Klage erfolgreich

Bundeskanzleramt muss Corona-Protokolle zu Impfstoffen offenlegen

22.05.2024
Lesedauer: 3 Minuten
Eine Ampulle mit sechs Dosen des an die Omikron-Sublinie XBB.1.5 angepassten Corona-Impfstoffs. (Archiv) / dpa

Das Bundeskanzleramt ist vom Verwaltungsgericht Berlin verurteilt worden, wichtige Teile der Protokolle des Corona-Expertenrats zu entschwärzen.

Das Verwaltungsgericht Berlin hat das Bundeskanzleramt verurteilt, einem klagenden Arzt Zugang zu bisher geschwärzten Protokollen des Corona-Expertenrates zu gewähren. In der Entscheidung, die der Berliner Zeitung vorliegt, schreibt der Richter, der Kläger habe einen Anspruch auf Offenlegung der Informationen über die Wirksamkeit von Impfstoffen und Medikamenten. Über das Urteil berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer morgigen Ausgabe. Laut dem Urteil müssen zahlreiche Passagen entschwärzt werden. Der Kläger, der Frankfurter Arzt Christian Haffner, sagte der Berliner Zeitung, das Urteil sei ein „Teilerfolg, der wichtig ist, um über politischen Diskussionen über die medizinische Wirkung der Corona-Impfstoffe Transparenz herzustellen“.

In der Begründung macht das Gericht klar, dass es der Argumentation des Bundeskanzleramtes nicht folgt. Das Bundeskanzleramt als Beklagte habe nicht überzeugend dargelegt, dass die Offenlegung der die Impfstoffe betreffenden Passagen „den fairen Wettbewerb des Staates als Teilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben beeinträchtigen“ würde. Die geäußerte „Befürchtung, die Preisgabe der Informationen sei geeignet, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei einer zukünftigen zentralen Impfstoff- und Medikamentenbeschaffung zu ihrem Nachteil zu beeinträchtigen und ihre Verhandlungsposition zu schwächen, ist fernliegend“.

Der Vortrag des Bundeskanzleramts entbehre „greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte für eine zukünftige Pandemie, in der eine Marktteilnahme der Bundesrepublik als zentrale Impfstoff- und Medikamentenbeschafferin erforderlich wäre“. Darüber hinaus sei „die Annahme der Beklagten unplausibel, die Informationspreisgabe könne in einer solchen Situation Preisaufschläge auf Präparate zur Folge haben, die vom ExpertInnenrat im Verhältnis zu anderen Präparaten als wirksamer bewertet wurden“. Denn zum einen sei „nicht vorgetragen, dass die von den ExpertInnen vorgenommenen Bewertungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, die nicht ohnehin öffentlich zugänglich sind“. Zum anderen wären „die Bewertungen angesichts der laufenden Adaption von Impfstoffen und Medikamenten an neue Virusvarianten im Fall einer zukünftigen Pandemie überholt“. Soweit „die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung die Durchführung von Drittbeteiligungsverfahren im Hinblick auf den Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der Impfstoff- und Medikamentenhersteller erwogen haben, fehlt es aus den oben genannten Gründen an der nachvollziehbaren Darlegung einer möglichen nachteiligen Beeinflussung der Wettbewerbsposition der Hersteller“.

In zwei weiteren Punkten hat das Gericht von einer Verurteilung Abstand genommen: Es geht um die Schwärzung von Namen von Experten sowie die Aspekte, die die Beziehungen zwischen Deutschland und China in der Corona-Politik betreffen. Die Kenntnis der Namen der Experten sei zu einer Bewertung der Debatten nicht nötig, so das Gericht. Das Gericht wies das Bundeskanzleramt an, die Experten zu befragen, ob sie mit einer Entschwärzung einverstanden seien. Erst dann könne entschieden werden. Der Schutz der politischen Beziehungen zwischen China und Deutschland sei höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an Kenntnis der geschwärzten Passagen.

Das könnte Sie auch interessieren

Für Energiekonzern
01.12.2024
EU-Plan gescheitert
29.11.2024
ARD-Show "Die 100"
26.11.2024
Abstimmung über neue EU-Kommission
27.11.2024

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

9 − acht =

Weitere Artikel aus der gleichen Rubrik

Für Energiekonzern
01.12.2024
EU-Plan gescheitert
29.11.2024

Neueste Kommentare

Trends

Alle Kategorien

Kategorien