In einem offenen Brief teilt ein Landrat aus Sachsen seine Sorgen mit der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten. Michael Harig fürchtet eine Spaltung der Gesellschaft durch die Corona- und Klimapolitik. Er fordert, die Lebenswirklichkeit auf dem Land mehr zu beachten.
s sind deutliche Worte, mit denen sich ein CDU-Landrat an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wendet. Michael Harig, Landrat des Landkreises Bautzen, warnt in einem offenen Brief vor einer Spaltung der Gesellschaft durch die Corona- und Klimapolitik in Deutschland.
Er wende sich mit „großer Sorge“ an die Bundeskanzlerin und die Länderchefs, schreibt der 60-Jährige in den am Donnerstag veröffentlichten Brief. „Zunehmend verschärft sich der Eindruck eines interessengelenkten Obrigkeitsstaates, dem natürlich entgegengetreten werden muss“, heißt es in dem Schreiben.
Harig argumentiert, dass eine Herdenimmunität unter Einbeziehung der Genesenen erreicht sei. Rund 85 Prozent der über 60-Jährigen und die sogenannten vulnerablen Gruppen seien nahezu durchgängig geimpft. Schwere Verläufe bei nicht-vorerkrankten, Kindern und Jugendlichen seien eine „absolute Ausnahme“. Harig spricht sich deshalb für eine Rückkehr zur Normalität und für eine Gewährleistung der Grundrechte aus.
Auch die Kostenpflicht für Tests ab Oktober 2021 kritisiert der CDU-Politiker. Damit werde eine zusätzliche Spaltung der Gesellschaft betrieben. Der Argumentation, dass die Impfbereiten mit ihren Steuern die Tests finanzierten, hält Harig entgegen, dass die Impfungen auch aus den Steuern der Ungeimpften finanziert werden. „Im Ergebnis werden die Impfkritischen in die Arme der politisch Extremen getrieben, was auch angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl höchstbedenklich ist“, schreibt der Landrat.
Auch zur Debatte über den Klimawandel äußerte sich der Landrat. Harig sieht die Gefahr, dass sich durch die CO2-Bepreisung soziale Ungleichgewichte immens verstärken. Die Benzin- und Heizölpreise hätten sich bereits durch die Rückkehr zur 19 Prozent Mehrwertsteuer und die Entwicklung der Ölpreise am Weltmarkt um circa ein Viertel verteuert. Die – auch durch die Mineralölpreise – erhöhte Inflation belaste die Sparer bereits.
„Die weiteren, bereits geplanten Verteuerungsschritte werden insbesondere zu Lasten des meist ländlichen Individualverkehrs wirken“, schreibt Harig. Ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs hingegen werde vor allem den Ballungsräumen zu Gute kommen, fürchtet er. In der Folge könnte die Attraktivität des ländlichen Raums für alle Bevölkerungsschichten und die Wirtschaft noch weiter abnehmen.
„Die dadurch angeheizten gesellschaftlichen Spannungen der Zukunft werden sich, neben den politischen Interessengruppen, gegebenenfalls vor allem zwischen Stadt und Land entladen. Insofern bitte ich bei allen politischen Weichenstellungen eine Folgewirkungsabschätzung voranzustellen, welche die Lebenswirklichkeiten einbezieht“, fordert Harig.
Harig ist seit 2001 Landrat des Landkreises Bautzen. Bei der Bundestagswahl 2017 gewann die AfD in dem Bundestagswahlkreis Bautzen eines von bundesweit drei Direktmandaten.