Mit einer Neuerung des Bundeswaldgesetzes könnten die Grünen das Fahrradfahren in Wäldern kriminalisieren und auch das Wandern erschweren. Grundbesitzer müssen außerdem mit weitreichenden Einschränkungen bei der Waldbewirtschaftung rechnen – ein privates Gutachten entpuppt die Neuerungspläne als verfassungswidrig.
Mit einer Reformierung des Bundeswaldgesetzes könnte das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Federführung von Cem Özdemir (Grüne) das Spazierengehen oder Fahrradfahren in Deutschlands Wäldern künftig einschränken, möglicherweise sogar kriminalisieren. Die Waldbewirtschaftung könnte stark reguliert werden – gegen den Klimawandel. Einige Forst- und Mountainbikeinitiativen fürchten daher zahlreiche Einschränkungen beim Umgang mit den eigenen Waldflächen oder der simplen Freizeitgestaltung in der Natur. Außerdem soll der Umgang mit dem Wald weiter bürokratisiert werden.
Nachdem Inhalte der zurückgehaltenen Novelle des Waldgesetzes Ende 2023 durchgestochen wurden, zeigten sich einige Landwirtschaftsverbände empört und fürchten einschneidende Änderungen des Betretungsrechts. „Das Reiten, Fahren mit Kutschen sowie das Fahren mit betriebserlaubnisfreien Fahrrädern ist nur auf Straßen und dafür geeigneten Wegen zulässig“, heißt es in Paragraf 29. Damit wird das Fahrradfahren und auch das Reiten auf nicht befestigten oder inoffiziellen Wegen untersagt. Viele Reiter und Mountainbiker nutzen aber kleine Trampelpfade durch den Wald. Solche Erschließungen wären damit künftig illegal.
Das wird im Gesetzesentwurf anschließend konkretisiert: „Keine geeigneten Wege sind Feinerschließungslinien, wie Rückegassen, Zugänge zu forstlichen und jagdlichen Infrastrukturen, Wildwechsel und Pirschpfade.“ Jeder Fahrradfahrer dürfte die Verlockung kennen, schmale und unberührte Wege durch den Wald zu befahren oder zu erschließen. Die Natur bleibt dabei meist unberührt, auch sogenannte Trails für das Befahren mit dem Mountainbike gehen meist nachhaltig mit dem umgebenden Wald um.
Bislang keine Verbote – auch Navigation soll eingeschränkt werden
Manche Mountainbiker betreiben tatsächlich illegalen Streckenbau. Hier hat sich aber gezeigt: Es braucht Gespräche mit den Grundbesitzern und Kommunen. Eine Bedrohung für die Umwelt sind das Mountainbiking und Reiten grundsätzlich aber nicht. Im 1975 verabschiedeten Bundeswaldgesetz gab es daher zwar eine Aufforderung, auf Wegen zu bleiben, jedoch wurden diese Wege nicht weiter definiert: „Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet.“ Gäbe es umweltschädliche Probleme mit der aktuellen Gesetzeslage, dann wären Waldbestände und das Tierwohl längst durch Radfahrer bedroht, immerhin befahren Menschen die Wälder schon seit mehreren Jahrzehnten mit dem Rad.
In Zeiten der Urbanisierung und ideologisierten Angst vor dem Klimawandel scheint die Reformierung des Gesetzes die Menschen aber eher aus den Wäldern verbannen zu wollen. Genau das könnte durch die Novelle des Bundeswaldgesetzes passieren, weil zusätzlich zu den Betretungsregelungen auch ein „Komoot-Paragraf“ eingeführt werden könnte.
Unter Paragraf 33 wird festgehalten, dass digitale Aufzeichnungen, etwa in Google Maps oder der beliebten Navigations-Applikation Komoot, erst nach Rücksprache mit dem Waldbesitzer oder den zuständigen Behörden erlaubt sei. Dabei sind Wochenendwanderer oder Radreisende oftmals auf die Navigationen über kleine Abkürzungen und Wege angewiesen. Seltenst kommt es hier zur Beschädigung der Umwelt, im Gegenteil: Die Nutzer solcher Navigationsmöglichkeiten wie Komoot sind meist umweltbewusst, nehmen vorgefundenen Müll sogar mit, um ihn später zu entsorgen.
Eigenes Gutachten: Gesetzesentwurf ist verfassungswidrig
Neben dem Betretungsrecht soll auch der Umgang von Waldeigentümern mit dem Wald reformiert werden. Bei der Anpflanzung müsste auf „überwiegend heimische Baumarten“ zurückgegriffen werden, außerdem sei eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und eine „natürlichen Anpassung des Waldes an den Klimawandel“ vonnöten. Weil es sich dabei nicht nur um eine massive Verschärfung des Waldgesetzes handelt, sondern auch nichtheimische Baumarten ausgeschlossen werden, die vielleicht aber eigentlich für deutsche Standorte sehr geeignet wären, haben die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) sowie die Familienbetriebe Land und Forst (FLF) ein privates Gutachten in Auftrag gegeben.
Das im Januar veröffentlichte Papier verurteilt die mögliche Gesetzesänderung und bezeichnet sie sogar als verfassungswidrig. Die Änderungen sehen eine Umkehrung der Nutzfunktion des Waldes, wie sie heute besteht, hin zu einem umfassenden Waldschutz im Namen der Klima- und Biodiversitätskrise vor. Dieser Paradigmenwechsel soll durch das Waldgesetz derartig massiv umgesetzt werden, dass er gegen zentrale Grundrechte verstoße. Denn wer gegen die Maßnahme verstoße, muss hohe Geldstrafen oder sogar Freiheitsentzug befürchten, zum Beispiel wenn man gegen „die Stille des Waldes“ verstößt, wie in Paragraf 4 festgehalten wird.
Das Gutachten bemängelt zudem die Fülle an neuen Paragrafen: Waren es 1975 noch 48, sollen es laut Entwurf 86 Paragrafen werden. Das könnte vor allem bei den zuständigen Behörden zu erhöhter Bürokratie führen. Außerdem wird in dem Gutachten kritisiert, dass die Gesetzesnovelle an keiner Stelle den Beweis erbringt, dass die aktuellen Statuten unzureichend wären. Man müsse auch bedenken, dass die momentan vorherrschende föderalistische Ordnung umgangen werde, der Bund sich mit dem neuen Waldgesetz also weitreichende Eingriffermächtigungen zusprechen könnte. Obwohl zahlreiche Verbände, Landwirte und Sportler den Gesetzesentwurf kritisch beäugen, möchte die Ampelregierung die Reformierung Anfang 2025 vollstrecken.