CO2-Ausstoß sinkt, weil Industrie schwächelt

Freut sich Habeck über die Wirtschaftskrise?

Lesedauer: 3 Minuten
Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigt sich über den sinkenden Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland erfreut – doch wie groß ist der Grund zum Jubel wirklich? Foto: LIESA JOHANNSSEN/REUTERS

Heftige Kritik ausgerechnet von „Greenpeace“

Was steckt hinter dem Rekord-Absturz beim CO2-Ausstoß?

Der deutsche Treibhausgas-Ausstoß ist laut einer Studie des grünen Lobbyverbandes Agora Energiewende auf dem niedrigsten Stand seit 70 Jahren. Hauptursache ist die geringe Stromproduktion wegen der kriselnden deutschen Industrie.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne) zeigte sich dennoch erfreut. „Die Emissionen in Deutschland sind im letzten Jahr massiv gesunken.“ Man sei gerade „bei der Stromerzeugung auf einem sehr guten Weg“, sagte Habeck und lobte „die harte Arbeit der letzten zwei Jahre“. Der Ökostrom-Ausbau werde sich in Zukunft immer stärker auswirken, das Land sei „auf einem sehr guten Weg“.

Doch da grätscht ihm ausgerechnet die Öko-Truppe von „Greenpeace“ dazwischen. Ihr vernichtender Vorwurf: „Niemand darf eine Krise in bestimmten Industrien mit erfolgreicher Klimapolitik verwechseln. Lediglich ein Bruchteil des deutlichen Emissionsrückgangs wurde erreicht, weil Energie sparsamer verbraucht und die Erneuerbaren ausgebaut wurden.“

Heißt: Nicht die klimafreundliche Politik der Ampel sei für den gesunkenen CO2-Ausstoß verantwortlich, sondern die Wirtschaftskrise!

Für den Wirtschaftsminister sollte das eigentlich kein Grund zur Freude sein …

Was ist dran an der Knallhart-Kritik an Habecks Ökostrom-Jubel?

Nur 15 Prozent der CO2-Minderungen sind laut Agora dauerhaft und durch mehr Wind- und Solarkraft entstanden.

Habeck jubelte: „Die Kohleverstromung erreicht einen historischen Tiefstand.“

Wahr ist: Wegen der geringen Stromproduktion ist der Fossil-Anteil im Vergleich zu 2020 von 38,1 Prozent auf 38,8 Prozent (2023) sogar leicht gestiegen!

Hintergrund: Weil die deutsche Industrie schwächelt, wurde in Deutschland um 11 Prozent weniger Strom produziert als im Vorjahr. Auch der Ausstieg aus der Kernkraft hat das Angebot verknappt. Ergebnis ist die geringste Stromproduktion seit 1990!

Folge: Ökostrom- UND Fossil-Anteil an der Stromproduktion steigen im Vergleich zu 2020!

Wirtschaftsminister Habeck; Foto: Kay Nietfeld/dpa

Laut Greenpeace haben „vor allem Produktionsrückgänge in der stromintensiven Industrie und eine auch dadurch gesunkene Kohleverstromung den CO2-Ausstoß um 73 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr auf 673 Millionen“ abgesenkt.

Zur schwächeren Industrieproduktion sagte Habeck im Bayerischen Rundfunk schmallippig, es sei „ohne Frage“ im vergangenen Jahr zu wenig produziert worden. Er widersprach allerdings Darstellungen, wonach die Fortschritte bei der Senkung der CO2-Emissionen wieder zunichtegemacht würden, wenn es der Wirtschaft wieder besser gehe.

Ökostrom-Zuwachs von nur sieben Prozent in drei Jahren

In absoluten Zahlen ist auch der Ökostrom-Zuwachs gering: 2020 wurden 243 Terawattstunden des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. 2023 waren es mit 260 Terawattstunden in absoluten Zahlen nur sieben Prozent mehr.

Heißt: Obwohl Deutschland riesige Anstrengungen in den Ausbau steckt, wurde der Wert von 2020 nur leicht übertroffen.

Spott für Habeck von Bayerns Amtskollegen Aiwanger

Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister und Söder-Vize, übte auf Twitter beißende Kritik an Habecks Jubel.

„Neueste Meldung: Der Mehlverbrauch von Bäckereien, die die Produktion eingestellt haben, ist gesunken“, spottete Aiwanger auf X (ehem. Twitter).

Soll heißen: Ein Rückgang der Stromproduktion bei schwächelnder Industrie ist so selbstverständlich wie ein sinkender Mehlverbrauch bei kriselnden Bäckern – und vor allem eines: kein Grund zur Freude und kein Ausweis gelungener Wirtschaftspolitik!

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