Im Streit über die Herausgabe der Akten zur Erstürmung des Kapitols hat der frühere US-Präsident Donald Trump einen Etappenerfolg erzielt. Ein Berufungsgericht in Washington gab einem Eilantrag Trumps statt und setzte damit die geplante Übergabe der Dokumente an den Kongress in letzter Minute vorerst aus. Für den 30. November setzte das Gericht eine Anhörung an. Der Schritt sei aber „in keiner Weise als Entscheidung in der Sache“ zu verstehen, sagten die drei Richter.
Ein US-Bundesgericht hatte in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung die Übergabe der geheimen Unterlagen an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses genehmigt. Zuvor hatte bereits Präsident Joe Biden einer Übermittlung der Unterlagen aus dem Nationalarchiv zugestimmt. Die Akten sollten den Abgeordneten eigentlich an diesem Freitag übergeben werden.
Der frühere US-Präsident wehrt sich gegen die Übergabe der mehr als 770 Archivseiten an das Repräsentantenhaus. Darunter befinden sich unter anderem Aufzeichnungen seines ehemaligen Stabschefs Mark Meadows, seines ehemaligen Beraters Stephen Miller und des ehemaligen Vize-Rechtsberaters Patrick Philbin. Weitere Dokumente, die Trump geheimhalten will, sind Memos an seine ehemalige Pressesprecherin Kayleigh McEnany, eine handschriftliche Notiz zu den Ereignissen vom 6. Januar und ein Entwurf seiner Rede bei einer Kundgebung vor der Kapitol-Erstürmung.
„Präsidenten sind keine Könige“
Trump hatte sich in seiner Klage gegen die Herausgabe der Akten auf das sogenannte Exekutivprivileg berufen. Dabei handelt es sich um das Vorrecht des Präsidenten, dem Kongress oder Gerichten gewisse Informationen vorzuenthalten. In der Entscheidung vom Dienstag hatte das Bundesgericht diese Argumentation aber zurückgewiesen. Trumps „Haltung, dass er sich über den ausdrücklichen Willen der Exekutive hinwegsetzen kann, beruht auf der Annahme, dass seine exekutiven Befugnisse ‚lebenslang gelten'“, sagte die Richterin Tanya Chutkan. „Aber Präsidenten sind keine Könige, der Kläger ist nicht Präsident.“ Das Exekutivprivileg bestehe, um die Regierung zu schützen und nicht eine einzelne Person, die zudem gar nicht mehr Präsident sei.
Trump erkennt seine Wahlniederlage im vergangenen November gegen Joe Biden bis heute nicht an. Seinen unbelegten Vorwurf des massiven Wahlbetrugs hatte er auch am 6. Januar vor Anhängern in Washington wiederholt, als der Kongress Bidens Wahlsieg zertifizieren wollte. Trump rief seine Zuhörer dabei auf, zum Kapitol zu marschieren. Hunderte radikale Trump-Anhänger stürmten in der Folge das Parlamentsgebäude. Im Zuge der Gewalt kamen fünf Menschen zu Tode.
Das Repräsentantenhaus leitete zwar umgehend ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein. Im Impeachment-Prozess im Senat wurde aber die für eine Verurteilung notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlt. Das Repräsentantenhaus richtete daraufhin den Untersuchungsausschuss ein, um die Hintergründe der Kapitol-Erstürmung aufzuklären.