In Niedersachsen darf wieder jeder ohne Impfpass oder Armbändchen einkaufen: Die 2G-Regel im Einzelhandel wurde vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg vorläufig aufgehoben.
Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronavirus nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar, entschied das Gericht am Donnerstag laut Mitteilung. Seit Sonntag galt in Niedersachsen im Einzelhandel die Regel, dass diejenigen, die nicht gegen Corona geimpft oder von dem Virus genesen sind, nur noch in Geschäften des täglichen Bedarfs einkaufen konnten. Der Gerichtsbeschluss ist laut Mitteilung nicht anfechtbar. Geklagt hatte nach Angaben des Kläger-Anwalts die Kaufhauskette Woolworth.
Behrens von der Regel weiter überzeugt
Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) bedauerte in einer Stellungnahme die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts: „Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass die Fortführung dieser Maßnahme der Bedrohungslage angemessen und auch infektiologisch notwendig gewesen wäre.“ Dies gelte umso mehr vor dem Hintergrund der fortschreitenden Ausbreitung der Omikron-Variante. 2G im Einzelhandel sei ein Baustein gewesen, um die Kontakte unter ungeimpften Personen zu reduzieren, so Behrens.
Kommt FFP2-Maske statt 2G in den Geschäften?
Der 13. Senat des Gerichts begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass es zu viele Ausnahmen von der 2G-Regel gebe. Außerdem sei eine Übertragung von Erkenntnissen aus geschlossenen Räumen im Sport- und Freizeitbereich auf den Handel nicht möglich. „Zudem könnten die Kunden, wie in vielen anderen Alltagssituationen, auch im Einzelhandel verpflichtet werden, eine FFP2-Maske zu tragen“, schrieb das Gericht. Gesundheitsministerin Behrens kündigte noch am Donnerstagabend an, die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske im Einzelhandel in der Corona-Verordnung verankern zu wollen.
FDP begrüßt das Urteil aus Lüneburg
Die FDP im Landtag begrüßte am Abend das Urteil. In einem Beitrag beim Kurznachrichtendienst Twitter schrieb der Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner: „Zu versuchen, die Impfquote auf Kosten bestimmter Branchen und ohne Blick auf das Infektionsgeschehen zu steigern, ist falsch.“ Für die Landesregierung in Niedersachsen sei dies ein weiteres Zeichen ihrer plan- und ziellosen Corona-Politik, so Birkner weiter.
Grüne: Eile statt Sorgfalt bei der Regierung
Mit dem OVG-Beschluss räche sich einmal mehr, „dass die Landesregierung Eile vor Sorgfalt als oberste Maxime hat“, sagte die Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg am Abend in Hannover. Die Regierung müsse jetzt schnell eine mit mehr Sorgfalt erarbeitete neue Verordnung vorlegen, „damit hier kein regelungsfreier Raum entsteht“.
OVG urteilt nicht das erste Mal kritisch
Das OVG blieb mit dem 2G-Beschluss seiner kritischen Linie zu den von der Landesregierung verhängten Einschränkungen treu. Mitte Dezember hatte das Gericht bereits die 2G-Plus-Regel für Besuche beim Friseur, bei der Fußpflege oder bei anderen körpernahen Dienstleistungen gekippt. Ende November hatte das Gericht geurteilt, dass die Corona-Verordnungen des Landes bislang immer auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhten. Aber einzelne Maßnahmen seien überzogen gewesen, zum Beispiel die Schließung von Autowaschanlagen im Frühjahr 2020.
Dieses Thema im Programm: