Konflikt in Nahost

Erdogan will Israel eine „starke und abschreckende Lektion“ erteilen

12.05.2021
Lesedauer: 5 Minuten
Israel setzt den Angriffen der Hamas das Flugabwehrsystem Iron Dome entgegen. Dieses System fischt einen Großteil der Raketen bereits aus der Luft, bevor sie ihre Ziele treffen können. Allerdings gibt es eine Schwachstelle. Quelle: WELT/ Max Hermes

Während in Israel eine weitere Raketennacht droht, fordert der türkische Präsident Erdogan mehr Unterstützung für die Palästinenser. In Istanbul kam es bereits zu antiisraelischen Demonstrationen.

Die internationale Gemeinschaft sollte nach Meinung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Israel eine „Lektion erteilen“. Erdogan sagte nach türkischen Angaben seinem russischen Kollegen Wladimir Putin am Mittwoch in einem Telefongespräch, der Weltsicherheitsrat müsse wegen der Gewalt im Nahen Osten schnell eingreifen und „entschlossene und klare Botschaften“ an Israel senden.

Das türkische Präsidialdirektorat für Kommunikation teilte mit, Erdogan habe darauf gedrungen, Israel wegen seines Umgangs mit den Palästinensern eine „starke und abschreckende Lektion“ zu erteilen. Er habe Putin außerdem vorgeschlagen, eine internationale Schutztruppe für die Palästinenser in Erwägung zu ziehen.

Die Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern ist derzeit so heftig wie noch nie seit dem Gazakrieg von 2014. Die Hamas feuerte aus dem Gazastreifen Hunderte Raketen auf Israel ab, das israelische Militär reagierte mit Luftangriffen. Dutzende Menschen wurden getötet.

In Istanbul missachteten am Dienstagabend Tausende Menschen das landesweite Ausgehverbot und demonstrierten gegen die israelischen Angriffe. Ein Konvoi fuhr mit türkischen und palästinensischen Fahnen vor das israelische Konsulat.

In Istanbul skandierten Demonstranten religiöse und anti-israelische Parolen und zündeten Pyrotechnik
In Istanbul skandierten Demonstranten religiöse und antiisraelische Parolen und zündeten Pyrotechnik
Quelle: Getty Images/Chris McGrath

Putin zeigte sich nach Kreml-Angaben „ernsthaft besorgt“ angesichts der anhaltenden Zusammenstöße und der wachsenden Zahl von Toten und Verletzten. Die beiden Präsidenten Erdogan und Putin hätten die Konfliktparteien zum Abbau von Spannungen aufgerufen, hieß es aus Moskau. Probleme müssten friedlich gelöst werden.

Zudem bekräftigten Russland und die Türkei beiden Seiten zufolge eine Zwei-Staaten-Lösung in dem Konflikt. Es sei eine wichtige Botschaft, dass die Türkei und Russland in Bezug auf die Entwicklungen in Jerusalem einer Meinung seien, hieß es aus dem türkischen Präsidialbüro.

Auch scharfe Kritik von Saudi-Arabien und Jordanien

Auch Saudi-Arabien und Jordanien hatten bereits am Tag zuvor die Angriffe Israels vor der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem mit scharfen Worten verurteilt. Die „unverhohlenen Angriffe“ der „israelischen Besatzungskräfte“ würden gegen „alle internationalen Normen und Gesetze“ verstoßen, teilte das Außenministerium in Riad am Dienstag mit. Israel müsse seine „ausufernden Handlungen sofort einstellen“. Saudi-Arabien unterstütze weiterhin eine umfassende Lösung der Palästinenserfrage samt der Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates mit Ost-Jerusalem als dessen Hauptstadt.

Auch Jordaniens König Abdullah II. bezeichnete das Vorgehen Israels als Verstoß gegen internationales Recht und humanitäres Völkerrecht. Die Weltgemeinschaft müsse den „unrechtmäßigen Maßnahmen Israels und den gefährlichen Provokationen in Jerusalem die Stirn bieten“, teilte der Königshof in Amman mit.

König Abdullah II. sprach auch mit dem türkischen Präsidenten Erdogan über eine „aktive arabische, muslimische und internationale Haltung“ gegenüber Israel.about:blank

Bundesregierung kritisiert Angriffe auf Israel

Die Bundesregierung dagegen hat die Raketenangriffe auf Israel scharf kritisiert und die israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen verteidigt. Israel habe das Recht, sich gegen die „terroristischen Angriffen“ zu wehren, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin mit Blick auf die Angriffe der palästinensischen Hamas-Gruppierung. Den seit mehr als drei Tagen anhaltenden „wahllosen“ Raketenbeschuss auf Ziele in Israel verurteile man streng.

Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, dass die Hamas „willkürlich“ vorgehe, was nichts mit Selbstverteidigung der Palästinenser zu tun habe. Seibert erklärte, es bleibe bei der Haltung der Bundesregierung, dass es eine friedliche und langfristige Lösung nur mit einem zwischen beiden Seiten ausgehandelten Abkommen geben könne. Die Voraussetzung für eine Deeskalation sei, dass die Hamas ihren Raketenbeschuss beende, sagte der Sprecher des Außenministeriums.

Auch der britische Premierminister Boris Johnson hat sich mittlerweile geäußert. Er rief sowohl Israel als auch die Palästinenser zur Deeskalation auf. „Ich bitte sowohl Israel als auch die Palästinenser dringend, vom Rand des Abgrunds zurückzutreten und Zurückhaltung zu zeigen“, schrieb Johnson am Mittwoch auf Twitter.

Großbritannien sei zutiefst besorgt über die wachsende Gewalt und zivile Opfer. „Wir wollen dringend eine Deeskalation der Spannungen sehen“, so der konservative Politiker.

China hat inzwischen den UN-Sicherheitsrat zum Handeln aufgefordert. China werde weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um den Sicherheitsrat zum Handeln zu bewegen, sagte die Pekinger Außenamtssprecherin Hua Chunying am Mittwoch. Es sei zudem Chinas Überzeugung, dass an einer Zwei-Staaten-Lösung gearbeitet werden muss. Die chinesische Regierung verurteile Gewalt gegen Zivilisten und fordere alle Parteien auf, von provokanten Worten und Handlungen Abstand zu nehmen.

Israel meldet aus Lod „Pogrom“ gegen Juden

Der israelische Präsident Reuven Rivlin hat die jüngsten Angriffe auf Israelis mit scharfen Worten verurteilt. In Lod habe ein „Pogrom“ stattgefunden, erklärte das Staatsoberhaupt am Mittwoch nach gewaltsamen Zusammenstößen in der Stadt im Zentrum Israels. Laut der israelischen Polizei war es in Lod nach dem Tod eines arabischen Israelis zu massiven Ausschreitungen der arabischen Minderheit gekommen. Die Regierung verhängte daraufhin den Ausnahmezustand über der Stadt.

Die derzeitigen Unruhen im Land würden durch einen „blutrünstigen arabischen Mob“ verursacht, der Menschen verletze und sogar „heilige jüdische Orte“ angreife, erklärte Rivlin. Dies sei „unverzeihlich“.

Israels Verteidigungsminister Benny Gantz kündigte angesichts des anhaltenden Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen weitere Angriffe auf militante Palästinensergruppen in dem Küstengebiet an. Die Armee werde ihre Bombardements fortsetzen, um eine „vollständige und langfristige Ruhe“ zu erzwingen, sagte Gantz am Mittwoch in Aschkelon im Süden Israels. „Erst wenn wir dieses Ziel erreicht haben, werden wir über eine Waffenruhe reden können.“

Nach Angaben der israelischen Armee feuerten militante Gruppen seit Montag mehr als 1000 Raketen Richtung Israel ab. Fünf Israelis wurden bei den Angriffen getötet, zwei von ihnen in Lod. Israel reagierte mit Vergeltungsangriffen, bei denen nach palästinensischen Angaben mindestens 48 Menschen getötet wurden.

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