Innensenatorin Spranger: „Die Polizei kennt mittlerweile diejenigen, die diese Straftaten wiederholt verübt haben.“
Die radikalen Klimaschützer, die seit Wochen in Berlin Autobahnen blockieren, sollen die Polizeieinsätze, die sie verursachen, bezahlen. „Wir prüfen bereits, ob wir Kostenbescheide erlassen können“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Montag der Berliner Zeitung. „Denn jeder Einsatz kostet Steuergeld der Berlinerinnen und Berliner. Die Polizei kennt mittlerweile diejenigen, die diese Straftaten wiederholt verübt haben. Sofern es sich dabei um Wiederholungtäter handelt, sind ihre Personalien bekannt.“
In den Einsätzen sei viel Personal gebunden, so Spranger. Unter der Beteiligung von Ärzte-Teams der Polizei müssen die angeklebten Personen abgelöst werden. „Das sind alles Kosten, die der Steuerzahler trägt. Darüber hinaus wird es zu Folgekosten kommen, wenn dort wirklich jemand zu Schaden kommt. Viele Schäden gehen auf Kosten der Berlinerinnen und Berliner: etwa der Unternehmer, der zu spät etwas abliefert.“ Die Senatorin verwies darauf, dass zum Beispiel eine Schwangere nur mit erheblichem Aufwand durch die Polizei mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht werden konnte. Ärzte, die zum OP mussten, hätten in den Staus gestanden oder Rettungsdienste seien nicht durchgekommen. „Das ist eine Gefährdung anderer, die dort bewusst in Kauf genommen wird, und das werden wir nicht dulden. Darüber müssen sich die Autobahnblockierer bewusst sein.“
Spranger würde es begrüßen, wenn die Staatsanwaltschaft zügig Strafbefehle beantragt und die Gerichte diese erlassen: „Natürlich ist die Justiz jetzt gefragt, dass sie aktiv wird. Es sind Straftaten, die begangen werden.“ Auch ihr Staatssekretär Torsten Akmann forderte am Montag: „Wir erwarten von der Staatsanwaltschaft, dass sie beschleunigte Verfahren führt und die Strafe auf dem Fuß folgt.“
Rechtsprofessor: Dafür müsste erst die Gebührenordnung geändert werden
Polizeirechtler sehen Probleme dabei, die Blockierer zur Kasse zu bitten. Die Polizeibenutzungs-Gebührenordnung regelt Kosten etwa für Falschalarm, Sichern von Eigentum oder das Umsetzen von Fahrzeugen oder den Transport einer Person in den Polizeigewahrsam (57 Euro pro angefangene halbe Stunde). Allerdings gilt dies für den Transport hilfloser Personen, etwa zur Ausnüchterungszelle – und da fangen die rechtlichen Schwierigkeiten an.
Der polizeiliche Transport von Menschen anlässlich von Protestaktionen oder Blockaden fällt hingegen nicht unter diese Gebührenordnung, die auch nicht einfach „analog“ angewandt werden könne, sagt Professor Clemes Arzt, Polizei- und Versammlungsrechtler an der Hochschule für Wirtschaft und Recht. „Dies begründet sich daraus, dass es ureigenste Aufgabe der Polizei ist, Gefahren zu beseitigen und auch Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu verfolgen. Für diese Tätigkeit hält der Staat die Polizei vor und diese wird hierfür aus Steuermitteln finanziert“, sagt Arzt. Ob und in welchem Umfang hier polizeiliche Maßnahmen kostenpflichtig gemacht werden können, sei in den Bundesländern unterschiedlich geregelt und in der rechtlichen Literatur umstritten. Zu berücksichtigen sei dabei auf jeden Fall der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, die nicht einfach durch polizeiliche Maßnahmen beendet und dann mit kostenpflichtigen Maßnahmen zur Abschreckung begleitet werden könne.
„Die Polizei kann neue Gebühren nicht einfach erheben. Zunächst müsste die Gebührenordnung geändert werden“, sagt der Rechtsprofessor. „Das ist sicherlich kein unumstrittenes Unterfangen unter R2G.“