Grundlage für Maskenpflicht

Bis Ende November: Bundestag verlängert epidemische Lage – Corona-Regeln bleiben noch Monate

26.08.2021
Lesedauer: 6 Minuten
Verlängern die Corona-Notlage: Vize-Kanzler Olaf Scholz von der SPD, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Bundestag.© IMAGO / Future Image

Der Bundestag verlängert nach einer hitzigen Corona-Debatte die epidemische Lage in Deutschland um Monate. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Maskenpflicht.

  • Der Deutsche Bundestag trifft sich am 25. August zu einer Sondersitzung.
  • Das Parlament beschließt nach einer hitzigen Debatte die Fortsetzung der Corona-Notlage bis Ende November.
  • Auf Antrag der GroKo von Kanzlerin Angela Merkel* wird die epidemische Lage in Deutschland verlängert.

Update vom 25. August, 19.45 Uhr: Der Bundestag hat wegen der Corona-Krise weiterhin eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ festgestellt. Für einen entsprechenden Antrag der Regierungsfraktionen von Union und SPD votierten am Mittwoch 325 Abgeordnete. Dagegen stimmten 253 Parlamentarier, fünf enthielten sich. Die Sonderlage gilt damit vorerst für weitere drei Monate, also bis Ende November. Ohne eine erneute Bestätigung des Parlaments läuft sie nach drei Monaten aus.

Die festgestellte „epidemische Lage“ schafft unter anderem eine Rechtsgrundlage für Länder-Verordnungen zu konkreten Krisenmaßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen. Der Bundestag hatte sie erstmals im März 2020 festgestellt und zuletzt am 11. Juni erneut bestätigt, dass die Sonderlage fortbesteht. Laut Infektionsschutzgesetz liegt sie vor, „wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht“.

Epidemische Lage in Deutschland: Virologe Hendrick Streeck billigt Pläne der Bundesregierung

Update vom 25. August, 16.08 Uhr: Noch steht die Debatte des Bundestags zur Verlängerung der epidemischen Lage und neuen Maßgaben im Infektionsschutzgesetz aus: Das Parlament hat sich in seiner Sondersitzung bislang mit dem Afghanistan-Einsatz und den Fluthilfen beschäftigt. Allerdings mangelt es im Vorfeld nicht an klaren Meinungsäußerungen.

Der bekannte Virologe Hendrick Streeck billigte in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung die Pläne der Bundesregierung – prangerte aber trotzdem mangelnde Planung an. Die Verlängerung der epidemischen Lage sei prinzipiell nachvollziehbar, erklärte er. Fest stehe auch, dass unter anderem angesichts des Impfforstschritts „die Inzidenzen nicht mehr aussagekräftig seien. Einschränkungen der Grundrechte dürften auf ihrer Grundlage nicht mehr erfolgen“. Zugleich forderte er aber Konzepte für den Übergang von einer Corona-„Epidemie“ zu einer -“Endemie“. „Dieser Prozess scheint mir derzeit nicht definiert zu sein“, rügte er.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Erwin Rüddel (CDU), kündigte unterdessen im Deutschlandfunk an, der Verlängerung der epidemischen Lage trotz anfänglicher Bedenken nun doch zuzustimmen. Die Grundlage habe sich geändert, weil die Bundesregierung nunmehr den Inzidenzwert als entscheidenden Maßstab für Corona-Maßnahmen aus dem Infektionsschutzgesetz streichen wolle. Damit sei der Grundstock für eine Normalisierung gelegt. Der Inzidenzwert habe überhaupt keine Aussagekraft mehr, betonte auch Rüddel. Ein Mehrheit für die Verlängerung scheint mittlerweile sicher.

Merkels GroKo will epidemische Lage verlängern – Grüne und FDP sauer: „Kommt nicht in Betracht“

Vorbericht: Berlin – Eigentlich befinden sich die Bundestagsabgeordneten aktuell in der Sommerpause – doch statt Wahlkampf (und Urlaub) erwartet das Parlament am Mittwoch eine Sondersitzung mit reichlich Zündstoff. Auf dem Programm steht nicht nur eine Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Thema Afghanistan. Auch die Fluthilfen für den Westen Deutschlands und eine Verlängerung der epidemischen Notlage in der Corona-Krise soll der Bundestag beschließen.

Vor allem in Sachen Corona dürfte es krachen. Auf den Weg gebracht werden soll einerseits eine Abkehr von der Inzidenz als Haupt-Hebel im Infektionsschutzgesetz – per „Aufforderung an die Bundesregierung“. Eine Entscheidung steht hier wohl erst im September an. Ernst wird es aber in Sachen „epidemischer Notlage“. Merkels Große Koalition* will das mächtige Instrument fortschreiben lassen. Große Teile der Opposition sind darüber erzürnt.

Die Debatte kommt pünktlich zum Anrollen der nächsten Corona-Welle in Deutschland: Die Gesundheitsämter haben erstmals seit Mai mehr als 10.000 Neuinfektionen binnen eines Tages an das Robert-Koch-Institut gemeldet. Nun müssen also die Weichen für einen weiteren Pandemie-Herbst gestellt werden – einerseits mit Blick auf einen inzidenzbedingt drohenden Lockdown. Andererseits aber auch, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

Corona Thema im Bundestag: Merkels GroKo will epidemische Lage fortschreiben – Opposition übt heftige Kritik

Die epidemische Lage wird dabei von mehreren Parteien nicht mehr als passendes Mittel gesehen – schon bei der vorletzten Verlängerung im März hatte es heftige Vorwürfe gehagelt. Der Fortschritt beim Impfen mache es möglich, dass die Regierung ihre Sonderbefugnisse an den Bundestag zurückgeben könne, findet etwa die FDP. „Der Gesundheitsnotstand der epidemischen Lage von nationaler Tragweite muss deshalb beendet werden“, forderte Parteichef Christian Lindner.

Die FDP hat dazu ebenso wie die Grünen einen Antrag vorgelegt, der am Mittwoch im Bundestag beraten werden soll. „Die unveränderte Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kommt nicht in Betracht“, heißt es in der Vorlage der Grünen.

Der Antrag der großen Koalition sieht hingegen vor, die epidemische Notlage über Ende September hinaus für bis zu drei weitere Monate zu verlängern, weil sie ohne einen solchen Beschluss auslaufen würde. Die Voraussetzung für die Fortgeltung derselben sei mit Blick auf die weitere dynamische Ausbreitung des Coronavirus und die damit einhergehende „ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland“ gegeben, heißt es in dem Antrag.

Bundestags-Sondersitzung zu Corona: Inzidenz soll ausgedient haben – „längst überfällig“

Mehr Zuspruch gibt es für den Inzidenz-Vorstoß von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Bundesregierung will den Inzidenzwert* von 50 nach eigenen Angaben aus dem Infektionsschutzgesetz streichen. Stattdessen soll die sogenannte Hospitalisierungsquote als wichtiger neuer Richtwert eingeführt werde. Diese gibt an, wie viele Menschen binnen sieben Tagen in Kliniken eingeliefert werden.

Die FDP begrüßte die geplante Abkehr vom Inzidenzwert. „Endlich verabschiedet sich die Bundesregierung von der Inzidenz als dem einzigen Maßstab zur Bewertung der Pandemie-Situation“, sagte Lindner. „Das war längst überfällig.“ Es sei aber „fachlich nicht angemessen“, lediglich die Hospitalisierung in den Blick zu nehmen. Einbezogen werden müssten auch die Impfquoten sowie der Anteil positiver Testergebnisse, forderte er. Es müsse ein Instrumentarium geben, um vor Ort die jeweils angemessenen Maßnahmen treffen zu können, so Lindner. „Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass es im Herbst nicht zu einem neuen Lockdown kommt.“

Auch Spahns Koalitionspartner SPD signalisierte Zustimmung zur geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes. „Wir brauchen diese Inzidenzzahl nicht“, sagte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) bei Bild TV mit Blick auf den 50er-Wert. „Sie ist in einer Zeit entstanden, als wir noch ganz andere Zahlen hatten, als wir noch nicht ausreichend Impfstoff hatten.“

Der Bundestag soll nach den Planungen der großen Koalition am Mittwoch die Bundesregierung per Beschluss auffordern, eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes auf den Weg zu bringen. Diese könnte das Bundeskabinett am 1. September beschließen, der Bundestag könnte die Neuregelung dann am 7. September billigen. Danach muss das neue Gesetz noch den Bundesrat passieren, was auf einer Sondersitzung der Länderkammer am 10. September geschehen soll. (fn/AFP/dpa*Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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