Zum achten Mal ist Außenministerin Baerbock zu Besuch in der kriegsgebeutelten Ukraine – eine Solidaritätsvisite in Zeiten schwindender Hilfe. Vor Ort warnt sie vor westlichem »Zaudern«.
Seit mehr als zwei Jahren wehrt sich die Ukraine mithilfe westlicher Unterstützung gegen Angriffe der russischen Armee. Siebenmal war Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bereits vor Ort, nun ist sie erneut zu einem unangekündigten Solidaritätsbesuch in die Ukraine gereist. Baerbock hat die Visite in Kiew genutzt, um eine schnellere militärische Hilfe für das Land auch im Sicherheitsinteresse des Westens anzumahnen.
»Jedes Zaudern bei der Unterstützung der Ukraine gefährdet auch unsere Sicherheit«, sagte sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba in Kiew. Der Ton Moskaus werde auch gegenüber Nachbarländern der Ukraine schärfer, sagte Baerbock. Dies müssten die internationalen Partner und auch Deutschland bei ihren Haushaltsverhandlungen bedenken.
Unterstützung als Garant »für unsere europäische Friedensordnung«
»Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine, auch weil es unser bester Selbstschutz ist«, sagte die Außenministerin. »Nicht nur für die Ukraine, sondern auch für unsere europäische Friedensordnung haben wir seit Beginn des russischen Angriffskriegs 34 Milliarden Euro an Hilfe bereitgestellt. Und wir wissen, auch hier braucht es mehr.«
Kuleba brachte eine Luftverteidigung für die Ukraine auch von Nato-Territorium aus ins Spiel. Die Partner der Ukraine sollten »die Möglichkeit in Betracht ziehen«, russische Raketen von ihrem Gebiet aus abzuwehren, sagte er. Dies müsse nicht zwingend eine Eskalation bedeuten.
Es gebe keinen gesetzlichen oder moralischen Grund und auch kein Sicherheitsargument, das »unseren Partnern beim Abschuss russischer Raketen über der Ukraine von ihrem Territorium aus im Weg steht«, fügte Kuleba hinzu. Sollten die Unterstützer der Ukraine dies nicht wollen, dann sollten sie der Ukraine alle nötigen Mittel zur Verfügung stellen, forderte er. »Wir werden diese auf dem Gebiet der Ukraine stationieren und die Raketen selbst abwehren.«
Baerbock war am Morgen zu einem unangekündigten Besuch in Kiew eingetroffen. Zum Auftakt ihrer Visite verurteilte sie die »massiven russischen Luftangriffe« auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine und sprach von einer »brutalen russischen Offensive im Raum Charkiw«.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in der vergangenen Woche gewarnt, die russische Offensive in der Region Charkiw könnte nur eine »erste Welle« russischer Angriffe sein. Die russische Armee hatte am 10. Mai im Nordosten der Ukraine in der Region Charkiw ihre Bodenoffensive gestartet.
mrc/AFP