09.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Über Millionen Jahre wäre die Erde für den Menschen kein angenehmer Ort gewesen Quelle: picture alliance/Sergey Nivens/Shotshop

Auf der Erde herrschten viele Millionen Jahre lang überraschend hohe Temperaturen. Forscher haben das Klima über fast eine halbe Milliarde Jahre rekonstruiert – und dabei noch weitere bemerkenswerte Befunde zutage gefördert.

Das Treibhausgas Kohlendioxid prägt das Erdklima seit mindestens 500 Millionen Jahren. Das folgert ein Forschungsteam aus den USA und Großbritannien aus einer Rekonstruktion der globalen Oberflächentemperatur. Die Temperatur schwankte demnach überraschend stark – mit Mittelwerten von bis zu 36 Grad.

Die im Fachblatt „Science“ veröffentlichte Studie zeigt auch, dass das Erdklima während der vergangenen 500 Millionen Jahre vor allem eines war: erstaunlich warm. „Diese Studie veranschaulicht, wie Kohlendioxid die globalen Temperaturen über geologische Zeiträume hinweg dominiert“, sagte Co-Autorin Jessica Tierney von der University of Arizona in Tucson. „Wenn die CO₂-Werte niedrig sind, ist die Temperatur niedrig, bei viel CO₂ ist die Temperatur hoch.“

Normalfall: Treibhausklima

Die Untersuchung bezieht sich auf den größten Teil des „Phanerozoikums“, das vor 541 Millionen begann und bis heute andauert. In die Frühphase dieses Zeitalters – ins ausgehende Kambrium, das vor 485 Millionen Jahren endete – fällt die Entstehung fast aller heute bekannten Tierstämme. Für die Rekonstruktion der folgenden Zeit kombinierte das Team um Emily Judd vom Smithsonian National Museum of Natural History in Washington Klimasimulationen mit rund 180.000 Messungen geochemischer Marker zu Temperatur und CO₂-Gehalt der Atmosphäre, etwa Einlagerungen in Muschelschalen.

Das Ergebnis: Zwar wechselten sich Warm- und Kaltzeiten ab, meist aber war es ausgesprochen warm. So herrschte bei über 41 Prozent der untersuchten Zeitlinie Treibhausklima. Ein kaltes Klima – wie derzeit – lag nur bei 31 Prozent vor. Die globalen Durchschnittswerte der Temperatur schwankten in der untersuchten Zeit zwischen elf und 36 Grad Celsius, derzeit liegt dieser Wert bei etwa 15 Grad.

Besonders warm war es zweimal, in der Zeit vor etwa 360 Millionen Jahren und von vor etwa 150 Millionen bis vor etwa 40 Millionen Jahren. In beiden Phasen lag die Mitteltemperatur in den Tropen, die etwa 40 Prozent der Erdoberfläche bedeckten, bei 32 bis 42 Grad. Kälte herrschte dagegen von vor 350 bis vor 250 Millionen Jahren und in den vergangenen 34 Millionen Jahren, mit Tropenwerten zwischen 22 und 31 Grad.

Im Death Valley in den USA liegt die mittlere Jahrestemperatur bei rund 25 Grad.Quelle: picture alliance / CHROMORANGE

Meist hing die Temperatur der Studie zufolge sehr eng mit der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre zusammen. Einzige Ausnahme – aus bislang ungeklärten Gründen – das warme Mesozoikum, der Zeitraum vor 250 bis vor 66 Millionen Jahren. Zur zeitlichen Einordnung: Die Dinosaurier starben vor 66 Millionen Jahren aus, der Homo sapiens existiert erst seit etwa 300.000 Jahren. „Unsere Art entwickelte sich in einem ,Eishaus‘-Klima, ist also ganz anders geprägt als der größte Teil der geologischen Geschichte“, betont die Paläoklimatologin Tierney.

Das Team weist darauf hin, dass neben Kohlendioxid auch andere Faktoren das Erdklima beeinflussen, etwa die Stärke der auf die Erde treffenden Sonnenstrahlung und der Einfluss anderer Treibhausgase, wie Methan. Auch die „Albedo“, die Rückstrahlung von der Erdoberfläche, die unter anderem von der Verteilung und Anordnung von Wasser- und Landflächen abhängt, dürfte ins Gewicht fallen. Land macht derzeit etwa 30 Prozent der Erdoberfläche aus, vor etwa 450 Millionen Jahren waren es lediglich 15 Prozent.

Das Klima schwankte also auch in der Vergangenheit – aber daraus zu schließen, dass der aktuelle Klimawandel ganz normal wäre, das geht fehl. In der Vergangenheit hätte es niemals diese hohe Geschwindigkeit bei den Änderungen gegeben, meint Tierney. Benjamin Mills von der britischen University of Leeds vermutet in einem Begleitkommentar zu der Studie, dass eine interne Klimaregulation das Erdklima in einem bestimmten Bereich halte.

So fördere etwa eine Erderwärmung Verwitterungsprozesse, bei denen freigelegtes Gestein der Atmosphäre CO₂ entzieht – und so wiederum langfristig für Abkühlung sorgt. Auch Mills warnt vor einem Vergleich mit der aktuellen Lage, etwa um Prognosen abzuleiten. „Denn diese Warmphasen entstanden allmählich im Laufe von Millionen Jahren.“

dpa/mali

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