Auftraggeber bestimmen den Tenor

Die Umfragen-Propagandaschlacht zur EU-Wahl beginnt

16.03.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Bildquelle: IMAGO / Herrmann Agenturfotografie

Bei INSA zeigt das Demoskometer für CDU 28,5 Prozent, bei Forsa 34. Bei INSA 20 Prozent AfD, bei Forsa 15. Differenzen wie 5,5 Prozentpunkte und 5 sind völlig unglaubwürdig, ebenso wie bei FDP 6 Prozent und BSW 5,5 Prozent – bei INSA 3 Prozent FDP und 4 Prozent BSW bei Forsa.

Nach geschlagenen Wahlschlachten kommt eine Zeit, in der die Umfragen der unterschiedlichsten Institute nie sehr weit auseinander liegen. Jetzt ist die EU-Wahl zeitlich nahe genug gerückt und deshalb der Zeitpunkt gekommen, wo Umfragen wieder ganz offensichtlich und unverblümt zur Meinungsmache eingesetzt werden, statt mit Meinungsforschung über der Bürger Meinungen, ihre Änderungen und Motive zu informieren. Anders lässt sich der Unterschied zwischen zwei praktisch zeitgleichen Umfragen nicht deuten. Forsa befragte am 12. und 13. März 1.008 Wahlberechtigte, INSA vom 8. bis 11. März 2.000.

Bei INSA zeigt das Demoskometer für die CDU 28,5 Prozent, bei Forsa 34 Prozent: 5,5 Prozentpunkte Unterschied, das ist völlig unglaubwürdig. Bei INSA 20 Prozent AfD, bei Forsa 15 Prozent, also 5 Prozentpunkte weniger. Bei INSA 11 Prozent Grüne, bei Forsa 14 Prozent, also 3 Prozentpunkte mehr. Bei INSA 6 Prozent FDP, bei Forsa 3 Prozent, Differenz 3 Prozentpunkte. Bei INSA 5,5 Prozent BSW, bei Forsa 4 Prozent, Differenz 1,5 Prozentpunkte. Bei INSA 4,5 Prozent Linke, bei Forsa 2 Prozent, Differenz 2,5 Prozentpunkte. Solche enormen Unterschiede sind nicht plausibel erklärbar, sondern nur mit den politischen Absichten der Auftraggeber: in diesem Fall INSA für t-online, Forsa für RTL/n-tv.

In früheren Zeiten gab ich selbst Umfragen in Auftrag und sorgte für die gewünschte Zuspitzung der veröffentlichten Ergebnisse. Daher und als Langzeit-Beobachter seitdem weiß ich natürlich, dass die veröffentlichten Ergebnisse im Extremfall vom Auftraggeber ins Gegenteil der erhaltenen Antworten gedreht werden können oder wie hier bei t-online und RTL/n-tv im weniger extremen Fall in die gewünschte Richtung.

Wie zu erklären ist, warum t-online und RTL/n-tv nur bei der SPD den exakt gleichen Demoskometer-Stand von 16 Prozent verkünden, biete ich unseren Lesern als Denksportaufgabe an. Weil t-online UND RTL/n-tv Scholz und Genossen gar nicht mehr auf ihrer Rechnung künftiger Machtverteilung haben?

Richtig fragen bringt Erkenntnisse wie 16 Prozent für „Eine andere Partei“

Eine bestimmte Umfragegrafik fand nicht nur allgemein, sondern auch unter TE-Lesern und -Autoren so gut wie keine Beachtung. Meine Erklärung dürfte mehr als eine Vermutung sein. Praktisch alle sagen (ohne Gender-Risiko) nur noch „Menschen“, wo früher je nach Zusammenhang von Frauen, Männern, Leuten, Bürgern, Einheimischen, Fremden, Nachbarn, Kollegen und so weiter die Rede war. Von Umfrageergebnissen erwarten alle nur Meldungen über AfD und BSW, Grün, Rot, Gelb, Schwarz ein oder zwei Prozentpunkte rauf oder runter – semantisch verzerrt in Absturz oder Sprung nach oben. Umfragen werden praktisch nur noch von Massenmedien bezahlt und das offensichtlich einzig und allein für Schlagzeilen.

Als seriöse Meinungsforschung noch stattfand, wurden Ergebnisse veröffentlicht, die über Meinungsänderungen und ihre Gründe berichteten. Das war möglich, weil nach solchen gefragt wurde, statt immer nur den Demoskopiepegel des eingeschränkten Sichtfeldes Parteienstaat zu füttern. Aber selbst ein bloßes Demoskometer gibt mehr her, wenn seine Skala ein bisschen erweitert wird – beispielsweise um die Antwortkategorie „Eine andere Partei“ wie hier einmal in Sachsen.

16 Prozent wollen etwas anderes wählen als Rot-Grün-Rot zusammen. Das ist eine Umfrage-Erkenntnis, die sehr viel über den Parteienstaat sagt, während die üblichen Darstellungen darüber hinwegtäuschen, dass es nicht um die eine oder andere der existierenden Parteien geht, sondern darum, dass das System Parteienstaat durch ein anderes Wahlrecht, durch einen dezentralen Föderalismus und durch direkte Demokratie in Volksabstimmungen ersetzt werden muss. Dass dazu die Streichung aller versteckten Formen von Räteherrschaft in der bewussten Grauzone von Staat, NGOs und anderen Elementen der „Zivilgesellschaft“ gehört, versteht sich.

Bitte mehr Umfragen wie diese Eintagsfliege in Sachsen. Vielleicht finden sich ja Auftraggeber.

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