Die Hamas ist offenbar zu einer Vereinbarung mit Israel bereit. Die Brics-Gruppe berät zur Lage im Nahen Osten. Und: Mehr als 10.000 Soldaten sollen im Gazastreifen im Einsatz sein. Die Entwicklungen der Nacht.
Die Staatschefs wichtiger Schwellenländer wie Russland und China wollen über die Lage im Nahen Osten beraten. An der außerordentlichen Videokonferenz der sogenannten Brics-Gruppe werden nach offiziellen Mitteilungen an diesem Dienstag auch Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping sowie Uno-Generalsekretär António Guterres teilnehmen. Die Schalte soll nach Angaben des südafrikanischen Außenministeriums mit einer »gemeinsamen Erklärung zur Lage im Nahen Osten mit besonderem Bezug auf die Situation im Gazastreifen« enden.
Das Brics-Treffen findet unter dem Vorsitz von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa statt. Er wirft Israel Kriegsverbrechen im Gazastreifen vor. Der Brics-Gruppe gehören neben Südafrika, Russland und China auch Brasilien sowie Indien an. Russland hat sich im Gazakrieg mehrfach als Vermittler angeboten. Nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel hatte Putin eine Zweistaatenlösung in Nahost gefordert. Der chinesische Staatschef Xi befürwortete bislang offiziell eine friedliche Lösung des Konflikts.
Unterdessen stehen Vertreter der Hamas nach eigenen Angaben kurz vor einer Waffenstillstandsvereinbarung mit Israel. Die Vertreter hätten ihre Antwort an Beamte in Katar übermittelt, teilte der Chef der Palästinensergruppe, Ismail Haniyyeh, in einer Erklärung mit, die Reuters über seinen Berater erhielt. Weitere Einzelheiten über die Bedingungen des möglichen Abkommens wurden zunächst nicht bekannt.
Katar hat bei den Verhandlungen zur Geiselbefreiung eine wichtige Vermittlerrolle. Die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, traf am Montag in dem Golfstaat Hamas-Chef Haniyyeh. Sie sei in das Emirat gereist, um humanitäre Fragen im Zusammenhang mit dem Konflikt in Israel und im Gazastreifen voranzubringen, teilte die Hilfsorganisation in Genf mit. Der Besuch sei Teil von Gesprächen des Roten Kreuzes mit allen Seiten, um »die Achtung des humanitären Völkerrechts zu verbessern«.
Die US-Regierung hatte bereits zuvor mitgeteilt, dass man kurz vor einer Einigung zur Befreiung vieler Geiseln stehe.
Israels Armee: 40 Minderjährige unter Hamas-Geiseln im Gazastreifen
Terroristen der Hamas und anderer Extremistengruppen hatten am 7. Oktober in Israel Hunderte Menschen ermordet und rund 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Unter den Entführten sollen nach Angaben der israelischen Armee 40 Kinder und Jugendliche sein. Das Militär verbreitete am Montag eine Zusammenstellung von Bildern entführter Kinder auf der Plattform X, ehemals Twitter.
Das israelische Militär setzte unterdessen seine Offensive im abgeriegelten Gazastreifen fort und stieß dabei nach eigenen Angaben im Keller einer Moschee auf ein Waffenlager sowie eine Produktionsstätte für Raketen der Hamas. Zudem hätten Soldaten dort auch einen Tunneleingang entdeckt, teilte die Armee am Montagabend mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. In einem von den Streitkräften veröffentlichten Video sollen Raketen, Mörsergranaten, deren Bauteile und der Tunnelschacht im Keller des Gebäudes in der heftig umkämpften Stadt Gaza zu sehen sein.
Soldaten hätten zudem eine Waffenfabrik der Terrororganisation Islamischer Dschihad in dem Küstengebiet zerstört, teilte die Armee weiter mit. Sie nahmen den Angaben zufolge außerdem Kommandozentralen der Hamas in der Stadt Gaza ein. Weiterhin seien dort in den vergangenen Tagen Tunnel zerstört und viele Terroristen »eliminiert« worden. Soldaten hätten sich Nahkämpfe mit ihnen geliefert.
Nach eigenen Angaben hat die israelische Armee seit Beginn des Gazakriegs Hunderte Palästinenser aus dem Gazastreifen verhört. Rund 500 Menschen seien im Zuge der Bodenoffensive von einer Geheimdiensteinheit des Militärs befragt worden, teilte die Armee mit. Davon sollen sich demnach 300 als mutmaßliche Terroristen verschiedener Terrororganisationen herausgestellt haben, die für weitere Verhöre auf israelisches Staatsgebiet gebracht wurden. Durch die Befragungen seien sowohl in Gaza als auch in israelischen Einrichtungen unterirdische Tunnel, Lagerhäuser und Waffen enttarnt worden.
Bericht: Mehr als 10.000 israelische Soldaten im Gazastreifen
Einem israelischen Medienbericht zufolge hat Israels Militär aktuell mehr als 10.000 Soldaten im Gazastreifen im Einsatz. Diese befinden sich vor allem in Vierteln der Stadt Gaza und in Dschabalia im Norden des Küstengebiets, wie die Zeitung »Haaretz« am Montagabend unter Berufung auf die Armee berichtete. Seit Beginn der Bodenoffensive Ende Oktober gab es demnach auch mehrere Fälle, in denen israelische Soldaten versehentlich eigene Kameraden durch Beschuss getötet hätten. Die Vorfälle würden untersucht, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Hamas-Gesundheitsministerium: 200 Patienten aus Klinik im Gazastreifen evakuiert
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen hat die Evakuierung von rund 200 Patienten aus einem angegriffenen Krankenhaus gemeldet. Die Evakuierung aus dem Indonesischen Krankenhaus in Dschabalia im Norden des Gazastreifens sei mithilfe des IKRK erfolgt, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur AFP.
Die Evakuierten seien mit Bussen in das Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens gebracht worden. Ein AFP-Reporter in der Stadt sah zwei Busse, die am Nasser-Krankenhaus in Begleitung des Roten Kreuzes ankamen. Den Hamas-Angaben zufolge befinden sich noch 400 Patienten in der Indonesischen Klinik. Es werde mit dem IKRK an deren Evakuierung gearbeitet, sagte der Sprecher weiter. Zudem befänden sich rund 2000 Vertriebene in der Klinik und um sie herum. Die israelische Armee belagere das Krankenhaus.
max/AFP/dpa/Reuters