Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bestätigte bei Sandra Maischberger das Ziel eines Ausstiegs aus russischer Energie bis zum Herbst. Die anderen Gäste diskutierten den Umgang mit Wladimir Putin. Und Oskar Lafontaine verstieg sich zu einer erstaunlichen Behauptung.
Seit fünf Wochen herrschen Tod und Zerstörung in der Ukraine, ausgelöst durch den Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Im Studio diskutierten über die aktuelle Kriegssituation, mögliche Lösungswege und die Sanktionen die Journalisten Petra Gerster, langjährige Moderatorin der ZDF-„heute“-Sendung, Rainer Hank von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und Ulrike Herrmann von der „taz“.
Zugeschaltet wurde Bundesaußenministerin Annalene Baerbock (Grüne), und die Politiker Oskar Lafontaine (ehemals Linke, jetzt parteilos) und Norbert Röttgen (CDU) lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch.
Baerbock bezeichnete die russischen Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen als „Kriegsverbrechen nach dem Völkerrecht.“ Putin habe mit dem Frieden in Europa gebrochen. Das internationale Recht will Baerbock weiterhin mit Sanktionen verteidigen.
Außenministerin @ABaerbock im Gespräch mit Sandra #Maischberger: „Wir haben jetzt die Verantwortung, dass zukünftige Generationen dieses „Friedensprojekt Europa“ in ganz Europa in den nächsten Jahrzehnten leben können“.#Ukraine @DasErste pic.twitter.com/5inxpSAODc
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Auch die Waffenlieferungen rechtfertigte Baerbock. Sie habe aber nicht gedacht, einmal so handeln zu müssen. Einstmals sei sie schließlich auf Demonstrationen gegen Waffen gegangen. Aber: „Die Ukraine kämpft auch um die Freiheit Europas“, sagte sie. Deshalb unterstütze Deutschland das Land zu 100 Prozent. Baerbock: „Wenn die Ukraine Garantien braucht, wird Deutschland da sein und sie geben.“
Dennoch müsse immer wieder gut abgewogen werden. „Wenn wir in einen direkten Konflikt mit Russland geraten, dann haben wir einen dritten Weltkrieg“, wiederholte sie eine bereits öfter getätigte Äußerung. „Deshalb müssen wir mit allem dagegenwirken, damit es nicht zu einer Eskalierung kommt.“
Baerbock bekräftigt Ausstieg aus russischem Energieimport
Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland beobachte sie wachsam, aber: „Trauen kann man derzeit leider gar nichts, was die russische Regierung ankündigt“, sagte sie mit Blick auf Waffenpausen und Rückzugsankündigungen des russischen Militärs von manchen ukrainischen Städten.
Auch zu einem Energieboykott gegen Russland äußerte sich die Außenministerin. Die bislang beschlossenen Sanktionen würden das Land bereits massiv treffen. Ein Komplettausstieg aus russischer fossiler Energie müsse gut geplant sein und mit anderen Ländern abgesprochen werden, meinte sie. Baerbock: „Was wir tun, können wir dann ja nicht nur einen Tag durchhalten.“
Wann der Ausstieg komme, darauf wollte sie sich bei Maischberger nicht festlegen. Es werde aber gemeinsam mit Wirtschaftsminister Robert Habeck vorbereitet, dass bis spätestens zum Herbst die Unabhängigkeit von russischen Energieimporten komme.


Quelle: WDR/Melanie Grande
Für Fernsehmoderatorin Gerster fehlt eine „Rede ans Volk“ von Bundeskanzler Olaf Scholz, um die Deutschen auf die Probleme einzustellen, die durch einen Boykott russischen von russischem Gas kommen würden. Zudem forderte sie ein Tempolimit von 100 km/h, „auch wenn nur vorübergehend“.about:blank
Die Hoffnung, dass mit Putin noch eine Konfliktlösung kommen könne, sei für sie sehr gering. „Es war nie Verlass auf Putins Worte“, sagte Gerster, die Slawistik studiert hat und mehrfach die Sowjetunion und später Russland besuchte. Angekündigte Waffenpausen hätten nie lange gehalten, meinte sie.
Zudem habe sich seine „unglaubliche Brutalität“ schon im zweiten Tschetschenienkrieg (1999 bis 2009) gezeigt. Damals habe er auch „Kinder und Krankenhäuser bombardieren lassen“ und gegen zivile Ziele mit „nackter Gewalt“ agiert.
Bereits im ersten Tschetschenien-Krieg 1995 habe sich Wladimir #Putins Handschrift deutlich gezeigt, sagt Journalistin Petra #Gerster: „Er hat immer auf nackte Gewalt gesetzt und die Zivilbevölkerung zu Opfern gemacht“. #Maischberger #Ukraine @DasErste pic.twitter.com/EajgDwTIyC
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Journalist Hank wertete die westliche Unterstützung der Ukraine mit Defensivwaffen wie Panzerabwehrraketen als richtigen Schachzug. „Nie war es so eindeutig zu sehen, wer der Aggressor und wer der Verteidiger ist“, sagte Hank. „Wir kämpfen da defensiv definitiv um uns.“ Das unterstützte Gerster: „Es geht auch um unsere westlichen Werte.“
Der Schlagabtausch des Abends
„Schließlich lieferten sich der aus der Partei „Die Linken“ ausgetretene Oskar Lafontaine und CDU-Außenpolitik-Experte Norbert Röttgen ein Wortgefecht. „Das Ende des Konflikts geht nur über Verhandlungen“, meinte Lafontaine.
Röttgen warf ihm daraufhin Blauäugigkeit vor: „Die aktuellen Verhandlungen sind reine Kriegstaktik von Putin“, sagte er. „Wenn Putin sich durchsetzt, dann haben wir wieder einen gespaltenen Kontinent“, meinte er. Allerdings habe Putin verständlicherweise Interessen, entgegnete Lafontaine, also müssten die Verhandlungen auch weitergeführt werden.
Oskar #Lafontaine und @N_Roettgen diskutieren darüber, wie der Angriffskrieg auf die #Ukraine beendet werden kann.#Maischberger #Russland @DasErste pic.twitter.com/JBQ1BLjQpL
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Für Lafontaine ist es Unsinn, alle Verbindungen zu Russland zu kappen. Schließlich könne ja jeden Tag ein neuer Michail Gorbatschow in dem Land auftauchen, der wieder für Frieden sorge, meinte er. Lafontaine: „Politik muss langfristig geplant sein.“ Zudem kritisierte er die Nato-Osterweiterung in den 1990er-Jahren als Wortbruch. Kurzstreckenraketen an der Grenze zu Russland seien „Wahnsinn“. Die Sorge der Russen könne er verstehen.
Dem widersprach Röttgen scharf: „Es war keine Provokation, sondern der Freiheitswunsch neuer Staaten nach dem Ende der Sowjetunion.“ Litauen und Estland etwa hätten den Schutz vor Russland durch die Nato gesucht.
„Deshalb ging es nicht um die Osterweiterung, sondern um die freie Entscheidung für Sicherheit von Staaten“, sagte er. Die Nato sei schließlich ein Verteidigungsbündnis, das noch niemanden bedroht habe.
Lafontaine beklagte schließlich „Doppelstandards“ im Umgang mit Russland. „Wir dürfen die Doppelstandards nicht endlos weiterführen, sonst werden wir nie zum Frieden beitragen“, sagte er und erklärte dann, was er konkret damit meint:. „Ich bin der Meinung, dass Putin ein Kriegsverbrecher ist. Ich bin aber auch der Meinung, dass Herr Biden ein Kriegsverbrecher ist.“
Und er fragte Röttgen: „Ist Biden ein Kriegsverbrecher? Waren US-Präsidenten jemals Kriegsverbrecher? Ist Bush ein Kriegsverbrecher?“ Röttgen verneinte. Lafontaine: „Na gut, dann brauchen wir nicht weiterzusprechen.“