Noch vor dem offiziellen Start gab es Streit um die Kinderimpfung.
Im Fokus: Thomas Mertens (71), der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko).
Die Stiko hatte die Impfung der Fünf- bis Elfjährigen nur für Kinder mit Vorerkrankung bzw. Kinder aus Familien mit Risikopatienten empfohlen. Das allein sorgte schon für Kritik. Ein Sturm der Entrüstung war ausgebrochen, als Mertens in einem Podcast mit der „FAZ“ sagte, dass er ein sieben- oder achtjähriges Kind „wahrscheinlich jetzt nicht impfen lassen“ würde.
Nun springt ihm Deutschlands oberster Hausarzt bei!
Dieses „Herumhacken“ auf dem Stiko-Chef sei „nicht in Ordnung“, sagte der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt zu BILD.
„Die Aufgabe der Stiko ist es, auf Basis wissenschaftlicher Evidenz Nutzen und Risiken einer Impfung abzuwägen und nicht politisch Gewünschtes zu unterstützen. Das hat Mertens gemacht und war an dieser Stelle einfach ehrlich“, sagte Weigeldt und ergänzte: „Aus medizinischer Sicht unterstütze ich diese Haltung. Die Impfung von Kindern kann ich nicht pauschal empfehlen. Mit Kindern von 7 bis 12 Jahren würde ich die Entscheidung offen diskutieren.“
Angesichts der heftigen Kritik hat Mertens inzwischen öffentlich bereut, über seine private Einstellung zur Kinderimpfung gesprochen zu haben.
„Die Entscheidung über die Impfung ist wirklich eine sehr persönliche Sache, und das reflektiert sich ja auch in unserer derzeitigen Impfempfehlung. Es war damals wahrscheinlich der einzige Fehler, den ich gemacht habe, dass ich überhaupt etwas Persönliches gesagt habe“, sagte Mertens der „WELT“. Das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen gewesen, so Mertens: „Aber es ist natürlich grober Unfug, wenn man mich als Impfgegner bezeichnen wollte.“
Hausärzte-Chef Weigeldt zeigt sich zudem besorgt über den emotionalen Druck, der wegen der Impfung auf Kindern lastet. Sein Hammer-Urteil: „Die Kinderimpfung ist der Versuch, die Lücke zu schließen, die ungeimpfte Erwachsene gelassen haben.“
Sein neunjähriges Enkelkind wolle sich unbedingt impfen lassen aus Sorge, das Leben der Großeltern zu gefährden. Weigeldt: „Es ist doch erschütternd, wenn Kinder sich solche Gedanken machen. So viel Angst wurde verbreitet, so hoch ist der Druck auf diese Gruppe, die eigentlich unbeschwert leben sollte.“