Ärger über Coronavorgaben

Gesundheitsminister Lauterbach entzieht RKI die Macht über Genesenenstatus

16.02.2022
Lesedauer: 3 Minuten
RKI-Chef Lothar Wieler (l.) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (am 10. Februar) Foto: Chris Emil Janßen / IMAGO

Drei statt sechs Monate: Die überraschende Entscheidung des Robert Koch-Instituts zur Verkürzung des Genesenenstatus hatte für Kritik gesorgt. Nun greift Gesundheitsminister Karl Lauterbach durch.

Die Aufregung Mitte Januar war erheblich gewesen – nun zieht der Bundesgesundheitsminister offenbar die Konsequenzen: Karl Lauterbach (SPD) will dem Robert Koch-Institut (RKI) nach dem Wirbel um die Entscheidung zur Verkürzung des Genesenenstatus diese Kompetenz wieder abnehmen.

»Über tiefgreifende Entscheidungen wie etwa den Genesenenstatus möchte ich selbst und direkt entscheiden«, sagte Lauterbach der »Bild«-Zeitung. »Sonst trage ich die politische Verantwortung für das Handeln anderer.«

Mit der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung vom Januar waren das RKI und das Paul-Ehrlich-Institut ermächtigt worden, darüber zu entscheiden, wer unter welchen Umständen und wie lange als genesen beziehungsweise geimpft gilt.

Das RKI war Mitte Januar heftig kritisiert worden, weil es kurzfristig den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzt hatte – und sich somit für Millionen Deutsche der Zugang zu Gastronomie und Veranstaltungen über Nacht veränderte.

Es war eine brisante Änderung, die für viele im Land völlig überraschend kam, ohne jede Vorwarnung oder Vorlaufzeit. Die Länder fühlten sich düpiert.

Die Festlegung des RKI sei aus wissenschaftlicher Sicht erfolgt, sagte ein Ministeriumssprecher. Hintergrund sei, dass aufgrund der vorherrschenden Omikron-Variante ein sehr viel größeres Risiko bestehe, nach dieser Zeit erneut zu erkranken oder Überträger zu sein. Die vorherige Zeitspanne von sechs Monaten habe gegolten, solange man mit der vorherrschenden Delta-Variante umgehen musste.

RKI-Chef Lothar Wieler war daraufhin unter anderem von der FDP und auch aus der Opposition heftig angegangen worden. Lauterbach hatte sich vor den Behördenchef gestellt und ihm sein Vertrauen versichert. Kanzler Olaf Scholz wiederum äußerte sich öffentlich über Lauterbach und nannte diesen einen »ganz großartigen Minister« und »hochengagiert«. Der Ärger bei Lauterbach dürfte allerdings groß gewesen sein, die öffentliche Aufregung und Kritik hätte er sich gern erspart.

In Stufen werden die Regeln zurückgeschraubt

Die umstrittene Verkürzung des Genesenenstatus soll indessen einer vorab bekannt gewordenen Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch zufolge ebenfalls wieder rückgängig gemacht werden.

Der Genesenenstatus ist ebenso wie der Impfstatus maßgeblich für Quarantäne- und Einreisevorschriften sowie für zahlreiche Freizeitaktivitäten. Es gab aber auch Ausnahmen von den Vorgaben. So galt etwa im Deutschen Bundestag weiter die Sechs-Monats-Regelung.

Am heutigen Mittwoch sollen weitere Beschlüsse fallen, um die Schutzmaßnahmen bis zum 20. März 2022 in drei Schritten deutlich zurückzufahren:

  • In einem ersten Schritt sollen die Kontaktbeschränkungen bei privaten Treffen gelockert werden – allerdings nur für Geimpfte und Genesene. Die 2G-Regel im Einzelhandel soll entfallen.
  • Ab dem 4. März soll für Gastronomie und Übernachtungsbetriebe die 3G-Regel das frühere 2G-plus-Modell ablösen. Damit wären Hotels und Restaurants auch für Besucher mit tagesaktuellem Testnachweis zugänglich. Für Diskotheken soll weiterhin der 2G-plus-Nachweis gelten – ebenso bei Großveranstaltungen. Für Innenräume ist eine maximale Auslastung von 60 Prozent vorgesehen, mit einer Höchstgrenze von 6000 Zuschauern. Im Freien liegt die Höchstkapazität laut Vorlage bei 75 Prozent und einer Personenzahl von 25.000 Zuschauern.
  • In einem letzten Schritt sollen »alle tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen« entfallen. Auch Homeoffice-Regelungen sollen dann nicht mehr verpflichtend sein.

Diese »neue Phase der Pandemie« benötige allerdings immer noch ein »hohes Maß an Aufmerksamkeit«. Aus Sicht der Länder müssten demnach auch nach dem 20. März noch »niederschwellige Basisschutzmaßnahmen« gelten. jok/AFP

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