Nach der Klage der New York Times will das EU-Parlament die Gangart gegen die Präsidentin der EU-Kommission erhöhen. Ein erster Abgeordneter fordert ihren baldigen Abgang.
Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer von der Piratenpartei fordert ein Ende der Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spätestens im kommenden Jahr. Hintergrund sind verschwundene Textnachrichten aus dem Austausch mit Pfizer-Chef Albert Bourla über den Ankauf von Pfizer/Biontech-Impfstoffen. Die New York Times hatte im Januar beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf Veröffentlichung gemäß der in der EU geltenden Transparenzregeln geklagt. Breyer, ein Digitalexperte, sagte der Berliner Zeitung: „In Sachen Intransparenz ist von der Leyen Wiederholungstäterin, wie die Berateraffäre zeigt. Bezeichnend, dass ihr jetzt der Europäische Gerichtshof erklären muss, dass Transparenzregeln auch für dienstliche SMS gelten. Das ist nicht nur zur Aufklärung der Missstände um von der Leyens Pfizer-Deal wichtig. In der digitalen Ära brauchen wir ein Grundsatzurteil, damit Politiker für dienstliche Textnachrichten zur Rechenschaft gezogen werden können. Das ist seit 2001 geltendes Recht. So oder so: Von der Leyen muss 2024 endlich gehen, aus vielen Gründen.“
Von der Leyen hatte auf Aufforderungen des EU-Rechnungshofs und der EU-Ombudsfrau Emilie O’Reilly die Herausgabe von Informationen verweigert. Eine Sprecherin O’Reillys sagte der Berliner Zeitung, dass man die Klage der New York Times nicht kommentieren wolle. Die Ombudsmann-Untersuchungen seien abgeschlossen, O’Reilly habe dem EU-Parlament Vorschläge unterbreitet, wie die Transparenz in der EU verbessert werden könne.
Die Klage der New York Times schließt an die Ermittlungen von O’Reilly an. Diese hatten ergeben, dass die EU-Kommission das persönliche Büro des Präsidenten nicht ausdrücklich gebeten hat, nach den fehlenden Textnachrichten zu suchen. Als Reaktion darauf behauptete die EU-Kommissarin für Werte und Transparenz, Věra Jourová, dass die Textnachrichten aufgrund ihrer „kurzlebigen Natur“ möglicherweise gelöscht wurden. Das Magazin Politico, das die Publikation der Times-Klage durch den EuGH öffentlich machte, erwartet nun eine Konfrontation der Zeitung mit den Rechtsanwälten der EU-Kommission. Die Kommission hat sich auf Anfrage der Brussels Times bisher nicht zur Klage der New York Times geäußert. Der EuGH hat über die Bekanntgabe der Klage hinaus bisher keine Details dazu veröffentlicht.
Kürzlich hat die EU-Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, in Sachen Corona-Impfstoffbeschaffung zu ermitteln, ohne jedoch mitzuteilen, ob sich die Ermittlungen direkt gegen die Kommissionspräsidentin von der Leyen richten.