Von E-Auto-Förderung bis Wärmepumpen

Das steht nach dem Hammer-Urteil alles auf der Kippe!

15.11.2023
Lesedauer: 5 Minuten
Trübe Gesichter: Robert Habeck (53, Grüne, l.), Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD, M.) und Christian Lindner (44, FDP) Foto: ODD ANDERSEN/AFP

Jetzt gibt’s Krach im Haushalt!

Das Bundesverfassungsgericht hat heute über die Frage entschieden, ob der Bund zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder für den Klimaschutz nutzen darf. Antwort: Er darf nicht! Die Richter erklärten nüchtern in der Urteilsbegründung zum 60-Milliarden-Loch: „Dies muss durch den Haushaltsgeber anderweitig kompensiert werden.“

Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (44, FDP) nahmen nach dem Knall-Urteil Stellung.

▶︎ Die Bundesregierung werde das Urteil genau beachten, sagte Kanzler Scholz, und die Folgen sorgfältig auswerten.

▶︎ Lindner sagte, Karlsruhe habe sich „erstmals zur Nutzung von Sondervermögen“ geäußert, das schaffe Klarheit, sorge aber auch für große Probleme. „Wir ziehen allerdings auch sofort eigene Konsequenzen“. Die 60 Mrd. Euro Sondervermögen würden gelöscht, er habe eine Sperre für Ausgaben des Klimafonds verhängt mit Ausnahmen im Gebäudebereich. Umgehend werde die Ampel einen neuen Plan für die Energiewende aufstellen.

▶︎ Habeck verteidige den Klimafonds, sagte, wie wichtig er für Bürger und Industrie sei. „Die Beschlüsse des Gerichts heute bedeuten, dass alle zugesagten Verpflichtungen eingehalten werden, neue Verpflichtungen können aber erst zugesagt werden, wenn der neue Finanzplan steht.“

Union für Neuwahlen

Nach dem Hammer-Urteil rief Oppositionsführer Friedrich Merz (67, CDU) seine Fraktion zu einer Sondersitzung zusammen. Merz nannte das Urteil einen „großen Erfolg für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“. Er sprach von einer „historischen Entscheidung, wie in Zukunft Bundeshaushalte aufgestellt werden“. Die Union hat bereits eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum Urteil beantragt. Diese wird voraussichtlich am Donnerstag stattfinden.

Aktuellen Haushaltsplan nicht weiter beraten

Auch will die Union, dass die für morgen geplanten Haushaltsberatungen im Bundestag ausgesetzt werden. Der Bundeshaushalt dürfe nicht wie aktuell vorgesehen bereits am Donnerstag vom Haushaltsausschuss des Bundestags abschließend beraten werden, sagte Merz am Mittwoch in Berlin. Mit Blick auf den Richterspruch aus Karlsruhe müsse der Bundesregierung nun Zeit gegeben werden, „für das Jahr 2024 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen“. Damit widersprach Merz den Äußerungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der den Zeitplan für die Verabschiedung des Bundeshaushalts durch das Urteil aus Karlsruhe nicht beeinträchtigt sieht. Scholz will an der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am Donnerstag festhalten und auch am Termin für die endgültige Verabschiedung im Plenum am 1. Dezember.

„Politische Katastrophe für Lindner“

Thorsten Frei (50, CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, geht gegenüber BILD sogar noch weiter: „Das Urteil ist eine politische Katastrophe für Christian Lindner und die FDP. Lindner ist der erste Finanzminister in der Geschichte, der einen verfassungswidrigen Bundeshaushalt verantwortet. Die FDP hat die finanzpolitische Solidität zu ihrem Markenzeichen erklärt und ihre Beteiligung an der Ampel damit gerechtfertigt.“

Das Fazit von Frei: „Das ist ein Neuwahl-Moment!“

Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (50) mit Fraktionschef Friedrcih Merz (67) im Bundestag
Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (50, l.) mit Fraktionschef Friedrich Merz (67) im Bundestag
Foto: action press

Wie geht es nach dem Hammer-Urteil weiter?

BILD erfuhr aus Ampelkreisen: Es soll keine Steuererhöhungen für 2024 geben. Auch die Schuldenbremse soll nicht ausgesetzt werden. Stattdessen soll weiter gespart werden.

Wichtig ist: Im kommenden Jahr müssen nicht die gesamten 60 Milliarden eingespart werden, sondern sie kommen in den nächsten Jahren Stück für Stück zusammen. Die Ampel will das über Streichlisten bewältigen. Das heißt aber auch: Für Sonderausgabenwünsche ist endgültig kein Platz mehr.

Was damit auch endgültig beerdigt ist: das Klimageld von Robert Habeck aus dem Klima- und Transformationsfonds. Schon vor dem Urteil hieß es aus Kanzleramt und Finanzministerium, durch die vielen Energieförderungen seien die Mehrbelastungen aus dem CO₂-Preis mehr als abgegolten. Das Energiegeld würde damit also zumindest vor der Wahl nicht kommen.

Das steht jetzt alles auf der Kippe

Hintergrund: Für die Jahre 2024 bis 2027 hatte die Bundesregierung mit einem Sondervermögen – dem sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) – Investitionen in Höhe von insgesamt 211,8 Milliarden Euro geplant. Allein 47,4 Milliarden Euro gehen im nächsten Jahr zu Programmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Im sogenannten Sondervermögen sind bis 2027 vor allem Projekte geplant, mit denen Habeck die Klimaziele einhalten will:

► die Förderung für effiziente Gebäude inklusive der Hilfeleistungen für das Gebäudeenergiegesetzes (rund 18,8 Mrd. Euro),

► die Finanzierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (rund 12,6 Mrd. Euro),

► Programme im Bereich der Mikroelektronik, des Aufbaus von Produktionskapazitäten für Rohstoffe (rund 4,1 Mrd. Euro)

► den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft inklusive der Wasserstoffstrategie Außenwirtschaft (u.a. H2Global) und die Dekarbonisierung der Industrie (rund 3,7 Mrd. Euro),

► die Strompreiskompensation zur Entlastung der Unternehmen von den Kosten durch den EU-Emissionshandel (rund 2,6 Mrd. Euro),

► die Förderung der Elektromobilität im BMWK inklusive der Batteriezellfertigung (rund 1,6 Mrd. Euro),

► die Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe (rund 850 Mio. Euro)

► die Transformation der Wärmenetze (rund 800 Mio. Euro).

Der Klima- und Transformationsfonds liegt als Sondervermögen in der Zuständigkeit des Bundesfinanzministeriums. Heißt: Finanzminister Christian Lindner (44, FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne) müssen sich jetzt zusammensetzen und das Finanz-Loch flicken.

Akutes Haushalts-Problem: die explodierenden Sozialkosten. Wegen der Schuldenbremse gibt es wenig Spielraum für neue Milliarden-Ausgaben. In den Haushaltsberatungen für 2024 hat es schon mehrmals kräftig geknallt, u. a. bei Aktienrente, Bürgergeld und Hilfen für Seenotretter.

In der Nacht zu Freitag soll der Etat endgültig stehen. Die Bundesregierung weiß: Mit 60 Milliarden aus dem Klimafonds können sie nicht rechnen.

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